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Beim Fruchtweinbauern Mārtiņš Sants haben wir eine Broschüre des lettischen Weinverband erhalten. Darin stellen sich einige Weinbaubetriebe in Lettland vor. Das es in Lettland nicht nur Obstweine gibt, sondern auch angenehm schmeckende Traubenweine, können wir bei einer Weinprobe im Winzerbetrieb Mazburkas feststellen.
Anfahrt zum Winzerbetrieb Mazburkas
Es regnet in Strömen und das soll bis morgen so bleiben. Da wir aber weiter wollen, nehmen wir uns die Region Vidzeme, die hochinteressante Städtchen hat, für das nächste Jahr vor. Wir suchen in der Broschüre, die wir vom Fruchtweinbauern Mārtiņš Sants erhalten haben, die Telefonnummer des Weinbaubetrieb Mazburkas heraus. Bevor wir in Roja bei strömendem Regen abfahren, ruft Bernhard dort an und fragt, ob wir für eine Weinprobe kommen dürfen. Ja, das ist machbar. Gunta schickt uns eine Anfahrtsbeschreibung per WhatsApp zu, denn Mazburkas sei schwer zu finden.
Wir fahren über die P 131 die Küste entlang nach Süden bis Turkums. In der Stadt fahren wir weiter in südliche Richtung auf die P 98. Kaum aus dem Städtchen heraus steht links ein hoher Sendemast. Beinahe gegenüber geht ein Weg rechts hinein, bei einem Schild mit der Aufschrift „Engures Novadas“. Dahinter rechts ein Gebäude mit der Werbung „Lady Pizza“. Diesem Weg folgen wir für 500 m. Ein Holzschild mit einem Bottich mit Weinreben leiten uns nach links in den Hof.
GPS und Kontaktdaten
N 56.95815° E 23.17699°
56°56’53.3“ N 23°10’37.2“
Engures novads, Smārdes pagasts
Telefon: +371 29 149 725, E-Mail: ciferite@inbox.lv, eine Website gibt es noch nicht
Ein kleines Holzhaus steht rechts, eine Scheune links, mit offenem Scheunentor, durch das wir eintreten.

Gunta Niedra begrüßt uns in der neuerbauten Scheune. Später erzählt sie, dass die Weinproben bis Anfang 2019 unter aufgespannten Sonnenschirmen im Freien stattgefunden hätten. Freunde, die sie besuchten, hätten sie auf die Idee mit der Scheune gebracht. Viele Bekannte haben mit geplant und mitgeholfen und in wenigen Wochen war die Probierscheune erstellt, Eine Glasfront nach Südwesten, ansonsten rohe Bretter. Gunta hat sie zweckmäßig und liebevoll eingerichtet und dekoriert. Ich fühle mich herzlich willkommen beim Eintreten. Auf einer Leinwand laufen Bilder des Weinbaubetriebs zu allen Jahreszeiten. Bei einem einmaligen Besuch – noch dazu an einem so regnerischen Tag – bekommt der Gast ansonsten nur eine Momentaufnahme des Geschehens.

Wein und Schafe
Gunta hat die Weinprobe vorbereitet. Die Flaschen, deren Wein wir kosten werden, stehen hinter kleinen Karaffen, davor die Weingläser. Sie produziert auch Traubensaft, der in pinkfarbenen Fruchtsaftkartons verkauft wird. Ein Tellerchen mit Käse, Johannis- und Heidelbeeren steht ebenfalls bereit.

Gunta hat das Grundstück von ihrer Großmutter vor 15 Jahren überschrieben bekommen. Bereits seit über 200 Jahren wohnt die Familie darauf. Die Ursprungsfamilie hat für das naheliegende Herrenhaus „Bergas“ gearbeitet. Die Musiklehrerin und ihr ebenfalls als Lehrer tätiger Mann überlegten, was sie mit dem Grund anfangen sollten. Gunta liebt Schafe, so war die Entscheidung schnell getroffen. Die Großmutter unterstützte den Plan, denn früher wurden immer schon Schafe gehalten. An einem Sommertag, als die ersten Schafe über die sanft gewellte Landschaft liefen, erinnerte der Anblick Gunta an Landschaften, in denen Weinanbau betrieben wird. So reifte der Plan, es auch damit zu versuchen.

Sie unternahm Weinreisen, auch nach Deutschland und erzählte von ihrem Plan. Ein Deutscher Winzer gab ihr Dornfelder, Spätburgunder und Müller-Thurgau aufgepfropft mit. Davon ist heute noch der Dornfelder übrig. Von anfänglich 60 !! Sorten, sind mittlerweile noch 30 zum Experimentieren übrig. Darunter nur uns völlig unbekannte Sorten, wie Superga, Gina, Silva, Litonia und Vorduve. Die Reben kommen heute aus Lettland und Litauen. Teilweise züchtet Gunta sie selbst heran.

Das lettische Klima hat ungeheuer kalte Winter, in denen es bis minus 25° werden kann. Das müssen die Weinstöcke auch vertragen können.

Die Vegetationszeit ist kürzer als z.B. in der Pfalz. So blüht der Wein später und die Weinlese findet erst gegen Ende September statt. Ihre 4 ha bewirtschaftet sie zusammen mit ihrem Mann. Die zwei erwachsenen Kinder unterstützen Gunta in arbeitsfreien Zeiten nicht nur praktisch, sondern auch mit vielen Ideen, z.B. im Marketing. Momentan werden Ideen für eine Website gesammelt.
Weinprobe
Wir probieren den ersten Wein, der ungeheuer fruchtig riecht, aber leicht schmeckt. Eine angenehme Säure, ein frischer Wein.

Von diesem Wein habe ich mir die Rebe nicht gemerkt, nur, dass es eine lettische Rebe ist. Der zweite Wein riecht weniger fruchtig, schmeckt aber fruchtiger als der erste.

Dieser Wein ist aus der Traube Litonia, einer späten, süßen, schweren Sorte erzeugt. Die Traube wachse sehr kompakt, die Eimer seien bei der Lese viel schwerer, als bei anderen Sorten, erklärt Gunta.
An der Farbgebung des Rosé ist Gunta noch am Experimentieren. Sie probiert aus, wie lange der Saft auf der Maische liegen muss. Sie ist mit der Farbe noch nicht ganz zufrieden, bemerkt sie. Die Weine werden ökologisch erzeugt, ohne jegliche Chemie im Anbau und in der Weiterverarbeitung.

Der Rotwein ist ein Cuvé aus drei verschiedenen Sorten. Der schmeckt mir total lecker. Die Farbe ist tiefweinrot, geht fast in Richtung Cassisfarbe. Ein leichter, fruchtiger Rotwein, der trotzdem ein gewisses Etwas hat.

An meinen Beschreibungen merkst Du sicherlich, dass ich gerne Wein trinke, aber keine Weinverkosterin bin, die alle möglichen Geschmacksrichtungen eines Weines beschreiben kann. Mich interessiert noch, was Gunta mit den Schafen macht. Ich frage, ob sie die Wolle an Spinnereien verkauft. Die Rassen Cherolet und Oxfortdown, die sie auf dem Gut haben, dienen der Fleisch- und weniger der Wollerzeugung. Sie schlachten selbst und verkaufen das Schaffleisch vor Ort, ebenso wie die selbst hergestellte Wurst. Leider können wir diese heute nicht probieren, denn nach der letzten Weinmesse, wurde noch nicht wieder geschlachtet. Die Rückenwolle wird an einen Dämmstoffhändler verkauft, denn ökologisches Dämmen funktioniert heute auch mit Schafwolle. Die minderwertige, sehr kurzhaarige Wolle von Bauch und Beinen wird mit den gehäckselten Rebenabschnitten im Herbst untergepflügt. Die Wolle im Boden lockert diesen auf und lässt mehr Feuchtigkeit eindringen und Luft an die Wurzeln. Mittlerweile habe ich den Traubensaft probiert, der mir sehr gut schmeckt.


Während Gunta mir Antworten auf meine Fragen zu den Schafen gibt, hat Bernhard mit Einverständnis von Gunta eine neue Art der Weinprobe entdeckt.

Das Bett hat sie im alten Haus der Großmutter gefunden und zur Dekoration in der neuen Probierstube genutzt. Auch der Spiegel, der an der Wand beim Bett hängt, ist eine Fundsache. Eher die Materialien davon, aber das Ergebnis ist sehr schön.

Die Verkaufsecke ist noch recht klein, denn Flaschenwein wurde in den letzten Jahren noch nicht so viel produziert. Er reichte nur für den Eigenverbrauch und gute Freunde.

Gunta hat sich weitergebildet und mittlerweile nimmt sie auch mit ihren Weinen an Weinprämierungen teil.


Für je 13 € pro Flasche verkauft Gunta ihren Wein. Wir nehmen von den probierten Sorten jeweils zwei Flaschen mit, vom Rotwein sogar drei. Ich bin mal gespannt, ob die Flaschen es bis in die Pfalz schaffen?
Beim Abschied führt uns Gunta ein wenig herum. Dabei erzählt sie, dass die Enkeltochter des Gutsherren von „Bergas“ die Großmutter mal besuchte. Und als sie sah, dass Gunta Wein anbaut hat sie erstaunt ausgerufen: „Das wollte der Großvater immer machen. Hier an diesen Hügeln Wein anbauen.“ So fühlte sich Gunta nochmals bestärkt, denn sie hat irgendwie eine alte Idee aufgegriffen.



Wir verabschieden uns herzlich von Gunta. Wir hatten einem hochinteressanten Vormittag, nicht nur wegen des Weins. Ganz sicherlich werden wir im nächsten Jahr wiederkommen. Dann dürfen wir sogar mit dem Wohnmobil über Nacht am Weingut stehen bleiben. Heute fahren wir weiter nach Riga zum Yachthafen zum Übernachten.
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