Dieser Blogbeitrag kann unbezahlte Werbung enthalten. Auf meinen Bildern und Videos trage ich Kleidung und Ausrüstung, deren Brands sichtbar sein können. Ich beschreibe Destinationen namentlich, sonst kann ich nicht über sie berichten. Wer mir Werbung bezahlt, entnimm bitte unter Zusammenarbeit.
Obwohl wir diesmal keinen richtigen Winter in der Pfalz haben, wollen wir dem Frühling entgegenfahren. Unser Ziel ist der Osten Spaniens, von den Ostpyrenäen bis Valencia. Für die Anreise nehmen wir uns drei Tage Zeit und nutzen in Frankreich und Spanien mautfreie Straßen, bis auf eine Ausnahme.
Der Sturm Sabine verzögert unsere Abfahrt um einen Tag. Unser Wohnmobil, ein Karmann Ontario 580 ist nur 5,80 m kurz, dafür aber 3,20 m hoch, bietet also viel Windangriffsfläche. Auch als wir am Dienstagvormittag losfahren, hat Bernhard bis Mulhouse noch mit starken Windböen zu rechnen.
Anreise Landau bis Chalon sur Saône
Unser erstes Etappenziel und Übernachtungsort ist Chalon sur Saône in der Bourgogne-France-Comté. Von der Pfalz aus nehmen wir die A 65 bis zur Ausfahrt 22 und folgen den Schildern nach Straßbourg. Auf der französischen Autobahn A35 fahren wir an Straßbourg vorbei und entlang der Weinberge des Elsass zur Ausfahrt 28 hinter Colmar. Wir biegen auf die D8 ab bis Rouffach und folgen der D83 allmählich nach Westen. Nördlich von Belfort nehmen wir den Abzweig der D1083 zur Auffahrt auf die mautfreie A 36 bis zur Ausfahrt 1, hinter Dole. D976 und D673 bringen uns weiter südwestlich nach Chalon sûr Saône.
Wohnmobilstellplatz Chalon sur Saône
Direkt an einer Einfallstraße in die Stadt, an der Promenade Sainte Marie, liegt der öffentliche Wohnmobilstellplatz. Kostenlos, mit Ver- und Entsorgungsstation. Hohe Bäume beschatten den unebenen erdigen Platz mit Kiesauflage. Jetzt in der Vorsaison nutzen wir ihn nur bei der Abfahrt am nächsten Morgen zur Entsorgung. GPS: N 46.78420, E 4.86306 oder N 46°47‘03‘‘, E 4°51‘47‘‘
Die Einfahrt ist beschildert, der Platz erstreckt sich rechts der Ver- und EntsorgungsstationNicht schön, aber zweckmäßig ist die Ver- und Entsorgungsstation von Chalon sur Saône
Wir selbst parken etwa 200 m weiter, am Maison du Vin, im hinteren Teil eines Parkplatzes. GPS-Position: N 46.78466, E 4.86288.
Wir stehen links des Maison du Vin, des Weinhauses
Die Boutique des Maison du Vin hat täglich bis 19 Uhr geöffnet. Im Obergeschoss ist ein Restaurant. Das Haus ist recht neu und der Verkaufsraum sehr ansprechend eingerichtet. Die Weine der Côte Chalonaisse werden dort präsentiert und verkauft. Wir entscheiden uns für eine Flasche Pinot Noir.
Der Verkaufsraum ist geschmackvoll eingerichtetDie Landkarte zeigt das Anbaugebiet Côte Chalonaisse
Chalon sur Saône ist eine Stadt der Kunst und Geschichte, so verrät es zumindest France-Voyage.com. Wer sich die Zeit nehmen möchte und interessiert an Fotografie ist, sollte das Fotomuseum besichtigen. Das ist dem Erfinder der Fotografie, Nićephore Niépce, gewidmet, der aus dieser Stadt stammt. Etwa 6.000 Fotoapparate, optische Geräte und mehr als 3 Millionen Bilder sind ausgestellt.
Wir vertreten uns nur die Beine und entdecken bei einem Spaziergang einige Schönheiten der Stadt.
Der Marktplatz von Chalon sur Saône ist sehr schön gestaltet und von Fachwerkhäusern eingerahmtDer Brunnenstein ist als Treppe zum Himmel gestaltet?Was ist real und was ist irreal an Deiner Wahrnehmung der Häuser?
Um mit dem Gaumen in Frankreich anzukommen, starten wir gerne mit einem Ricard in einem Café.
Ein Gläschen Ricard, dazu Knabbereien, unser Gaumen kommt in Frankreich an
Wir kaufen ein Baguette und französischen Käse, dazu der Pinot Noir und schon ist unser regionales Abendessen im Wohnmobil auf dem Tisch.
Ein besonders knuspriges Baguette mit spitz zugedrehten Enden
Anreise Chalon sur Saône bis Leucate Plage
Wir folgen der E607 (N80) nach Westen. Die E607 wir zur N70, auf der wir bis Molinet bleiben. Dort geht es weiter auf der D994, um Lapalisse kurz westlich auf die N7 und gleich wieder nach Südwesten auf die D907. Wir umrunden Vichy westlich auf der D67 und D6 und folgen bei Bellerive sur Allier der D984, ab Aigueperse der D9009, östlich an Châtel-Guyon vorbei bis kurz vor Clermont-Ferrand. Hier folgen wir der Beschilderung zur A75, „La Meridienne“ genannt, die uns mautfrei weiter nach Süden bringt. Rechts von uns erblicken wir manchmal das verschneite Massiv Central mit seinen wilden Ausläufern. Die Autobahn schwingt sich bis über 1.100 Höhenmetern hinauf. In Frankreich sind wunderschöne Rastplätze angelegt, immer auch mit Ver- und Entsorgung für Wohnmobile, Picknicktischen und Toiletten. Wir entdecken das Schild zum Rastplatz Viadukt Garabit kurz nach der Ausfahrt 30 und halten für einen Snack an. Aber es erwartet und ein phänomenaler Ausblick auf eine ungeheuer filigrane Autobahnbrücke.
Schlank und filigran erhebt sich die Brücke über den Fluss
Diese Brücke wurde 1884 für die Bahnverbindung von Béziers nach Neussargues fertiggestellt und wird heute noch genutzt, jedoch sehr wenig. Der Vordenker und Erbauer war Gustave Eiffel, die statischen Berechnungen des einfachen, unbestimmten Zweigelenkbogens stammen von Maurice Kechlin und Émile Nouguier. Ein Informationszentrum über die Gegend „Le Cantal plus Grand Volcan d’Europe“ ist offen.
Besucherzentrum: Le Cantal plus Grand Volcan d’Europe
Bei der Ausfahrt 45 möchte unser Navigationsgerät uns von der Autobahn 75 ableiten, damit wir der D911 und D809 folgen. Das ist ein ziemlicher Umweg und würde uns tief hinab nach Millau, zum Fluss Tarn führen und wieder hinauf zur Autobahn. Wir entscheiden uns für Zeitersparnis und kommen kurz danach zur Zahlstelle. Unser Wohnmobil ist aufgrund der Höhe „Klasse 3“ und die Überfahrt des Viaduc de Millau kostet uns 30 €. Von 2001 bis 2004 wurde an der weltweit längsten Schrägseilbrücke gebaut, die sehr eindrucksvoll das Tal der Tarn überspannt. Wir fahren aufgrund der Windböen auf der etwa 2,5 km langen Brücke recht langsam und genießen den Ausblick.
Sehr eindrucksvoll liegt die Brücke vor uns
An der Ausfahrt 63, kurz vor Beziers fahren wir ab und folgen der D612 und D609, die später D6009 heißt und der Beschilderung Richtung Perpignan. Wir wollen den Wohnmobilstellplatz von Leucate Plage nutzen und folgen kurz der D627 und durch den Ort und dann der Beschilderung zum Platz. Nun wissen wir, wo wir hinwollen, aber erst wollen wir mit dem Gaumen am Mittelmeer ankommen.
So fahren wir weiter nach Leucate Port, biegen nach der Brücke rechts ab, denn dort sind einige Buden aufgestellt, in denen wir Meeresfrüchte essen wollen. Wir entscheiden uns für „La Maison bleu“ und essen leckere Austern und Crevetten und einen regionalen Rosé dazu.
Nun sind wir auch kulinarisch am Mittelmeer angekommen
Aire de Camping-Car Mouret Leucate Plage GPS: N 42.90019, E 3.05280 N 42°54’01’’, E 3°03’10’’
Eine Schranke sperrt den Platz ab. Eine Anleitung für die Überwindung der Schranke und die Gebühren – allerdings die für 2019 – sind am Zahlterminal angebracht.
Wir zahlen jetzt im Februar 2020 10,90 € und stellen uns auf einen Platz hinter dem Sanddeich am Meer. Auf der Quittung ist ein Aus- und Einfahrtscode angebracht, falls man mehrere Tage stehen und dennoch das Gelände verlassen möchte.
Wir sind zwar schon im Februar 2020, die Gebührentafel ist noch für 2019
Schritt für Schritt wird die Anmeldung für den Stellplatz erklärt
Die Parzellen auf dem großzügigen Platz sind mit Holzbalken am Boden eingeteilt und für einen Strandurlaub in Ordnung
Nachdem alles für die Nacht bereit ist spazieren wir noch am Strand entlang. Das Wasser ist handwarm, aber zum Baden für mich noch zu kalt. Ein wunderschöner Sonnenuntergang über den Bergen taucht unser Wohnmobil in rosa Licht.
Erst mal traue ich mich nur mit der Hand ins Wasser, dass reicht für heute Abend auchDer Sonnenuntergang beleuchtet das Wohnmobil
Morgens entsorgen wir noch Grauwasser und machen uns auf unsere dritte Etappe nach Spanien, nach Benicassim, wo wir mit neuseeländischen Freunden verabredet sind.
Die Ver- und Entsorgungsanlage auf dem Stellplatz in Leucate Plage
Anreise Leucate Plage bis Benicassim
Im örtlichen Supermarkt beim Kreisverkehr tanken wir noch einige Liter, denn wir werden erst wieder in Spanien volltanken, da der Diesel dort günstiger ist. Wir folgen der D627, die in die D900 mündet, der wir nach Süden folgen. Die Stadt Le Perthus bildet die Grenze und wird in der Bebauung bereits spanisch, obwohl die Grenzanlagen erst nach der Stadt sind.
Im Internet haben wir gelesen, dass die Autobahnen in Spanien innerhalb der nächsten Jahre mautfrei werden sollen. Wir vertrauen unserem Navigationsgerät und folgen der N11 bis Figueras. Hier biegen wir auf die N 260 nach Westen ab bis Olot – teilweise mit schönen Aussichten durch die Wolken auf die schneebedeckten Pyrenäen, dort nach Süden auf die C63 und weiter auf die C37. Laut Landkarte ist das ein unscheinbares, sehr kurviges Sträßchen, entpuppt sich aber als neugebaute Höhenstraße mit vielen Tunneln. Nach Vic fahren wir auf der C25 an Artés vorbei nach Manresa und folgen der C37. Gerne würden wir mittlerweile eine Mittagsrast machen, aber einen Parkplatz haben wir noch nicht entdeckt.
Links vor uns tauchen aus dem Nebel eine wilde Gebirgskette mit bizarren Berggipfeln auf, fast wie ein Raubtiergebiss. Sie baut sich aus der Ebene hoch hinauf auf, mit Zacken und Zinnen. Muntanya de Montserrat ergibt bei der Internetrecherche mehrere Treffer. Steineichenwälder bedecken neben 1.250 anderen Pflanzenarten den unteren Teil des Gebirges aus Sedimentgestein. Kalkiger Naturzement hält ein Agglomerat aus Kieselsteinen zusammen, dass von der Erosion vielfältig so geformt wurde. Wegen der Greifvogeldichte kommen viele Ornithologen zur Beobachtung in den Parc Natural de Montserrat. Vielleicht halten wir auf dem Rückweg für eine Wanderung?
Mit wilden Zacken und Zinnen erhebt sich das Gebirge Montserrat aus der Ebene
In Igualada fahren wir auf die C15 und halten bei einem Straßenabzweig einfach zur Pause an. Bei Vilafranca del Penedès folgen wir der N340 und der Beschilderung Tarragona. Hier nun wird die Straße autobahnähnlich und wir kommen flott voran. Irgendwann vor dem Ebrodelta wird die breite Straße wieder zur Landstraße. Wir verfolgen die Route zusätzlich zu Landkarte und Wohnmobilnavigation mit Google Maps. Das will uns nun ständig auf die AP7 schicken, die laut der Beschilderung aber Maut kostet. Oder doch nicht? Erst bei l‘Ametlla de Mer probieren wir die Auffahrt zur AP7 aus. Obwohl auf allen Schildern noch Péage steht, sind die Kassenautomaten zugeklebt und mit der Aufforderung „Don’t Stop“ versehen. Okay, also ist die Autobahn mautfrei, prima.
Bis zur Ausfahrt 45 folgen wir der Autobahn, dort biegen wir auf die N340 bis ins Städtchen Benicassim. Dort checken wir auf dem Campingplatz „Bonterra Park“ ein, um Zeit mit unseren Freunden zu verbringen.
Du bist mit dem Wohnmobil unterwegs. Dann ist der WoMo-Reiseführer Ost-Spanien genau der richtige Begleiter für Dich. In meinen Empfehlungen erfährst Du mehr oder Du bestellst ihn hier.
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Motorradfahren und Kultur,
dass lohnt sich besonders im Elsass. Um die Fahrpraxis nach der
Führerscheinprüfung von Karen zu erhöhen, nahmen wir uns eine AnfängerkulTour
vor. Kurvige Strecken, pittoreske Dörfchen, Burgruinen, französische Lebensart
und leckeres Essen machten die Reise perfekt.
Als Karen an der letzten roten Ampel vor der Autobahn das Visier öffnen will, ist die Bewegung zu ruckartig, sie rutscht von der Stiefelspitze und kippt mitsamt dem erst 264 km gefahrenen neuen Moped um. Mist! Ich fahre zur Seite und stelle die Honda Vigor ab. Zusammen heben wir die kleine Honda, XLR 125 hoch und rollen sie auf den Randstreifen. Es ist ein wenig Benzin ausgelaufen, der Handprotektor ist etwas zerkratzt und der rechte Blinker schielt ab jetzt. Wir lassen die Maschine wieder an, sie kommt sofort.
Wir verlassen die Autobahn nach 60 km wieder, denn wir haben das Rhein-Neckar-Dreieck bereits hinter uns und kommen auf der B 38 auch gut voran. Mein Adrenalinspiegel erhöht sich zwei mal schlagartig, als Autofahrer jeweils sehr knapp vor Karen einscheren, einer sie sogar auf dieser nieselfeuchten Straße zum Abbremsen zwingt.
Deutsches Weintor Schweigen-Rechtenbach
Am Deutschen Weintor in Schweigen-Rechtenbach machen wir einen Stopp.
Das Deutsche Weintor in Schweigern, kurz vor der deutsch-französischen Grenze
Drei leichte Kurven hinter dem
deutschen Weintor finden wir uns auf französischem Boden in Wissembourg wieder.
Einen Bummel durch diese 1179 erstmals erwähnten Stadt mit ihren malerischen
Fachwerkhäusern beschließen wir typisch französisch vor einem kleinen Café.
Wissembourg
In Wissembourg, Brückchen über die LauterWissembourg, Maison du Tanneur, das Gerberhaus unter dessem großen Dach früher die Häute getrocknet wurden
Outre-Forêt
Die kleine D 244 bringt uns mit sanften Kurven durch schön
restaurierte Fachwerkdörfchen. Hier im „Outre-Forêt“ ist die Landschaft nur von
Hügelchen unterbrochen. Auch Lauterbourg, das schon zu Römerzeiten besiedelt
war, sieht uns flanieren. Vor dem Rathaus werden wir vom Vorsitzenden des
Fremdenverkehrsverbandes höchstpersönlich angesprochen und auf die
Sehenswürdigkeiten der Stadt hingewiesen. Stolz präsentiert er uns im Rathaus
den römischen, dem Jupiter geweihten Altar, der bei Ausgrabungen am Schloss
gefunden wurde. Wir finden im Anschluss eine Crêperie, Kultur macht hungrig.
Karen hinter mir wird immer langsamer, als wir nur noch 40 fahren stoppe ich, um die Ursache zu erfragen. Sie hat ein total unsicheres Gefühl, denn die Stollenreifen der XLR schwimmen auf dem Straßenbelag aus bitumierten runden Kieseln. Die Fahrschule hat sie auf einer Suzuki GN 125, natürlich mit Straßenreifen, absolviert. So ist ihr vieles an ihrem eigenen, neuen Moped noch ungewohnt. Erst als wir von der D 248 auf die D 28 abbiegen erreichen wir wieder unsere Höchstgeschwindigkeit von fast 80 km/h. In Esch sehen wir unsere erste Casemate, eine Bunkeranlage der Maginot-Linie, aber das Gelände ist umzäunt und mit einem Tor verschlossen, ebenso wie das Museum zum Thema in Hatten, das nur an Wochenenden Besichtigungen erlaubt, schade!
Betschdorf – Töpferdorf
Die Töpfereien in Betschdorf
haben im Gegensatz dazu immer geöffnet. Wie gut, dass wir auf den Mopeds nicht
viel mitnehmen können, denn es werden wunderschöne Dinge hergestellt, von
Töpfer zu Töpfer in Form und Farben unterschiedlich. Wir folgen jetzt wieder
einer kleinen „D“ nach Surbourg. Auch hier schöne Fachwerkhäuser mit
Inschriften, die auf Bauherren und Baujahr hinweisen. Ein Haus hat eine
hebräische Inschrift und erinnert an die einst bedeutende jüdische Gemeinde.
Nach wenigen Kilometern haben wir unser heutiges Tagesziel, das
Motorradfahrer-Hotel Beau-Sejour in Morsbronn, mit 168 km mehr Routine auf dem
Tacho, erreicht. Nach einem ausgezeichneten Abendessen, Benzingesprächen in
denen wir die heutigen schönen und schwierigen Fahrsituationen Revue passieren
lassen und einigen Kartenspielen, schlafen nicht nur die Hondas gut unter
diesem Dach.
Hotel-Restaurant Beau-Sejour in Morsbronn-les-Bains, Hauptgang beim Abendessen
Morsbronn-les-Bains
Durch den Straßenlärm der
direkt vor unserem Fenster verlaufenden D 27 werden wir schon früh geweckt.
Nach einem französischen Frühstück packen wir nur Tagesgepäck für die heutige
Rundtour auf unsere Mopeds. Zum Eingewöhnen soll es erst noch ein wenig durch
den flachen „Outre-Forêt“ und später dann in die bergigen Nordvogesen gehen.
Beim ersten Stopp in Woerth entdecken wir ein altes Wasch„haus“, überdachte
Planken, die durch eine Höhenregelung immer dem Wasserstand des Flüsschens
Sauer angepasst wurden. Allein beim Betrachten der schwankenden, harten Bretter
und der Kälte des Wassers fühlen wir Schmerzen in Knien und Händen und danken
dem Erfinder der Waschmaschine.
Karen parkt vor dem Dach des alten Waschplatzes
Erdölmuseum in Merkwiller-Pechelbronn
In Merkwiller-Pechelbronn gibt
es ein „Musée de Pétrol“ und zwar deshalb, weil der Ort (wer hätte das
gedacht?) ein reiches Mineralölvorkommen hat. Mitten im Dorf wird auf einer
Häuserwand schematisch die Erdölförderung dargestellt, davor ist eine
elektrische Pumpe installiert.
Die Erdölpumpe kam uns erst mal ungewöhnlich für die Landschaft vor
Auf der Weiterfahrt haben wir
auch an unserer zweiten Möglichkeit, etwas genaueres über die Maginot-Linie zu
erfahren, Pech. Auch das Artilleriewerk Schoenenbourg ist ab Oktober nur noch
am Wochenende für Besucher geöffnet.
Karen betrachtet die oberirdischen Bunkerausgänge des B Artilleriewerks Schoenenbourg
Cleebourg
Die besonders malerischen Orte
Hunspach und Seebach durchfahren wir im Schritttempo bevor wir uns dem
Weinanbaugebiet des nördlichen Elsass nähern. In der Winzergenossenschaft in
Cleebourg werden die Fässer im dreistöckigen Keller, die 16.000 l fassen, jetzt
im Oktober wieder mit Tokayer, Auxerrois und Gewürztraminer gefüllt. Schweren
Herzens verzichten wir auf eine Weinprobe, denn allein der Duft des „Neuen
Weines“, der uns schon auf dem Parkplatz empfängt, macht uns beschwippst.
Col du Pigeonnier
Ich schalte runter, noch mal,
bremse leicht an und betrachte den Kurvenverlauf, noch einen Gang runter und
schön reingelegt. Im Spiegel beobachte ich Karen hinter mir. Super, die erste
Serpentine ist geschafft, und zwar runder als meine! Cool passiert Karen ihren
ersten Pass, den Col du Pigeonnier mit stolzen 432 Höhenmetern über dem
Meeresspiegel. Mit schöner Aussicht ins Tal auf die sich verfärbenden Wälder,
folgen wir der D 3 bis Climbach und biegen dort scharf rechts nach Petit Wingen
ab. Nun gibt es nur noch schmalste Sträßchen mit Kurven und Ruinen von
unzähligen Châteaus. Es sind fast keine Autos unterwegs, wir können uns ganz
dem Fahren mit den beiden wendigen Motorrädern hingeben. Am Ausflugslokal
Gimbelhof angekommen, dessen Wirtsleute Montags und Dienstags leider ausruhen,
genießen wir den Blick auf die Reste von Fleckenstein, Hohenbourg und
Loewenstein.
So wird die Burg Fleckenstein früher mal ausgesehen haben
Nach Col de Litschhof (337 m) passieren wir nach einem kleinen Abstecher nach Deutschland den Col du Gœtzenberg (400 m) und die Ruinen der Châteaus Blumenstein, Wasigenstein und Lutzelhardt. Zum Relaxen folgen wir der D 35 westlich und dann der D 87 südöstlich durch eine traumhafte Allee. Wir müssen fast zeitgleich auf Reserve umschalten und wissen nun nicht genau, wie weit wir noch mit Motorkraft kommen, denn ich habe die Vigor nur geliehen und Karens XLR ist neu, es gibt keine Erfahrungswerte! So konzentrieren wir uns nun auf Tankstellensuche, statt die Ruinen Schœneck, Neuf und Windstein anzusteuern. Die Casemate von Dambach interessiert uns nun genauso wenig wie die Reste der Schmiede in Jaegerthal aus dem 17. Jahrhundert. In Niederbronn spreche ich mit meinem schlechten Französisch einige Jugendliche an, zeige auf den Tank und radebreche was von Benzin. Als die Jungs auf sächsisch antworten, sie wären nicht von hier, fällt Karen fast vor Lachen von der XLR.
Nach bangem Suchen finden wir in Reichshoffen eine uralte Werkstatt mit Zapfsäulen für Diesel und Superbenzin und erstehen für 44 D-Mark 20 l Sprit für die beiden Spielzeugtanks. In einem Café in Niederbronn verdauen wir die französischen Benzinpreise, bevor wir uns auf die höchste Erhebung, den Grand Wintersberg mit immerhin 580 Höhenmetern stürzen.
Grand Wintersberg
Die Fahrstraße hinauf ist ohne jegliche Absicherung teilweise eng an den Berg geschmiegt. Links fällt der Wald steil bergab, rechts steigt er über Felsen ebenso bergan, durch enge Kurven winden wir uns hinauf. Karen ist von dieser Art zu wandern völlig begeistert, endlich nicht mehr laufen müssen! Ich erklimme aus einer sportlichen Anwandlung heraus die 144 Stufen des 25 m hohen Aussichtsturms oben auf dem Plateau und genieße die Aussicht in Richtung der Nordvogesen, wo wir ab morgen die Passhöhen steigern wollen. Wir kommen auf der N 62 aus dem Wald, schlagen uns aber gleich nach Niederbronn wieder auf unseren kleinen, von wenigen Autos frequentierten, „D´s“ zurück nach Morsbronn.
Nach den ersten zwei trüben
Tagen empfängt uns heute Morgen die Sonne mit hellen Strahlen. In Oberbronn staunen
wir über schmale Gassen.
Oberbronn, uraltes Haus vor einem plätschernden Brunnen, von denen die Frauen früher das Wasserr nach Hause schlepptenOberbronn, durch diese hohle Gasse muss Karen kommen
Eine Gasse, links am Rathaus, führt
steil hinauf in den Wald zur Ruine des Châteaus Wasenbourg. Erst als wir nach
dieser neuerlichen Kurvenorgie, durch noch dicht belaubte Wälder, am Rand der
Ebene, durch Zinswiller, Offwiller und Rothbach fahren, wärmt uns die Sonne
wieder. Aber gleich geht es erneut auf kleinen Straßen in die Wälder. Völlig
unerwartet kommt mir in einer Rechtskurve ein Auto auf meiner Seite entgegen,
nur dadurch, dass ich sowieso ganz rechts fahre kann ich ausweichen. Nach einem
Adrenalinstoß blicke ich in die Rückspiegel,
Karen kommt, weit in der Mitte der Fahrbahn, gemütlich um die Kurve getuckert
und hat von der Situation gar nichts mitgekriegt. Ob es bei ihrer Fahrweise
auch so glatt ausgegangen wäre? Die aus dem 13. Jh. stammende Burg Lichtenberg
erreichen wir genau vor der Mittagspause, ja machen die extra alles zu, wenn
wir kommen??
Wir beschließen den zarten weißen Linien auf der Landkarte, über Reipertswiller, Melch und Mouterhouse nach Bitche, einer Stadt in Lothringen, zu folgen. Als wir Schwangerbach passieren, postiert sich Karen vor das Ortsschild, ich hoffe auf keine schreienden Ergebnisse nach neun Monaten.
Schwangerbach, das Ortschild hat es Karen angetan. Wo mag der Ortsname wohl herkommen?
Bitche Festung
Der Anblick der Zitadelle von
Bitche, die die Stadt überragt, ist imposant. Dies ist keine der bisher
gesehenen Festungsanlagen, sondern wurde Mitte des 18. Jahrhunderts
ausschließlich für militärische Zwecke auf einem Sandsteinfelsen, inmitten
einer weiten Talmulde in die fünf bedeutende Straßen münden, errichtet. Die
Zitadelle ist nicht nur oberirdisch angelegt, sondern Gänge und Säle sind auch
unterirdisch in die Felsen hineingearbeitet. Diese Informationen erhalten wir
in der Tourist-Information ebenso, wie einen Hinweis auf die Maginot-Anlage
„Fort Casso“ in Rohrbach.
Bitche, Blick zur Zitadelle, die die Stadt überragt
Linie Maginot
Beide Besichtigungen dauern ca. 2 Stunden, wir entscheiden uns für die jüngere Geschichte und folgen der N 62 nach Rohrbach. Diesmal haben wir tatsächlich Glück, gleich soll außerplanmäßig eine Führung stattfinden. Die Linie Maginot, eine Verteidigungslinie, benannt nach dem Kriegsminister André Maginot, sollte, nach den Erfahrungen des ersten Weltkriegs, die Deutschen an einem Einmarsch nach Frankreich hindern. Geplant war eine Befestigungsanlage von Dünnkirchen bis nach Nizza, bestehend aus unterirdischen Festungen mit dazwischen liegenden Kasematten (Bunkern), die untereinander nur oberirdisch zu erreichen waren. Dass der Plan nicht aufging und die deutschen Kriegstreiber im zweiten Weltkrieg über Belgien Frankreich überrannten, hat nichts mit der Genialität des Vorhabens zu tun. Einige Stellungen, darunter auch „Fort Casso“, haben sich erst auf Befehl der Regierung den Deutschen ergeben. Die Besatzung der Festungen war in der Lage, ohne Kontakt zur Außenwelt, zwei Monate zu überleben und die Grenze zu verteidigen. Nach über zwei gelehrsamen Stunden, die jedoch eher die Unsinnigkeit von kriegerischen Auseinandersetzungen betonten, kommen wir bei Sonnenuntergang wieder ans Tageslicht.
Rohrbach Fort Casso der Maginot-Linie, Eingang zu Block II, dem Besuchereingang
Die heutige Motorrad-Tour, die eigentlich durch den „krummen Elsass“ führen sollte, wird auf Grund der fortgeschrittenen Zeit drastisch gekürzt. Die D 36, 37 und ein schnuckliges kleines kurviges Gässchen mit Nummer 256 bringen uns zur Familie Bergmann in Wingen sur Moder und ihrer Motorradpension. Wir schieben die Motorräder in den Schuppen hinten im Garten, wo mehrere Guzzis in verschiedenen Zusammenbaustadien ihr Dasein fristen. Im Garten gibt es einen kleinen Pool, schade, dass es schon so spät im Jahr ist. Monsieur Bergmann, der eine Guzzi-Werkstatt betreibt, gibt uns am Abend etliche Tourenvorschläge. Unsere Tour ist aber schon vorbereitet und er staunt nicht schlecht, dass mein Roadbook die Highlights, die er uns nennt, fast alle aufführt.
Während wir am Morgen Kettenspannung, -schmierung und Ölstand kontrollieren, korrigiert Herr Bergmann bei Karens XLR die Kupplung. Sie kam immer erst spät und das steigerte Karens Unsicherheit. Heute ist Karen die Führende, hat das Roadbook auf dem Tankrucksack und fährt vor mir her. Das gehört zu dem Training, dass ich mit dieser Motorradtour auch beabsichtige. Sie soll lernen, mit Blick auf Landkarte und Roadbook, den Blick auf die Straße nicht zu verlieren. Heute ist außerdem Kurventraining angesagt. Wir bekommen einen kleinen Vorgeschmack auf der Strecke nach La Petite Pierre, wo wir kurz Burg Lützelstein einen Besuch abstatten.
La Petite Pierre
La Petite Pierre, Außenansicht von Château de Lützelstein, Sitz der Verwaltung des Parc Régional des Vosges du Nord
Ganz romantisch ist die Fahrt
nach Graufthal. Sonnige Wälder, durch die Nebelschwaden wabbern, kleine Seen,
die das Herbstaquarell der Wälder spiegeln, unterbrochen von tauglänzenden
Wiesen begleiten uns auf der schmalen D 178. Die Besonderheit in Graufthal sind
die, noch bis 1958 bewohnten, Höhlenhäuser – Grotten in den
Buntsandsteinfelsen.
Höhlenwohnungen in Graufthal
Aber wir wollen nicht schon wieder unter die Erde und machen uns auf den Weg zum Schiffshebewerk nach St. Louis-Arzwiller. Wir tangieren Saverne und folgen der D 138. Rechts von uns bewegt sich plötzlich eine Jacht auf der Wiese vorwärts, ein zweiter Blick entdeckt den Rhein-Marne-Kanal, der sich unbedarft durch die Landschaft schlängelt.
Schiffshebewerk St. Louis-Arzwiller
Im Schiffshebewerk überwindet der Kanal mit dem Schrägaufzug die Höhe von 44,55 m, Freizeitkapitäne sparen dabei 4 km Fahrt und 17 Schleusen! Wir beobachten dieses technische Schauspiel auch im Maschinenraum, wo zwei Elektromotoren mit 120 PS die große „Badewanne“ auf- und abwärts bewegen.
Schiffshebewerk in St. Louis-Arzweiler am Rhein-Marne-Kanal
Wir biegen von der D 98 auf die D 45 ab und nun geht’s richtig rauf! In schönen, weit geschwungenen Kurven folgen wir dem Schild nach Dabo. In einer Rechtskurve stockt mir beim Blick nach links der Atem, ich halte an. Was ist denn das für ein Ding? Durchs Zoom vom Fotoapparat erkenne ich, dass auf einem steilen Felsvorsprung eine Kirche steht, quasi als Zeigefinger Gottes! Ich krame im Fremdenführer. Da habe ich tatsächlich überlesen, das auf dem 664 m hohen Rocher de Dabo die Leokapelle steht, die an Pabst Leo erinnert, dessen Mutter aus Dabo stammte. Irre, wie unwirklich das Gebilde über dem immer noch dunstigen Tal thront! Karen kommt mir auf der Weiterfahrt entgegen, sie hatte erst in Dabo bemerkt, dass ich nicht mehr hinter ihr bin und sich Sorgen gemacht. Als ich ihr in einer Kurve den unbeschreiblichen Anblick zeige, kann sie es genauso wenig fassen wie ich. Trotzdem ist sie nicht zu einer Besichtigung zu bewegen, sondern will jetzt endlich Kurven fahren!! Ist ja gut, will ich ja eigentlich auch.
Kurven fahren, brmmmm
In Serpentinen schrauben wir uns weiter hoch über den Col de Valsberg mit 652 m, wieder herunter und halten uns an der Kreuzung zur D 218 rechts. Ich beobachte, wie Karen die Kurven immer runder, souveräner nimmt, längst nicht mehr so eierig wie anfänglich, doch in den Linkskurven noch zu weit in der Mitte, problematisch bei Gegenverkehr. Wir genießen die Kehren gegen die tiefstehende Sonne noch bis zum Aussichtsparkplatz vom Château de Nideck. Dort beschließen wir die Rückfahrt durch Saverne, mit einem Caféstopp. Nun, mit der Sonne im Rücken, lassen sich die kurz aufeinanderfolgenden Serpentinen der D 218 besser nehmen. Gemächlich, mit schönem Blick auf das „Auge des Elsass“ – das Château du Haut-Barr, rollen wir in die Ebene. Ein Stau wegen eines Unfalls lässt uns über die Unbillen des Straßenverkehrs diskutieren.
Über kleine, verschwiegene
„D´s“, durch tiefe Wälder und beschauliche Ortschaften kommen wir mit der Dämmerung
zu unserem Quartier zurück. Ein Abendspaziergang führt uns zur
Flammkuchenwirtschaft „Au Tilleul“. Diese Spezialität wird auf einem großen
Brett serviert, ist hauchdünn und knusprig, dazu schmeckt das Elsässer Bier
herrlich.
Zum Abschied ist heute morgen
wieder Herbstnebel aufgezogen, doch die Sonne versucht ihr Bestes. Monsieur
Bergmann zeigt uns noch Fotos von ihm auf Mopedtour mit seinem 17-jährigen
Sohn, in Karens Augen kann ich lesen: Schade, dass der nicht hier war! Bei der
Abfahrt ist es noch empfindlich kalt, die Sonnenstrahlen, die durch die Bäume
auf die Straße scheinen, erzeugen Discoatmosphäre wie Strobolicht.
Die Sonnenstrahlen wirken wie Strobolichtund erschweren das Fahren – aber schön sieht es aus
Hanauer Ländchen
Wir freuen uns, die Wälder zu verlassen und über offenes Land in der wärmenden Sonne zu fahren. Zwar ist die Strecke nun nicht mehr so spannend aber wir machen ja eine Kultour. Letzter Stopp in Frankreich ist das Städtchen Bouxwiller im „Hanauer Ländchen“. Auch hier, wie übrigens überall im Elsass, sieht man die vielfältige Geschichte in den Gebäuden dokumentiert.
Bouxwiller, krummes, bewohntes Fachwerkhaus
In einer Patisserie erstehen wir noch Mitbringsel für Karens kleine Schwester und ihre Tante, meine Schwester, die aufeinander aufpassen, während wir unterwegs sind. Über verschiedene größere „D´s“ erreichen wir nach insgesamt 578 km wieder unseren Ausgangspunkt Wissembourg. Karen, die mal wieder vorne fährt, biegt kurz hinter der Grenze auf die Autobahn ab, statt noch länger der Bundesstraße zu folgen. Ich halte ihr hinter ihr fahrend die LKW´s vom Leib, die relativ genervt unsere Bemühungen, die XLR-Schallgrenze von 80 km/h zu durchbrechen, beobachten. Plötzlich zappelt Karen vor mir auf dem Moped, aber erst zu Hause ergibt sich die Gelegenheit zu fragen, was für eine Bedeutung das hatte. Die 1000 km auf dem Tacho waren erreicht, ach so! Aber genau diese Fahrpraxis und unsere Gespräche über das gemeinsam Erlebte haben in den fünf Tagen Karens Fahrsicherheit enorm erhöht. Und ganz sicher ist: der Elsass hat uns nicht zum letzten Mal gesehen.
Nach der Rückkehr werden die Mopeds geputzt
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Anfang 1987 überlegte ich mit Karen unser Urlaubsziel. Ich machte nach der Trennung von Karens Papa eine Fortbildung und würde im Juni wieder in meinen Beruf Vollzeit einsteigen können. Aber davor wollten wir mindestens drei Wochen Urlaub machen.
Karen entschied sich fürs „große Meer und die hohen Berge“. Ich wollte gerne mal wieder unterwegs sein, aber wir hatten nicht viel Geld. So kam ich auf die Idee, eine Interrailtour zu machen, da ich noch unter 26 Jahren alt war und Karen erst drei Jahre. Das Interrailticket galt damals europaweit, auch auf Fähren und „Sonderbahnen“ und war doch recht günstig. Für Karen kostete die Beförderung noch gar nichts. Da sie mit in meinem Bett schlief, war sie bei den meisten Unterkünften auch kostenlos. Innerhalb Europas waren alle Bahnfahrten mit dem Ticket bezahlt. Aber im ticketausstellenden Inland mussten 50% des regulären Fahrpreises gezahlt werden. Wir wohnten in Darmstadt, von dort ist das naheliegendste Ausland Frankreich.
Reiseplanung vor dem Internetzeitalter
Für junge Leserinnen und Leser: Das war im Zeitalter vor Internet und Mobiltelefon für normale Menschen! So schaffte ich mir das dicke Kursbuch Europa an und den Interrail-Reiseführer „Billig-Unterwegs“ und machte mich an die Planung.
Unser Zug fährt ein, das Abenteuer geht los
Ich besaß einen damals topmodernen Rucksack. Am Aluaußengestell waren drei unterschiedlich große Taschen befestigt, an denen auf den Taschenseiten wiederum kleine Taschen angenäht waren. Es gab eine Deckelklappe und die Möglichkeit, außen noch einiges anzubinden. Dort waren alle Kleidung, Waschzeug und Handtücher, die Strandmatte und Schwimmflügel untergebracht. In einer Umhängetasche trug ich unser Proviant. An meinem Gürtel hatte ich eine kleine Tasche der Bundeswehr befestigt, in der ich Papiere, Tagebuch, Kursbuch, Reiseführer und das wenige Geld hatte. Karen trug meinen alten Kinderrucksack mit Büchern, Autos und Strandspielsachen auf dem Rücken und ihre Trinkflasche um den Hals.
Paris
Wir starteten an Karfreitag früh am Morgen. Erstes Ziel: Paris. In Paris kamen wir mittags an, brachten unser Gepäck in die Absteige und entdeckten die Stadt und die Spielplätze der Stadt.
Karen steht an der Kaimauer der Seine, im Hintergrund Notre DameAuf dem Spielplatz in Paris darf Karen Lokführerin sein
Ein Trick zum billig unterwegs sein besteht darin, möglichst nachts in der Bahn zu reisen, um Hotelkosten zu sparen. Damals gab es noch die alten Kurswagen, wo man gegenübeliegende Sitze zueinander ziehen konnte und so eine Liegefläche erhielt. Ostersamstag am Abend nahmen wir den Nachtzug nach Marseille und weiter nach Monaco, wo wir den Ostersonntag verbrachten. Ja, sogar dort war der Osterhase herumgehoppelt und hatte Eier versteckt!
Nach der Ostereiersuche und einem ausgiebigen Spielplatzbesuch sitzt Karen am Ostersonntag erschöpft am Springbrunnenrand
Rom
Mit dem Nachtzug reisen wir weiter nach Rom, und kamen am Ostermontag um 5.30 Uhr morgens an. Leider verlies ich den Bahnhof auf der falschen Seite und schlug die falsche Richtung zur Herberge ein, entfernte uns immer mehr davon. Bei unserem sehr frühen Stadtrundgang hatten wir allerdings die Stadt für uns, am Ponte di Trevi waren wir völlig allein! Beide waren wir zunehmend ungeduldig, denn wir hatten Hunger. So gönnten wir uns ein italienisches Frühstück und erkundigten uns nach dem Weg. Ohne Gepäck durchstreiften wir später Rom und blieben bis Dienstagabend.
Am Ostermontag ist vor der Markuskirche nicht mehr viel losKaren hat den Löwen an einem Brunnen in Rom erklettert und ruht ausKaren hat mich vor dem Trevibrunnen in Rom fotografiert
Der Nachtzug brachte uns nach Brindisi. Wir spazierten zum Hafen und bezogen in der Fähre nach Patras ein 8 m³ „großes“, fensterloses Kabuff. Wir fühlten uns beide äußerst unwohl und verbrachten viel Zeit an Deck. Erst als wir völlig müde waren, gingen wir in unsere „Kabine“ und schliefen gleich ein.
In Patras bestiegen wir froh den Zug. Endlich wieder Licht und „Fluchtmöglichkeit“ im Ernstfall. Schon im Zug nach Athen wurden Flugblätter der billigsten „Youth-Hostels“ verteilt. In einem davon stiegen wir ab und erkundeten die Altstadt von Athen. Wir entschieden, am nächsten Tag mit der Fähre nach Milos, einer Kykladen Insel, zu fahren. Ein öffentlicher Bus brachte uns zum Hafen von Piräus. Nach einigem Hin und Her bestiegen wir die Fähre. In Milos erwarteten die Zimmeranbieter die Gäste bereits am Fähranleger. Wir entschieden uns für ein kleines Hotel in Hafennähe.
Piräus
Die Fähre legt im Hafen von Piräus ab auf dem Weg nach MilosKaren genießt die Fahrt auf der Fähre nach Milos
Milos
Nun war für eine Woche „Urlaub“ angesagt. An einem Ort bleiben, Wandern, Sehenswürdigkeiten besichtigen und am Strand Sandburgen über Sandburgen bauen. Zum Schwimmen war das Meer leider zu kalt. Abends gingen wir zum Abendessen in ein kleines Lokal und lernten dort andere Reisende kennen. Eine Dänin, einen Spanier und einen Australier. Wir schlossen uns zusammen und verbrachten einige Tage gemeinsam. Alle bemühten sich, mit Karen Unterhaltungen in Deutsch zu führen, bzw. Karen versuchte sich in den jeweiligen Sprachen und konnte schon bald einige Worte Dänisch, Spanisch und Englisch.
Da das Meer zu kalt zum Baden ist, machen wir Spaziergänge auf MilosSpaziergänge machen mit vielen Betreuern noch mehr Spaß
Wir entdeckten auf unseren Spaziergängen eine Fischersiedlung, in der ein deutschen Straßenschild hing und schauten uns eine Tanzvorführung von Karen im alten Amphitheater an.
Eine Bilderbuchhafensiedlung auf der Insel MilosDiese Fischer wohnte wohl einige Zeit in Deutschland in der ElisabethstraßeDie Reste des Amphitheaters in Milos in schlechter Bildqualität
Ein Kälteeinbruch zum 1. Mai forderte uns kleidungsmäßig heraus. Um warm zu bleiben trugen wir alle Kleidung übereinander, angefangen mit dem Schlafanzug als lange Unterwäsche.
Dick in Kleidung eingepackt trotzen David und Karen der Kälte
Der Australier, David, lud uns zu sich nach Hause ein. So wurde die Idee für die nächste große Reise geboren, die Ende September 1989 startete. Nach einer Woche fuhren wir zurück nach Athen. David zeigte uns noch einige Sehenswürdigkeiten und wir besichtigten das griechische Nationalmuseum. Leider sind die Fotos, die wir nach Milos aufgenommen hatten, im Zuge meiner verschiedenen Wohnungsumzüge verloren gegangen.
Athen-Venedig in zwei Tagen
Mit der Zugverbindung Athen-Venedig reisten wir zwei Tage durch ganz Jugoslawien. Teilweise in Fußgängergeschwindigkeit. In Venecia-Mestre stiegen wir innerhalb von 4 Minuten in den Zug nach Milano um und dort in den nächsten nach Tirano. Ich hatte herausgefunden, das wir ab Tirano mit der Räthischen Eisenbahn weiterfahren konnten. Die Fahrt über den Bernina war atemberaubend, immer in Kreisen schraubt sich die Bahnstrecke den Berg hoch, bis in den ewigen Schnee. Unsere teuerste Übernachtung hatten wir in Sankt Moritz. Ich rief von dort einen Bekannten in der Nähe von Zürich an, den wir besuchen wollten. Er holte uns in Siebenen am Bahnhof ab und wir verbrachten noch fünf Tage in seinem Haus in Innerthal, bevor wir über Basel die Heimreise nach Darmstadt antraten.
Die Reise, die sich in Kurzform sehr stressig anhört, war aber eine Bereicherung für uns beide. Ich hatte die Route grob geplant und mich unterwegs immer wieder neu über die Weiterreise zum nächsten Ziel entschieden. Ich hatte durch die Bahnreisen viel Zeit, mit Karen zu spielen. In dem Alter sind die Kids sowieso sehr wissbegierig und interessiert an Allem. Karen war auch kein scheues Kind. Sie freundete sich immer schnell an, ob Hotelier, Katze, toter Maikäfer oder Schalterbeamte. Sie war immer fröhlich und gesprächig. Wenn Sie müde war, fanden wir immer irgendwo ein stilles Örtchen, wo sie ihr Mittagsschläfchen machen konnte. Während der Bahnfahrten war das sowieso kein Problem.
Ihre Wünsche hatten sich erfüllt, denn die Hohen Berge hatte sie gesehen. Einen sogar mit der Gondelbahn und mit einer Rundwanderung erklommen. Das große Meer hatte sie auch gesehen und sogar mit sehr großen Schiffen befahren.
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Willkommen
Hallo von Anne-Bärbel
Ich bin eine Reisende -fern und nah-, Abenteurerin, Humanistin, Freigeist. Reisepunsch.de bietet die Vielfalt des Reisens in Geschichten, Tipps, Infos, Genuss, und Empfehlungen. Für Dich zum Teilhaben oder vielleicht zum Selbsterleben!?