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Die Universitätsstadt Tartu ist die zweitgrößte Stadt in Estland. Und obwohl sie eine der ältesten Städte im Baltikum ist, ist sie eine junge Stadt. Das spiegelt sich in den Gebäuden, Museen und Parks wieder. Sie ist Einkaufsstadt für die Landbevölkerung und hat ein besonderes Innovationszentrum.
Wellness in Tartu
Für Tartu hatten wir uns den Campingplatz am „Hafen“ ausgesucht. Da es an unserem Ankunftstag regnete und für den nächsten Tag ebenfalls Regen angesagt war, hatten wir im V-Spa Massagetermine ausgemacht. V-Spa ist im Einkaufszentrum in der Riia 2, im oberen Stockwerk, es hat ein Schwimmbad und unterschiedliche Saunen. Perfekt für einen Regentag. An unserem SPA-Tag schien jedoch unerwartet die Sonne. So haben wir uns am Vormittag für einen etwas verkürzten Stadtbummel entschieden und sind um 14.30 Uhr „nur“ zur Massage gegangen. Den Rest des Tages verbrachten wir beim Festival im Aparaaditehas.
Alte Stadt Tartu
Die Stadt Tartu wurde im Jahr 1030 erstmals urkundlich als Tharbatas erwähnt und ist daher eine der ältesten Städte im Baltikum. Der Großfürst von Kiew zerstörte die von vermutlich finno-ugrischen Einwohnern errichtete Holzfestung. Daher kannst Du davon ausgehen, dass diese Siedlungsstelle schon länger bewohnt war. Bereits Anfang des 13. Jahrhunderts wurde die neue Burg vom deutschen Schwertbrüderorden erobert, der die Christianisierung im Baltikum vorantreiben wollte. In der Deutschen und später Schwedischen Zeit hieß die Stadt Dorpat, in der russischen Zeit Jurjew. Auch Tartu war ehemals eine Hansestadt, wie wohl alle größeren und älteren Städte im Baltikum.
In Tartu – damals noch Dorpat – wurde der Friede von Dorpat am 2. Februar 1920 zwischen Estland und Sowjetrussland unterzeichnet. Darin wurde Estland Unabhängigkeit „auf alle Zeiten“ zuerkannt. Aber „alle Zeiten“ währte nicht lange, denn bereits 1941 hatten die Russen Estland wieder in die Sowjetunion einverleibt.
Tartu heute
Heute sind etwa ein Fünftel der knapp 100.000 Einwohner Tartus Studenten. Davon etwa 10 % ausländische Gaststudenten. Das merkt man der Stadt auch an. Viele junge Leute, viele Startups, junge Geschäfte und Lokale, ein offenes und fröhliches Miteinander. Wir haben uns bei der Tourist-Info im Rathaus einen Stadtplan auf Deutsch aushändigen lassen, mit dem wir eigenständig zwei unterschiedliche Stadtrundgänge hätten machen können. Wir kombinieren diese ein wenig und lassen auch vieles aus. Um Tartu richtig zu erleben solltest Du Dir ruhig eine Woche oder mehr Zeit nehmen. Weitere Infos zur Stadt findest Du hier. Nachfolgend einige Eindrücke als Bilderfolge, wie Du es von meinen Beiträgen von z.B. Tallin und Riga bereits gewohnt bist.
Die Markthalle ist ein architektonisch nicht sehr ansprechendes GebäudeDie Markthalle sieht im Inneren nicht viel attraktiver aus als außenGegenüber der Markthalle sind drei verschiedene Einkaufsmalls. Diese hier wirkt wie eine Häuserzeile. Ganz rechts oben ist das V-SpaDie Mall gegenüber ist ein großer GlaskomplexIn der Küüni, die von der Riia in die Altstadt führt, ist der Blumenmarkt unter freiem Himmel angesiedeltDas Rathaus von Tartu. Seit 1998 zieren die küssenden Studenten den Springbrunnen davor. Der Hashtag weist darauf hin, das Tartu 2024 Europäische Kulturhauptstadt sein wirdDer Rathausplatz zieht sich bis zum Emajōgi (Emafluss) hinunterAuch in Tartu am Rathausplatz sind Gebäude aus der Jugendstilzeit An der Kreuzung zur Straße Kompanii steht das Schiefe Haus von Tartu. Das Fundament der hier rechten Hausseite steht auf der alten Stadtmauer, die linke Seite auf Holzpfosten, die im Laufe der Jahre nachgegeben habenVon der Fußgänger – Bogenbrücke geht der Blick zum Rathaus, in dem links die Tourist-I untergebracht istIn Tartu gibt es immer wieder diese kostenlosen öffentlichen Toiletten, meist in der Nähe der vielen Parks. Sauber und mit Toilettenpapier versehen!Die Straße Lai war ehemals die Straße, in der die Adligen ihre Häuser erbaut haben. Auch heute noch wunderschöne Bauwerke, aber nicht jeder kann die Unterhaltung und die Renovierung der Gebäude bezahlen – wie schadeDiese Skulpturen sitzen vor dem Café Wilde und wurden von der Bildhauerin Tiiu Kirsipuu erschaffen. Der englische Schriftsteller Oscar Wilde und der estnische Schriftsteller Eduard Vilde sind heute meine Banknachbarn. Frau Kirsipuu gestaltete eine Begegnung der zwei Herren, wie sie im Jahr 1892 hätte stattfinden können. Und ich setzte mich im Jahr 2020 dazuDie Kirchturmspitze der Tartuer katholischen Kirche ist sehr interessant gebaut – rechts der zunehmende Mond
Das Appartementhaus hat eine weitere interessante Spitze, die in der Abendsonne rosa leuchtet
Universität Tartu
Tartu ist die älteste Universitätsstadt des Baltikums. An den unterschiedlichsten Orten wurde seither gelehrt, an einigen der Gebäude sind wir auf unserem Rundgang vorbei gekommen.
In diesem Gebäude in der Straße Jaani befand sich von 1642 bis 1656 die Universität Tartu, die vom Schwedenkönig Gustav Adolph gegründet wurde (Academia Gustaviana)Trotz des Namens gibt es den „Alkoholclub“ bereits seit 1924 – gleich neben dem Hauptgebäude der Universität1809 wurde das Hauptgebäude der Universität nach einem Entwurf von J. W. Krause in Tartu eingeweiht. Heute werden darin „nur“ die wichtigen Ereignisse im Studienjahr in der Aula begangen. Diese Aula ist der schönste Saal im Empirestil in ganz Estland. Wegen seiner hervorragenden Akustik wird er auch als Konzertsaal und für Konferenzen genutzt. Im Erdgeschoss ist das Kunstmuseum der Universität, das als ältestes Museum in Estland gilt, denn seit 1803 werden dort Kunstschätze gesammelt und ausgestelltDas Gemälde an der Hauswand eines Nachbargebäudes der Universität in der Jakobi-Straße ist von A. Madisson mit den Bildern von Professoren bemalt – eine charmante IdeeDas von Bock´sche Haus diente fünf Jahre als Universität – die Räume wurden vom Obersten M. J. von Bock kostenlos überlassen. Heute ziert die eine Giebelseite ein Gemälde der Universität und des Universitätsplatzes, das nach einem Stich von L. Höflinger von 1860, gefertigt wurde
Tartuer Betonkunst
In Tallinn hatten wir die Betonvögel als Betonsperren kennengelernt, die einen Terroranschlag mit einem Fahrzeug verhindern sollen. Auch in Tartu stehen überall an Straßen und Plätzen diese Betonsperren, aber in verschiedenen Motiven, hier einige Beispiele:
Dieses Modell Straßensperre ist ein VogelkopfHier stehen Betonholzschuhe als Straßensperren herum Die Schriftsteller Wilde werden von Schildkröten aus Beton geschützt
Aparaaditehas
Eine alte Motorenfabrik ist seit 2014 das Kreativzentrum Aparaaditehas in Tartu. Die Fabrik war in der Straße Kastani, südwestlich der Altstadt, angesiedelt. In dem verschachtelten Gebäudekomplex und Innenhof haben sich bildende Künstler, Kreativschulen, Start-Ups, produzierendes Gewerbe und Restaurants angesiedelt. Wir hatten das Glück, dass während unseres Besuchs das zweite Aparaaditehas-Festival stattfand. Im Deutschen würden wir die Veranstaltung eher als „Tag der offenen Tür“ bezeichnen. Ich habe es am Nachmittag leider nicht geschafft, alle Kreativen zu besuchen. Die Vielzahl der Künstler, Designer, Schulen, Produzenten von Taschen, Schmuck, Kleidung, der Upcycler und Shops hat mich sehr beeindruckt. So sehr, dass ich nur wenige Fotos gemacht habe – was ich sehr schade finde, erst recht für Dich. Mit einem Plan und auf den Boden gemalten und geklebten Pfeilen wurden die Besucher durch die Gebäude, Aufgänge und Flure geführt – und ich habe mich erstens trotzdem verlaufen und zweitens daher nicht alles gesehen.
Mein erster Weg führt zu Glara Gymnastics. Ein junges Startup mit Shop für Gymnastikbekleidung und -bedarf und einer Gymnastikschule. Seit ihrem fünften Lebensjahr betreiben die Zwillingsschwestern rhythmische Gymnastik. Gold, Silber und Bronzemedaillen bei Weltmeisterschaften waren das Ergebnis, außerdem waren sie Schiedsrichterinnen bei Gymnastik-Wettbewerben. Heute sind sie Trainerinnen. Sie lebten über 10 Jahre in Kanada, bevor sie nach Estland zurückkehrten. Im Aparaaditehas haben sie ihren Traum vom eigenen Studio und Shop und einer eigenen Produktlinie für Gymnastikbekleidung – die sie selbst herstellen – geschaffen. Ich bewundere Menschen, die ihren Traum leben und wünsche den beiden Schwestern alles Gute für die Zukunft.
Ich komme an einer Schule für Musik, Gesang und Volkstanz, vorbei. Estnische Musik und estnische Tänze haben bei den Esten einen wesentlich höheren Stellenwert als Volkslieder und Volkstänze in Deutschland, wobei das regional unterschiedlich in Deutschland ist.
Die nächste Schule ist eine Handglockenschule, die Arsis Kellade Kool. Diese Art der Musik habe ich in den USA kennen gelernt. Meine Tochter war dort ein Jahr als Au Pair, und in ihrer Kirchengemeinde, in der sie im Chor gesungen hat, wurden die Gottesdienste mit den Handglocken begleitet. Auch in Estland kommt die Idee aus den USA, seit etwa 20 Jahren werden Handglocken in Estland gespielt. Die Schule hat derzeit 100 Schüler, die auch auf Konzerten auftreten. Im kleinen Video kannst Du erkennen, wie Handglocken gespielt werden. Ich habe absichtlich keine Gesichter in das Video gedreht, um den Datenschutz der jungen Menschen zu wahren.
Arsis Kellade Kool – Käsikellade Ansamblid – übersetzt: Arsis Glocken Schule – Handglocken EnsembleDie Handglocken und Noten liegen für die Schülerinnen und Schüler schon bereitDie Handglocken haben bestimmte Tonarten und im Koffer einen ganz bestimmten Platz
Ich lerne den Künstler Edgar Tedressaar kennen, der in seinem Atelier seine Gäste empfängt. Er hat bereits international ausgestellt.
Der Maler Edgar Tedresaar fertigt in seinem Atelier auch Bilder mit verschiedenen Stoffarten, die mit unterschiedlichen Farben (z.B. Ruß) bearbeitet werden.
Im nächsten Studio wird die Marke „Kuul“ produziert. Hauptfarben der Kleidung sind schwarz und weiß, die Stoffe sind aus ökologischem Anbau. Auch Landschaftsfotos werden auf die Jacken gedruckt.
Ich besuche noch eine Designerin, die aus allen möglichen gebrauchten Materialien Kleidung und Taschen herstellt. Die nächste Stoffdesignerin stellt Kleidung, hauptsächlich Jacken und Mäntel, aus Wollstoff her. Die Schafe grasen in Estland und der Stoff wird ebenfalls in Estland produziert.
Im Erdgeschoss der verzweigten Gebäude haben sich mehrere Restaurants angesiedelt, die völlig unterschiedliche Genüsse auf Teller und in Gläser bringen. Wir lassen den Abend im Hof ausklingen, wo ein Tischtennisturnier und ein Wettbewerb von Skateboardern stattfinden.
Museen und Tommeberg
Tartu hat eine unglaubliche Dichte an Museen, insgesamt 20 Stück. Unter anderem das Estnische Nationalmuseum, das erst 2016 in einem neuen Gebäude eröffnet wurde, das estnische Sport- und Olympiamuseum, ein Museum des Stadtbürgers und das Wissenschaftszentrum Ahhaa. Das ist das größte Zentrum im Baltikum, in dem spielerisch Wissenschaft und Technologie ausprobiert werden kann.
Auf dem Toomeberg war ursprünglich die Festung und später der Dom. Heute ist dort eine Sternwarte , die Engels- und die Teufelsbrücke und viele andere Sehenswürdigkeiten und Denkmäler. Diese Entdeckungen heben wir uns für unsere nächste Reise nach Tartu auf. Wir haben nur einen Spaziergang im Südosten des Toomeberg gemacht, als wir vom Abendessen im Pulverturmkeller zum Campingplatz gegangen sind.
Der Püsirohukelder – Pulverturmkeller ist eine Biergaststätte mit tollem Ambiente und köstlichen Speisen
Wir werden Tartu auf jeden Fall noch einmal besuchen. Spätestens 2014, wenn sie Kulturhauptstadt Europas ist!
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Nördlich von Tartu, am See Saadjärve, im Örtchen Äksi ist ein ungemein interessantes Museum angesiedelt. Es befasst sich mit der Entwicklung unserer Erde bis in die Zukunft, den Erdzeitaltern und der Eiszeit, als die Erde fast bis zum Äquator mit Eis bedeckt war. Die Estnische Landschaft im Laufe der Zeit spielt natürlich auch eine Rolle.
Jääja Keskus – Anfahrt
Das Museum liegt im Dörfchen Äksi am Saasjärv, etwa 16 km nördlich von Tartu. Ausgebaute Radwege laden zu einem Ausflug mit dem Fahrrad von Tartu ein. Öffentliche Busse verbinden die Stadt ebenfalls mit dem Museum. Wir sind mit dem Wohnmobil angereist, über die Straße 39 und fahren in Lähte mit der braunen Beschilderung Jääaja Keskus nach Äksi im Tartu vald und in die Saadjärve 27/22. Die GPS Koordinaten: N 58.52598° E 26.67675° oder 58°31’33.5″ N 26°40’36.3″ E.
Vor dem Eingang des Museums begrüßt uns eine bekannte Figur. Der Film Ice Age hat dem breiten Publikum die Eiszeit bekannt gemacht. Der Kampf der Tiere ums Überleben wird in den Filmen sehr spaßig dargestellt. Letztendlich sind die damals lebenden Tieren aber ausgestorben.
Sid aus Ice Age begrüßt die Besucher vor dem Museum
Da Museum ist in drei Ebenen aufgebaut. Im Erdgeschoss geht es um die Entstehung der Erde und die Entwicklung der Kontinente. Im ersten Geschoss wird die Eiszeit behandelt. Und im zweiten Stock um die Zukunft der Erde. Wie wir Menschen in die Erdentwicklung eingreifen und was wir mit dem Klimawandel zu tun haben.
Entstehung der Erde und Kontinente
Das Gebäude ist um ein zentrales Atrium gebaut, in der eine ausgestorbene Spezies im Mittelpunkt und andere am Rand stehen.
Die Mammutkuh mit Kälbchen begrüßt die Besucher in der EiszeitenweltDer Hirsch hat ein ungeheuer ausladendes Geweih und der Säbelzahntiger schaut recht grimmig. Kein Wunder, weiß er doch, dass er bald aussterben wird
Das Museum ist verständlich aufgebaut und sehr kindgerecht. Immer wieder wirst Du aufgefordert in Interaktion zu treten. An anderen Stellen ist eine Veranschaulichung des Erklärten in Filmen in einem ruhigeren Rückzugsbereich möglich. In Estnisch, Englisch und Russisch werden die Exponate erklärt. Beginnend mit der Entstehung der Erde, der Entwicklung zu der Erde, die wir heute kennen. Einst ein Hitzeball, über viele Jahrmillionen die Abkühlung, wesentlich später die Entstehung von Wasser und einer Landmasse. Auf allen Karten ist der Ort Äksi, wo das Museum beheimatet ist, deutlich eingezeichnet, aber auch New York und Sidney.
Eine Erdkugel mit der Lage der Kontinente vor 250 Mio Jahren in estnischer Schreibweise.
Die Landmasse der Erde verschiebt sich nach wie vor. Die Kontinente haben derzeit die uns bekannte Lage gefunden und wir Menschen unterscheiden in fünf Kontinente. Aber diese Wanderung, die Bewegung der Kontinente ist noch lange nicht abgeschlossen, wie ein Blick in die Zukunft zeigt.
Eine Erdkugel mit der Lage der Kontinente, wie sie in 250 Mio Jahren wahrscheinlich sein wird…
Als Resultat der heutigen wissenschaftliche Erkenntnisse der Kontinentenwanderung ist dieses Bild zu verstehen. Afrika wird Europa berühren, Australien wird sich mit Asien vereinigen. Der Atlantische Ozean wird nicht mehr sein und Amerika wächst mit Afrika zusammen. In den nächsten etwa 250 Mio Jahren wird sich ein neuer Superkontinent, Pangea Ultima, bilden.
Weiter geht es mit der Entwicklung der Menschen zu den Wesen, wie wir heute sind. Der als Urmensch in Ostafrika gefundene „Homo habilis“ ist nach einem Entwicklungsprozess der Hominiden über 15 Mio Jahre erst vor circa 2 Mio Jahren entstanden. Erst in den letzten etwa 100.000 Jahren hat der Mensch angefangen, sich die „Erde untertan zu machen“. Im Museum kann man in nachgebauten Höhlen das Schutzbedürfnis der Menschen vor Wetter, Tieren und feindlichen Artgenossen nachspüren. Aber auch, das diese Menschen kreativ waren. In der Herstellung von Gerätschaften und Waffen und in der Kunst.
Im Fernsehen in der „Höhle“ kann der Besucher ein Höhlenleben anschauen, wie es vermutlich früher stattgefunden hatte In der Höhle sind sogar Zeichnungen von Tieren zu sehen
In einem nächsten „Bild“ sind Tiere zu sehen, die sich auch in Höhlen zurückziehen. Heutzutage wissen wir, das Tiere für Gefahr eine stärkere Empfindung haben, viel eher wissen, wenn etwas nicht stimmt und sie bedroht, vor dem sie fliehen müssen.
Ob sich die Wildtiere zu Beginn der Eiszeit versuchten, in Höhlen zurück zu ziehen?
Die Eiszeit und Estland
Die Geologie Estlands wurde bereits im Erdgeschoss behandelt. Im ersten Stock wird auf die Landschaftsformung eingegangen. Die Vergletscherung durch die verschiedenen Eiszeiten – es gab sogar mal eine Eiszeit, bei der das Eisschild der Erde fast bis zum Äquator ging – hat die Oberflächen der Kontinente mit geformt. Die letzte Eiszeit mit ihren riesigen Eispanzern und Gletschern hat Felsen gesprengt und vor sich hergeschoben auf ihrem „Fluss“. Auch beim Schmelzen der Gletscher hat diese Entwicklung angehalten. So wird erklärt, wie Gletscherrillen heute noch in der Landschaft zu erkennen sind, warum es an manchen Stellen so viele Seen gibt und Hebungen und Senken. Nahezu am Ende des ersten Stockes wird auf die estnische Heimat eingegangen. Estland liegt bereits im sogenannten Tundragürtel. Viele der Tiere, die wir sonst nur in Skandinavien und Russland vermuten, sind auch hier beheimatet. Die Winter in Estland können bis zu minus 40° kalt werden und viel Schnee haben. Allerdings war in den letzten beiden Wintern die Temperatur selten unter Null und es hat überwiegend geregnet. Der Klimawandel macht sich auch hier bemerkbar.
Eine Tundralandschaft mit schmelzendem Schnee und die heute darin vorkommenden Tieren. Rentier, Schneehuhn, Schneehase, Schneeeule und Schneefuchs
Wieder begegnen wir nur einem ausgestopften Elch in einer Vitrine und nicht in der estnischen Natur
Aber unsere in Deutschland bekannten Waldtiere sind hier natürlich auch beheimatet. Ein Fuchs ist vor uns bei der Anfahrt zum Parkplatz mit wehender Rute über die Straße gerannt. Die hier ausgestellten Tiere sind leider nicht mehr so lebendig. Ganz charmant finde ich eine Vitrine, in der Vögel ausgestellt sind. Wenn Du auf das Knöpfchen an der Scheibe drückst, dann lässt der Vogel seinen Gesang hören. So lassen sich Stimme und dazu passender Vogel wunderbar lernen.
In der Vitrine kann man die Größenverhältnisse von Biber, Fuchs und Marder erkennen
Zukunft der Erde
Welchen Anteil wir Menschen am derzeitigen Zustand der Erde haben, wird im zweiten Stock erläutert. Unsere Ausbeutung der Erde, Abbau von Bodenschätzen, Zerstörung der Wälder und der ursprünglichen Landschaft und ihres Bewuchses, Verschmutzung der Luft und das Zerstören des Schutzschilds der Erde. Wie wir in den natürlichen Wandel eingreifen und somit Dinge beschleunigen oder anders ablaufen lassen. Und natürlich, was wir tun können, um dem Einhalt zu gebieten oder zumindest, den Klimawandel zu verlangsamen.
Am Beispiel Estlands, mit etwa 1,3 Mio Einwohnern wird der Klimakiller Verkehr erläutert. Hier gibt es etwa 450.000 zugelassene Fahrzeuge, von denen nur rund 140.000 viel genutzt werden. Trotzdem fahren die Esten jährlich so viel Auto, dass die Strecke 120.000 mal um den Äquator reicht. Wie kann da ein Wandel, ein Bewusstseinswandel einsetzen? Nebenan ist ein Supermarktregal mit viel Plastikverpackung aufgebaut und es wird darauf hingewiesen, wie wir dem entgegenwirken können. Auch diese Abteilung ist kindgerecht aufgebaut, wobei ich es persönlich wichtiger finde, dass wir Erwachsenen endlich umdenken und durch unser Kaufverhalten die Abläufe ändern. Meiner Meinung nach ist aber hauptsächlich die Politik gefordert (die Volksvertreter), die den Lobbyisten, den Machthungrigen und Großgeldverdienern Einhalt gebieten, konstruktive Lösungen aufzeigen und die Umsetzung steuern müssen.
Zum Abschluss ein Bild von Tieren, die es wohl ziemlich bald nicht mehr geben wird, wenn wir nicht endlich richtig aktiv für eine Verlangsamen oder den Stopp des Klimawandels werden.
Zwei, die sich nie begegnen werden. Der Pinguin vom Südpol und der Eisbär vom Nordpol
Der Besuch war lohnend und hoch interessant. In den estnischen Sommerferien werden vom Museum Exkursionen in die Landschaft, zu eiszeitlichen Landschaftsmerkmalen angeboten. Dann kann man im ans Gebäude grenzenden Saadjärv (Saadsee) auch schwimmen und den nahen Grill- und Picknickplatz nutzen.
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Der Alutaguse Nationalpark ist unser vorletzter in Estland, den wir besuchen werden. Er ist auch der „jüngste“ Nationalpark Estlands und wurde 2018 erst eingerichtet. Die Landschaft wird durch Moor und Sumpf geprägt und im Norden durch den Abbau von Ölschiefer. Das Moor wurde über viele Jahrhunderte von den Menschen genutzt, die Renaturierung ist in vollem Gange.
Lage des Nationalparks
Der Nationalpark Alutaguse liegt im Nordosten Estlands und grenzt an Russland. Die Stadt Jōhvi bildet die nördliche Grenze des Nationalparks. Südlich und westlich der Stadt liegen die Abbaugebiete für Ölschiefer. Hohe Abraumhalden türmen sich in der Landschaft auf. Für die Weiterverarbeitung des Ölschiefers, der auf bis zu 530 ° Celsius erhitzt wird, benötigte es viel Energie. Diese lieferte der Torf des Moorgebiets südlich der Stadt. Seit Errichtung des Nationalparks, wird der Rückbau und die Renaturierung der Moorlandschaft vorangetrieben. Einige der alten Abbau-Anlagen sehen wir bei unserer Wanderung.
Der überwiegende Bevölkerungsanteil in dieser Gegend sind Russen. Teils, da sie in der Ölschieferverarbeitung arbeiten. Aber ein hoher Prozentsatz sind sogenannte Altgläubige. Im 17. Jahrhundert erwirkte die russisch-orthodoxe Kirche einige Reformen, die von den Altgläubigen nicht anerkannt wurden. Sie wurden daher mit Gewalt, Folter und Tod bedroht und flüchteten in die Gegend nördlich des Peipsi Sees in Estland und nach Polen. Daher ist diese estnische Gegend von der Kultur dieser Glaubensgemeinschaft geprägt.
Wir haben uns im Alutaguse Nationalpark die Wanderung Kurtna ausgesucht, die uns in eine Landschaft mit der höchsten Seendichte in Estland führt, was dem Moorabbau geschuldet ist.
Aufzeichnung der Wandertour auf Komoot
Die Wanderung habe ich auf Komoot aufgezeichnet, so kannst Du sie einfach nachwandern.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.komoot.de zu laden.
Am Parkplatz ist – wie bei allen Wanderungen in Nationalparks in Estland – eine Infotafel aufgestellt. Die Wanderung und die Landschaft ist auf Estnisch beschrieben, eine kleine Erläuterung auf Englisch ist auch vorhanden. Sogar einen QR-Code könnte man herunterladen. Ich habe zwischen meine Bilder der Wanderung nur einige kurze Textzeilen eingefügt – so kannst Du mit den Bildern in die Natur „eintauchen“.
Wir haben von dem Wegverlauf die untere Runde der Acht vor
Wir folgen der Beschilderung einen sehr sandigen Pfad entlang zum ersten See – auf Estnisch Järv. Wir dachten eigentlich, jetzt, nachdem wir von der Ostsee Abschied genommen haben, wäre das Sandwandern vorbei. Aber falsch gedacht, noch sind wir auf uralten Dünen unterwegs, wie wir unterwegs lernen werden. Nach etwa 150 m ist ein Toilettenhäuschen. Zwar – wie immer – nur eine Trockentoilette, aber wieder sauber und mit Toilettenpapier versehen.
Wie immer bei RMK Wanderungen vorbildlich – zwischen Parkplatz und Grillplatz eine Toilette
Schon gleich darauf kommen wir an den Nōmmejärv, mit Infotafel, Mülleimern und einem kleinen Sandstrand.
Am Seeufer des Nōmmejärv ist ein Picknick- und Grillplatz
Die Markierungen leiten und nach Norden, erst am Ostrand des Sees entlang und dann nach Westen.
Die Brücke führt uns über den Ablauf des Nōmmejärv und geht als Bohlenweg weiterVon den ehemaligen Nutzungen des Moores steht noch ein Betonbecken im FlüsschenDer Bohlenweg führt über die sumpfigen Stellen. Hasendraht auf den Bohlen verhindert das Ausrutschen des Wanderers bei Nässe
Der Wald ist ein bunter Mischwald, mit Bäumen und Pflanzen, die auf dem feuchten Moor- und Sumpfuntergrund zurechtkommen.
Die Pilze haben wohl eine Versammlung – oder wachsen sie eher deswegen, weil es nun endlich mal zwei Tage Niederschlag gegeben hat?
Ich bin erstaunt über die Tafel am Nordufer des Nōmmejärv. Nach jedem Gehkilometer steht eine solche Tafel, denn der Fernwanderweg läuft einige Kilometer parallel zu unserem Wanderweg.
Am nördlichen Ufer des Nōmmejärv ist der Entfernungswegweiser für den Fernwanderweg von Penijōe nach Kauksi mit einer Gesamtlänge von 615 km
Das der Sommer in Estland sich dem Ende zuneigt, merken wir hauptsächlich daran, dass die Beerensträucher voller Heidel- und Preiselbeeren hängen und ihre Blätter rot färben. Und dass nur noch sehr wenige Blumen blühen.
Jetzt im Herbst blühen nur wenige Pflanzen, so wie diese hier, deren Name ich nicht kenne
Nach einem kurzen Schlenker erreichen wir den nächsten See und beim Umrunden finden wir eine Libelle, die sich vom wilden Hin- und Herfliegen ausruhen muss.
Der Mustjärv hat einen flachen SandstrandDiese dunkle schillernde Libelle hat sich hingesetzt um fotografiert zu werden
Wenige Schritte von der Libelle entfernt steht eine Blume im hohen Gras.
Diese weiße Blüte ist wunderschön gezeichnet – der Name ist mir leider nicht bekannt
Der nächste See ist schnell erreicht, denn der Mustjärv ist sehr klein. Am Ufer finde ich die nächste Blühpflanze.
Am anderen Ufer des Niinsaarejärv steht ein HausKomplementärfarben an einer Blüte – wie schön – leider kenne ich die Pflanze nicht
Alle Seen wurden ehemals durch Gräben entwässert, um Torf abstechen zu können. Die Wanderwegbauer haben diese Gräben gangbar gemacht.
Die ehemaligen Entwässerungsgräben des Moores wurden am Wanderweg mit Baumstämmen „aufgefüllt“ um die Querung zu erleichtern
Dünenlandschaft
Wir gehen nun immer bergauf. Eine uralte Düne aus alter erdgeschichtlicher Zeit bewirkt das. Oben auf der Höhe ist der Wald völlig anders gestaltet als bisher.
Die bemooste Birke, der Farnwald, die Landschaft hat sich während der Tour mal wieder gewandelt
Hier schlängelt sich der Weg als schmaler Pfad steil bergab. Die Wandermarkierungen sind am Baum deutlich zu erkennen
Nach dem Bergab, dass sich länger auf schmalem Pfad hinschlängelt, erreichen wir den kleinsten See. An einem Baum oberhalb des Sees sucht jemand Nahrung.
Der Laugasjärv ist der nächste See, den die Route passiert
Der Buntsprecht lässt sich durch sein Klopfen lokalisieren
Schon gleich erreichen wir die nächste Düne, die uns, die wir mitten im Wald wandern, nur auffällt, weil wir bergauf gehen müssen.
Wieder führt uns der Wanderpfad auf eine uralte Düne hinauf
Von der Düne hinab schauen wir auf einen See, der gleich zwei Namen trägt. Wir berühren ihn nur an seinem Südende, denn unser Weg biegt hier nach Osten ab.
Den Suurjärv erreicht man bergab über ein steiles Ufer. Er zieht sich weit nach hinten und wird dabei immer breiter
Beerenpflücker
Wir gehen nun auf bequemen breiten Waldwegen weiter und queren die Schotterstraße, die zu den vereinzelt liegenden Häusern führt. Wir beginnen an einer Stelle unsere Dosen mit reifen Preiselbeeren zu füllen. Da uns die Stelle nicht sehr ergiebig erscheint, gehen wir weiter. Nur, danach finden wir keine weitere Stelle mehr, denn heute sind viele Fahrzeuge unterwegs und die Beerensammler im Wald aktiv. Ein Foto von Beerenpflückern aus den 1920er Jahren ist sogar im Begleitheft des Nationalparks abgedruckt. Somit ist das eine alte Tradition. Schön, dass die heute noch gelebt wird. Wieder geht unser Weg zu einem Seeufer hinab.
Wir ändern die Wegrichtung nun nach Süden und sind bereits wieder auf dem Weg zum Wohnmobil.
Auf dem Haugjärv schwimmen einige Enten – die ersten Wasservögel auf den Seen, die wir erblicken
Nach dem Haugjärv sind wir vom Beeren suchen – und nicht finden – so abgelenkt, dass wir den falschen Weg erwischen und uns durch den Wald nach links wieder zum Weg zurück arbeiten. Aber die Beerensucher waren schon überall, nichts mehr zu finden. Aber der Särgjärv liegt wunderschön vor uns und ist mit Seerosen gespickt.
Ich versuche am Särgjärv die wirklich großen, fast goldenen Libellen zu fotografieren – aber die fliegen zu schnell für michÜber dem Wald am Särgjärv türmen sich dicke Wattewolken auf
Wir wandern am breiten Konsu-Kanal entlang bis zur Schotterstraße, der wir noch 600 m bis zum Parkplatz nach Süden folgen müssen. In den vorbeifahrenden Autos sehen wir die Körbe mit Preiselbeeren und strahlende Gesichter.
Das war eine interessante Wanderung. Wie immer war die Beschilderung, die Markierung und die Wegführung sehr gut angelegt. Teils mit Rindenmulch und teils mit Bohlenwegen, die die empfindliche Natur des sich wieder etablierenden Moores vor den harten Tritten der Wanderer schützen. Normale Waldwege und Heidewald befinden sich zwischen den Moor- und Dünenstellen. Eine abwechslungsreiche, eine schöne Wanderung, die ich Dir gerne empfehle – auch die etwas weitere Runde, bei der Du noch drei weitere Seen passierst.
Kloster Kuremäe
Auf unserer Fahrt zum Peipsi Järv, der siebenmal größer ist als der Bodensee, halten wir noch kurz am Nonnenkloster Kuremäe. Heute allerdings sind im Kirchenraum viele Menschen mit Saubermachen beschäftigt, so das wir von einer Innenbesichtigung der Kirche Abstand nehmen müssen. Einige wenige Eindrücke von Außen anhand der nachfolgenden Bilder kann ich Dir aber geben.
Das Tor des Nonnenklosters ist von einer hohen Mauer umgeben. Das Torhaus hat ein sehr steiles Dach mit einem kleinen Zweibeltürmchen
Das Tor des Klosters von Innen
Der Grundriss der Kirche ist quadratisch, mit einem Vorbau für die EingangstürenDas Kloster Kuremäe wurde 1891 gegründet
Ein schöner Abschluss des Wandertages war der, wenn auch nur kurze, Besuch an den Klostergebäuden dennoch.
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Tallinn, die Hauptstadt Estlands – einigen noch als Reval bekannt – ist eine alte und auch moderne Stadt, in der jeder Besucher etwas für sich Interessantes findet. Wir haben alle Museen ausgelassen und uns nur für Gebäude, Parks und Kulinarik interessiert. Unterwegs waren wir zu Fuß und per Fahrrad.
Tallinn
Wir haben uns für den Euro-Parkplatz in der Kalasadama 8 in Tallinn für unser Wohnmobil entschieden, der nur 400 m von der Altstadt direkt an der Ostsee liegt. Die Stadthalle, Linnahall genannt, liegt in der Nähe. Der Parkplatz ist auf der Abrissfläche eines Industrie- oder Hafengebäudes entstanden und wartet auf neue Bebauung. Der Parkautomat funktionierte aber nicht. Nachdem Bernhard die Servicenummer gewählt hat, ist 10 min. später ein Servicetechniker da und wir können unseren Parkschein für 48 Std. für 4 € ziehen. Uns ist das lieber, als einen Strafzettel zu riskieren. Wir hatten in Norwegen damals ein sehr teures Erlebnis.
Wir stehen an der Mauer einer Ruine auf dem Parkplatz am KalasadamaEin Aida-Kreuzfahrtschiff liegt vor Anker und darf anfänglich nicht am Hafen anlegen. Für uns ein Glück, denn in „normalen Jahren“ sind täglich bis zu 10.000 Kreuzfahrttouristen in der Stadt unterwegsDu schaust über den Parkplatz zur Linnahall, einer Multifunktionshalle. Sie wurde für die olympischen Sommerspiele 1980 in Moskau erbaut, die Segelwettbewerbe fanden damals in Tallinn statt. Heute wird über die Weiternutzung gestritten – das sieht man dem Bauwerk deutlich an!
Wir haben uns entschieden, den 20. August, Tag der Unabhängigkeit der Esten, in Tallinn zu verbringen. Wir hoffen darauf, dass die Stadt recht leer sein wird, weil die Tallinner das gute Wetter und den Brückentag nutzen werden, um außerhalb der Stadt die Natur zu genießen. Ja, wir sind im Baltikum auch vorsichtig wegen des Corona-Virus.
Unseren ersten Abend in Tallinn verbringen wir mit einem Spaziergang an der Dicken Margarete (einem Stadtturm) vorbei, durch die unteren Altstadtstraßen zum Muschelrestaurant „Love Mussels“. Nach einem vorzüglichen Abendessen spazieren wir durch die Altstadt zurück. In der „Champagner Bar“ nehmen wir noch einen Absacker auf dem Weg zum Wohnmobil.
Den Feiertag der Esten nutzen wir für eine Fahrradtour zur Tourist-Info.
Die Tourist-Info ist in der Niguliste, etwa 50 m vom Rathausplatz entfernt und etwas unter Linden versteckt
Dort erwischen wir eine exklusive deutschsprachige Stadtführung zu Fuß. Später fahren wir mit dem Rad weiter zum Markt, in den Stadtteil Kalamaja, zum Neubaugebiet im Yachthafen und über das Wasserflugzeugmuseum zurück zum Wohnmobil. Am Spätnachmittag fahren wir mit dem Rad zum Stadtteil, Park und Schloss Kadriorg und genießen den Park, bevor wir am Tallinstrand entlang zurück zum Wohnmobil fahren. Diese Touren habe ich in Komoot aufgezeichnet.
Den Freitagvormittag nutzen wir zum Fotografieren und Einkaufen auf dem Markt. Und wir machten eine Entdeckung, die uns ungemein glücklich machte und dass über die nächsten Tage!
Ich möchte Dir mit diesem Blogbeitrag einige Eindrücke von Tallinn geben. Die Stadt hat eine so ausufernde Geschichte und so viele unterschiedliche Sehenswürdigkeiten. All das zu erläutern sprengt den Rahmen eines Blogs und ich sehe mich dazu auch gar nicht im Stande. Wenn du mehr über Tallinn wissen möchtest, besuche die deutsche Seite der Stadt.
Einige kurze Daten zu Tallin möchte ich Dir dennoch mitteilen. Etwa ein Drittel der 1,3 Millionen Esten leben in und um Tallin, circa 430.000 Menschen. Die Altstadt wurde zwischen dem 13. bis 16. Jahrhundert erbaut, die Stadt war eine Hansestadt mit Lübeckischem Recht, d.h. Rechtsprechung der Hanse. Tallinn hat heute noch um seine Altstadt einen Großteil der ehemaligen Stadtmauer und viele der Stadtmauertürme stehen ebenfalls noch. Ein Teil der Tallinner Altstadt gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Rund um die Altstadt haben sich im Laufe der Jahrhunderte weitere Stadtteile gebildet, je nach Herrscher und Baujahr in diesem oder jenem Stil.
Die Altstadtstraßen sind sehr verwinkelt, mit vielen Hinter- und Innenhöfen. Die Unterstadt wurde früher von Kaufleuten und Handwerkern bevölkert, die Oberstadt auf dem Domberg von den Adligen. Der Domberg ist aufgrund seiner Landschaftsform und durch Bastionen geschützt und lag außerhalb der Stadtmauer. Auf den Domberg gelangten die Bürger früher nur durch ein einziges Tor, was die Abgrenzung von denen da Oben zu denen da Untern noch deutlicher machte. Heute ist das kein Problem mehr, denn wir durften uns oben und unten und rundherum frei bewegen 😊
Nachfolgend Bilder aus der Altstadt Tallinns.
Apotheke am Rathausplatz
Durch diese Tür gelangst Du in das Gebäude der Apotheke am Rathausplatz, 1422 erstmals urkundlich erwähnt. Damals wie heute und ununterbrochen war und ist darin eine Apotheke – und heute auch ein kleines Apothekenmuseum, das den Wandel der Medikamentenzutaten und des Medikamentengebrauchs zeigt
Die Außenwerbung der Apotheke
Gusseiserne Säulen tragen das Obergeschoss – Löwen sind die Armlehne der Apotheke – eine schöne Schnitzmeisterarbeit
Alte Apothekenausstattung, wie den kupfernen Destillierapparat und eine hölzerne Ölpresse stehen beim Erker
Im kleinen Apothekenmuseum kannst Du mit viel Zeit auch die Geschichte der Apotheke anhand von Aufzeichnungen und Briefen lesen. Hier ein Bild des Rathausplatzes mit Apotheke von 1903
Weitere Eindrücke der unteren Tallinner Altstadt
Wer an diesem Punkt in Tallinn auf dem Rathausplatz steht und sich ein wenig reckt und streckt und dreht – kann 5 Kirchentürme (-fragmente) der Altstadt entdecken
Das alte Rathaus in Tallinn ist ein typisches Hansestadtgebäude mit einem besonders interessanten Turm
Wunderschöne Jugendstilhäuser gibt es auch in Tallinn – ich muss nur nach oben schauen!
Die Gaubengalerie hat mich beeindruckt – der Zimmermann hatte nicht nur viel zu rechnen, sondern auch viel zu konstruierenSchmiedeeiserne Lampen beleuchten bei Dunkelheit die Altstadt
Ein unglaublich schöner Hauseingang ziert das Gebäude der Schwarzhäupterbrüderschaft – heutzutage geht es hier zu den Tallinner Kammermusikern
Diese Häuserzeile gefällt mir sehr gut – vermutlich in der Straße Aia aufgenommen
Der Holzerker am Haus der Oleigilde hat in seinem steinernen Sockel einen Rose eingemeißelt – die Rose oberhalb der Tür symbolisierte die Vertraulichkeit der Gespräche im Inneren, die die Gildemitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtete
Wunderschöne Details am Haus, die wir beim ersten Vorbeigehen gar nicht gesehen haben
Die Figuren sind links König Knut von Dänemark und rechts Martin Luther – die Tallinner wundern sich noch heute, dass die Figuren in der Sowjetzeit nicht zerstört wurden – wie so vieles andere Kirchliche
Die Blumen am Blumenmarkt in der Straße Viru leuchtet in der Abendsonne
Die Pflasterstraßen stehen in Tallinn unter Denkmalschutz
Die Aufschrift unter den Fahnen lautet: Telegraaf Post Telefon – 13. Nov. 1918
Zugang zum Meisterhof in der „Vene 6“ – mit Atelier, Kunstladen, Café und Hostel
Domberg oder Oberstadt
In der Oberstadt machen wir mit unserer Gästeführerin einen kurzen Rundgang.
Der Stadtturm führt in die lange Straße den Domberg hinauf und hat einen interessanten Wetterhahn
Das Hinterteil des Wetterhahns erinnert mich an eine liegende Flamme
Der Zar setzte den Tallinnern mit der Orthodoxen Alexander Newski Kathedrale ein Machtsymbol auf den Domberg
Die Domkirche St. Marien auf dem Domberg ist die Hauptkirche der evangelischen Christen in Estland. Vormals war sie die Kirche der Tallinner Adligen und beherbergt deren Wappen bis heute
Die Patkuli-Plattform legte bereits den Adligen Tallinns die Stadt zu Füßen, bzw. ließ sie auf Handwerker und Kaufleute herabschauen. Du schaust auf die Stadtmauer mit einigen Türmen, die St. Olai-Kirche und den Hafen und vielleicht kannst Du sogar erkennen, dass die Aida mittlerweile im Hafen liegt, aber noch keine Reisenden „ausspucken“ durfte, denn die Stadt ist noch leerIch setzte mich mal in Szene auf dem Mäuerchen der Patkuli PlattformDer Weg zur Regierung ist beschwerlich – die Esten spüren das anhand der Treppenstufen…
In diesem Gebäude werden die Geschicke der Stadt Tallinn geführt
Bäckerei in Tallinns Altstadt
Bei unserer Fototour am Freitagvormittag entdecke ich in der Straße „Nunne 9“ in der Tallinner Altstadt eine Brezel an einem Haus. Von Brezeln wurden wir während unserer Reise so oft verführt – und genau so oft enttäuscht. Nie gab es ungesüßtes, ungemalztes, festes Brot und Brezeln schon gar nicht. Hier aber hatten wir großes Glück. Brezeln gab es zwar keine, aber richtiges Brot, mit Kruste und nicht weich wie ein Daunenkissen. Und Brötchen, sogar mit Körnern! Wir entschieden uns in der Bäckerei Loiri Pagar OU für ein tolles Roggenbauernbrot und eine Auswahl von Brötchen – und hatten viele Tage Freude daran. So einfach kann Glücklichsein funktionieren!
Die Bäckerei Loiri Pagar wirbt mit einem Brezel für ihr Backwerk. Wieder eine Brezel! Ob sie diesmal hält, was sie verspricht? Deutsche Backkunst in Tallinn??
Schon im Schaufenster wird anhand der ausgestellten Backwaren einiges versprochenUnd wir werden nach Eintritt in die Verkaufsräume nicht enttäuscht. Wir sind ganz geplättet von der Vielzahl des Brot- und Brötchenangebotes – und nix in Plastik eingeschweißt! So kann endlich wieder eine Kruste am Brötchen und Brot entstehen!Ich bin wirklich gerne unterwegs. Ich reise wirklich sehr gern in andere Länder und mag gerne neue Speisen probieren. Aber so eine „deutsche“ Bäckereiauslage nach sieben Wochen Abstinenz, treibt mir die Freudentränen in die Augen und füllt meinen Notfallrucksack der Handtasche mit Köstlichkeiten
Besondere Bilder
Unter dieser Überschrift findest Du Fotos von Tallinn, die ich persönlich irgendwie besonders finde. Besonders, weil sie witzig sind, hohe handwerkliche Kunst aufweisen oder mich sonst irgendwie berührt haben.
Manchmal kann ich mir Estnisch durch andere Sprachen herleiten – Brewery – englisch = Brauerei und ōlle – norwegisch Öl = Bier und klubi – frei aus dem Deutschen interpretiert = Club – Brauerei Bierclub! Geht doch!
Dieser Türklopfer ist eine wunderschöne Schmiedearbeit
Die drei Löwen erinnern mich an Baden-Württemberg
Am Unabhängigkeitstag zeigen die Franzosen, dass sie als Europäische Flugzeugstaffel den Esten zur Seite stehen
Ob die Eintracht in Frankfurt davon Kenntnis hat, dass eine Fanfahne auf ganz repräsentativem Tallinner Gebiet – dem Rathausplatz – weht?
Laut der Legende soll ein Nachbar der Nachbarstochter immer hinterhergeschaut haben und bekam dieses Ebenbild auf die gegenüberliegende Gaubensäule gebaut
Dem Gründer des Estnischen Puppentheaters, Ferdinand Veike, wurde das Denkmal am Haus des Puppentheaters gewidmet
Das Paar sitzt vor einem Geschäft mit handgefertigten Erzeugnissen
Andere Länder, andere Schreibweisen…
2. Teil des andere Länder, andere Schreibweisen – der Pfälzer Schoppe wird mit „sch“ geschrieben, der Shoppe hier nicht – und ich vermute, dass es sich bei diesem Shoppe um ein Schiff handelt…
Der rote Peppersack hängt noch am Giebelgalgen des Hauses, das wohl früher als Pfefferlager gedient hat
Parks und Blumenschmuck
In Estland begeistern mich die überall gepflegten Parkanlagen und Blumenrabatten. Selbst im kleinsten Örtchen, gibt es einen mit Blumen geschmückten, gepflegten Bereich, in dem sich die Bevölkerung erholen oder treffen kann. Tallinn toppt das in der Anzahl der Anlagen, aber auch immer sehr gepflegt und ansprechend. Nachfolgend einige Beispiele.
Der Blumenschmuck in der Stadt ist immer ungeheuer gepflegt und in zur Umgebung passenden Kübeln
Ob Sonne, ob Schnee, ob Regen – die zwei sitzen immer unter dem zu kleinen Regenschirm und werden nass
Die Legende erzählt, dass der Dänische König (einst auch mal Machthaber im damaligen Reval = heute Tallinn) ein Reh jagte. Als dieses die Klippe des Domberges erreichte, stürzte es sich lieber hinab, als erschossen zu werden. Mit dieser Begebenheit soll der Name Reval = Rehfall entstanden sein.Ich frage mich, welche Bedeutung diese Vögel haben, die Du überall in Tallinn auf den Straßen sehen kannst?Die Bedeutung: der Vogel als solcher Keine! Sie dienen der Terrorabwehr – z.B. durch einen Lastwagen. Dass Betonsperren auch „schön“ gehen, zeigen diese Vogelskulpturen in Tallinn
Ausgehen
Wir haben einige Einkehrschwünge in Tallinn gemacht. Nachfolgend zeige ich Dir einige kulinarische Besonderheiten.
Ein Meeresfrüchtelokal mal ganz anders – bestellen an der Theke, selbst mit Gläsern und Besteck versorgen, Speisen und Getränke werden gebrachtBernhard isst Muscheln mit Champagner, Fenchel, schwarzem Pfeffer und Pesto – der Geschmack war ungewöhnlich gut
Vegetarisch geht auch – Gemüsefladenbrot – ungeheuer lecker gewürzt
Bunt zusammengewürfelte Einrichtung und Kunst von Familienmitgliedern und Bekannten – die Einrichtung der Champagnerbar
Es gibt ungeheuer viel zu entdecken, wenn Du in der Champagnerbar hängenbleibst – hier gibt es hauptsächlich Schaumweine, weil die Besitzerin ein Faible dafür hat
Die Besitzerin der Champagnerbar in der Pikk 47 in Tallinn, Beatrice Fenice, war früher Modell – heute designed sie Kleidung, die in der Champagnerbar auch verkauft wird
In der Straße “Pikk 16“ ist das Café und Museum zum Thema Marzipan in Tallinn
Das Marzipan soll in Tallinn erfunden worden sein – als Arzneimittel, dass ein Apothekerlehrling falsch zusammengemischt hat. Über die Hanse und Lübecker Kaufleute kam es erst nach Lübeck…
Die Gondeln sind Sammeltassen und ein Teil der Konstruktion sind Löffel – charmante Idee des Marzipanzimmers
Wir essen auf dem Markt unsere Tšeburekids mit goldenem Besteck – wie vornehm!Bernhard erkundigt sich, ob man nur nackig einkaufen darf. Gemeint ist aber, einfach Wein – ohne Schnickschnack – schade? Oder eher nicht?
Außerhalb der Altstadt
Außerhalb der Altstadt habe ich wenige Fotos gemacht, die nicht in Besonderes oder Parks und Blumenschmuck bereits abgebildet sind.
Am Unabhängigkeitstag sind die alle Häuser in Tallinn beflaggt. Hier im Holzhausviertel KalamajaDer Markt in Tallinn ist geschickt in den Bahnhof integriertDiese neuen Wohngebäude sind im Nordwesten von Tallinn direkt an einem Yachthafen errichtet worden
Kadriorg – Katharinental
Am Beginn des Parks treffen wir auf eine bedeutende Tallinner Persönlichkeit.
Ich versuche mit Jaan Poska ins Gespräch zu kommen. Er war von 1913 bis 1917 Bürgermeister von Tallinn. In den Revolutionsjahren 1917/1918 spielte er eine Schlüsselrolle bei der ersten Unabhängigkeit Estlands, war Gouvernementskommissar der ersten Regierung und später AußenministerEin See in der Parkanlage Katharinental – KadriorgDas Schloss Kadriorg wurde von Peter dem Großen erbaut – zu Ehren seiner Frau Katharina, heute ist ein Kunstmuseum darinIn diesem selbst als Kunst bezeichneten Bauwerk ist das Museum der Modernen Kunst – Kumu
Wir hatten übrigens recht mit unserer Annahme. Viele Tallinner waren außerhalb der Stadt, mit Zelt im Wald oder in den Wochenendhäusern an irgendeinem der vielen Seen. Der Autoverkehr war mäßig, die Altstadtstraßen leer und wir hatten zwei ruhige Nächte auf unserem Parkplatz mit Blick zur Ostsee. Tallinn ist wirklich eine Reise wert!
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Der Soomaa Nationalpark liegt im Südwesten Estlands. Der übersetzte Name Soomaa bedeutet Sumpfland, Moorland. Wir wollen dort einige Wanderungen machen und diese besondere Landschaft genießen. Im Naturparkzentrum informieren wir uns und erhalten deutsche Beschreibungen und Wanderkarten.
Nationalpark Soomaa
Da der Name Soomaa Sumpf bedeutet, ist es nicht verwunderlich, dass ein großer Teil des Gebietes „unsicheren“ Boden hat. So steht es in einer Beschreibung des Nationalsparks. Das Gebiet des1993 gegründeten Nationalparks umfasst 396 m². In Teilen davon wohnen Menschen und bewirtschaften die Landschaft. Der größte Teil ist aber unbewohnt und die Natur in den Hochmooren ist intakt. Das besondere an Soomaa ist die sogenannte fünfte Jahreszeit. Im Frühjahr, nach der Schneeschmelze stehen 175 km² unter Wasser. Das höchste Hochwasser sei langem war im Mai 2011, wie Du später auf den Bildern beim Ingatsi-Wanderweg sehen kannst. Tõnu von Metste Talu hatte uns erzählt, dass die Landwirte früher Kräne in den Ställen hatte, um die Kühe während der Überflutung im oberen Stockwerks des Stalles unterzubringen. Die Landschaft ist vielfältig und beeindruckend. Auwälder, Moor- und Talsohlewälder, Au- und Gehölzwiesen wechseln sich ab. An den nasstesten Stellen sind Moorkolke oder auch Moorseen. Die Gegend ist von der Forstverwaltung mit Wanderwegen versehen, um den Menschen den Lebensraum Moor und was damit zusammenhängt näher zu bringen. Viele Pflanzen- und Tierarten die auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen, sind hier heimisch. So hoffen wir auf schöne Entdeckungen.
Das Naturparkzentrum Soomaa
Wir fahren vom Chili-Garten Metste Talu zur Hauptstraße mit der Nummer 92 und folgen ihr bis Köpu, Dort biegen wir mit der Beschilderung Nationalparkzentrum nach links ab und fahren auf der wunderbar gewalzten Schotterstraße bis zu einem Abzweig, an dem es nach rechts noch über einen schlechteren Schotterweg etwa 400 m zum Nationalparkzentrum geht. Der Parkplatz ist auch ein Offizieller RMK Parkplatz der Forstverwaltung, der Übernachtungen erlaubt. Wir sind noch rechtzeitig dran, das Naturparkzentrum hat noch geöffnet.
Das Nationalparkzentrum des Soomaa Nationalparks
Im Zentrum werden Seminare angeboten, Mitarbeiter geschult, Schulklassen betreut und Touristen wie wir beraten. Meris, eine junge Frau, gibt uns kompetent Auskunft. Sie rät uns von der Benutzung einer Straße mit unserem Wohnmobil ab, da sie in sehr schlechtem Zustand sei. Da wir nach den Wanderungen in Richtung Pärnu weiterwollen, wählen wir mit ihrer Hilfe drei Wanderungen aus. Die Biberwanderung direkt am Nationalparkzentrum. Eventuell könnten wir die Biberfamilie heute in der Dämmerung auch an ihrem Bau beobachten. Morgen könnten wir den Ingatsi Wanderweg machen, da gäbe es die Möglichkeit, in einem Moorsee zu schwimmen. Wir sollten bis zum hinteren Parkplatz fahren, das wäre mit dem Wohnmobil kein Problem. Wenn wir sehr früh morgen losgingen, könnten wir vielleicht Elche sehen. Derzeit ist es sehr heiß, so dass sich diese tagsüber tief in die Wälder zurückziehen. Auf dem Weg nach Pärnu könnten wir auch noch den Riisa Wanderweg machen, der an den Fluss Navesti jögi führt. Wir danken für die Fürsorge und schauen uns im Treppenhaus noch die Bilder der großen Überschwemmungen 2010 und 2011 an.
Die Wanderungen beschreibe ich Dir hauptsächlich mit Bildern und deren Bildunterschriften.
Biberpfad – Kop Rarada
Der 1,8 km lange Biberpfad führt durch verschiedene Waldtypen. Druch dunklen Fichtenwald, lichten Farn-Bilkenwald und nassen Bruchwald hin zum Mardu Bach, wo sich eine Biberfamilie angesiedelt hat. Interessante Naturobjekte sind mit Tafeln unterwegs erklärt.
Aufzeichnung der Wanderung Biberpfad auf Komoot
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Durch das Tor geht es zur Toilette und zum Biberpfad
Der Biber zeigt Wanderern, wo die Toilette ist, die an keinem Parkplatz oder Wanderwegbeginn in Estland fehltAm Wanderweg Riisa erklärt eine mit Bildern illustrierte Tafel den WanderwegEntlang des Wanderpfads sind Tafeln mit den Pflanzennamen aufgestelltWer möchte, kann nicht nur Pflanzennamen sondern auch estnisch lernenDie Pilze lassen sich nicht davon beirren, dass der Wanderweg mit Hackspänen bestreut ist
Anfänglich führt der Wanderweg durch den Fichtenwald, durch den der Mardu Bach fließt
Der Steg führt uns wieder über den Mardu Bach, allerdings im Birkenwald
Die Biberfamilie hat ihren den Bau quer zum Bach errichtet. Auch in der Abenddämmerung lassen sie sich nicht blickenAuf der Tafel in der Nähe des Biberbaus wird der Aufbau erklärt und dass die Hauptfeinde der Biber der Wolf und der Luchs sind. Der Hauptfeind „Mensch“ wird leider nicht erwähntBeim Weitergehen höre ich Geräusche vom Biberbau, den ich durch Äste sogar erspähen kann – aber leider ist das nur ein Enterich, der sich über irgendetwas erzürntAm Bachufer sind die Birken zu erkennen, die die Biber gefällt haben. Hinter dem Wald geht die Sonne bereits unterAb und zu blendet mich die untergehende Sonne wie ein Scheinwerfer durch die Bäume – sogar ein Foto klappt
An den Bäumen, die in der Nähe der Tafel stehen, ist zu erkennen, das Elche junge Baumtriebe der Zweige im Frühjahr konsumieren
Mit der letzten Dämmerung treten wir aus dem Wald heraus und genießen eine völlig stille Nacht in der Einsamkeit in unserem Wohnmobil.
Ingatsi Wanderweg – Ingatsi Ōpperada
Der Ingatsi Wanderweg ist 3,6 km lang. Er beginnt in einem Bruchwald bevor er einen Moorhang hochsteigt zu einem Aussichtsturm. Der steht am Beginn des Kuresoo Hochmoors, in dem ein offenes Alpen-Rasenbinsen- und Schwingrasen-Hochmoor vorherrscht. In der Beschreibung steht außerdem: Im Unterwald des Hochmoors wachsen mehrere Zwergsträucher, unter anderem auch der für ostestnische Hochmoore typische Torfgränke. Das Netz von Gewässern formt Schlenken, hunderte von Moorkolken und Moortrichtern, kleine unterirdische Bäche und Bäche, die das Wasser aus dem Moor herausführen. Zu Zeiten des Vogelzugs, meisten sim Herbst, sind die großen, offenen Gebiete und Moorkolkflächen gute Rastplätze für Tausende von durchziehenden Gänsen.
Aufzeichnung der Ingatsi Wanderung auf Komoot
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Wir sind sehr früh unterwegs und die Nacht war kalt. So steigt der Nebel über dem Fluss bei der Anfahrt aufAn der Einstiegsstelle für Kanus am Parkplatz geht die Sonne hinter den Bäumen aufAn jedem Parkplatz ist eine Toilette! Hier der erste Parkplatz für den Ingatsi WanderwegÜber feuchte Stellen ist immer ein Bohlenweg gebaut. Die Markierungen links an der Birke zeigen die Hochwasser an, die der Sumpf im Frühjahr und Herbst haben kann. Das höchste wurde im Mai 2011 gemessen
Der Wanderweg ist im Wald mit Hackschnitzel bestreut
Der Fliegenpilz sieht wie aus dem Lehrbuch ausNachdem wir aus dem Bruchwald hinausgetreten sind, steht der Aussichtsturm am Rande des Kuresoo Hochmoores vor unsEin Steg führt durch das Moor und zu den MoorkolkenDer Schmetterling sonnt sich auf einem Brett des BohlenwegesDie unterschiedlichen Farben im Moor faszinieren mich. Eine Spinne sammelt den Morgentau in ihrem NetzWir passieren mehrere Moorkolke oder Moorseen, in denen sich der Morgenhimmel spiegeltDie klare Stimmung am Morgen, der ruhige Moorsee und die Spiegelung der Bäume, einfach nur schönDer gleiche See von der anderen Seite mit Blick zum Wald – eine ganz andere StimmungPlattformen mit Bänken stehen an manchen Kolken. Dort ist immer eine Öffnung im Geländer mit einer Holzleiter, um im Moorsee baden zu gehenDas Wasser ist durch die vergangen Sonnentage angenehm warm und „weich“ – ein absoluter Genuss, dieses MorgenbadWieder zurück im Wald hüpft dieser Frosch über den Weg und „versteckt“ sich in beinahe der BildmitteIm Wald wachsen auch diese roten Beeren, die ich leider nicht kenneWir kommen am eigentlichen Parkplatz des Wanderwegs an, mit der Tafel, die den Wanderweg wieder Bildreich „erklärt“
Am zweiten Prakplatz angekommen wandern wir etwa 500 m auf der Schotterstraße zu unserem Wohnmobil zurück. Wir Duschen und Frühstücken, bevor wir zum Riisa Wanderweg weiterfahren. Leider waren wir zwar früh, aber der Elch war schon im Wald oder hatte heute keine Lust auf Touristen.
Riisa Wanderweg – Riisa Ōpperada
Der Riisa Wanderweg ist 4,8 km lang und auch wieder ein Lehrpfad. Tafeln über Pflanzen, Tiere oder Zusammenhänge im Moor stehen in der Landschaft oder auf Plattformen. Er führt durch das malerische Riisa Moor und durch die Wälder des Navesti Flusses.
Der Wanderweg Riisa ist der einzige im Soomaa Nationalpark, der an einer Hauptstraße beginnt. Entsprechend gut ist er von Wanderern frequentiert
In der Wanderwegbeschreibung heißt es: Die Entstehung aller heutigen estnischen Moore begann nach der letzten Eiszeit. Das Riisa-Hochmoor wird allein von Regenwasser gespeist. Die Torfschicht des Hochmoores wächst langsam in die Höhe. Der Wasserspiegel des Hochmoores liegt über dem der umliegenden Gebiete, weswegen Bäche immer aus dem Moor heraus fließen. Den stilen Hochmoorrand nennt man Hochmoorhang. In größeren Hochmooren verteilt sich das Wasser auf kleinere Kleinstgewässer, Moorkolke , die zusammen mit Bulten und Schlenkern die charakteristische Landschaft des Hochmoores ausmachen. Die Pflanzen- und Tierwelt des Hochmoores ist artenarm.
Aufzeichnung der Riisa Wanderung auf Komoot
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Am Beginn des Wanderwegs ist wie immer in Estland eine ToiletteAnfänglich ist der Riisa Wanderweg auch ein Pflanzenlehrpfad. Zahlreiche Tafeln sind aufgestellt Am Beginn der Wanderung steht am Riisa Naturpfad noch niedriges NadelgehölzNach kurzer Zeit folgt ein Weg durch den Nadelwald. Die Wege im Soomaa Naturpark sind meist mit Hackschnitzel ausgestreutDa das Gebiet des Soomaa Nationalparks im Frühjahr und Herbst oft überschwemmt ist, sind an manchen, jetzt trockenen Stellen, Brücken. Diese hier geht in einen Bohlenweg über, der uns weiter durch den Wald leitetWie flach die Fichten wurzeln ist hier an den Baumscheiben deutlich zu erkennenDer Wanderweg führt uns zum Flüsschen Navesti jögi und einem Picknickplatz. Der Navesti ist einer der wassereichsten Flüsse Estlands und mündet am Ende seines 100 km Flusslaufes in den Pärnu FlussAls wir aus dem Wald herauswandern und ins Moor kommen, führen manchmal Abzweigungen um einen See Bei dieser Plattform ist eine Bank mit einem Badeeinstieg in den SeeDas das Moor gesund ist zeigt es an dieser Stelle, auch wenn ich das Blubbern eher nicht so magDie blaue Libelle lässt sich an einem Grashalm sehr gut fotografierenMit aufmerksamen Augen sehe ich viele Kleinigkeiten, wie die blühende Heide vor dem dunklen MoorseeMittlerweile steht die Sonne hoch und wärmt, die Seerosen blühen auf und machen weiße Klekse auf die dunklen SeenDie Moorseen liegen beinahe ohne Wellen da, die Wolke spiegelt sich mit nur wenigen KräuselnSogar eine Eidechse sonnt sich auf einem Holzbrett des Bohlenweges und klettert rasch ins Gras der Umgebung, als wir kommenDie blühende Heide und das rotbraune Moos deuten darauf hin, dass die Natur schon langsam in den Herbstmodus übergehtDiese Libelle sonnt sich auf dem BohlenwegDer blaue kleine Schmetterling ließ sich nur sehr schwer mit der Kamera einfangenEin Herzgruß im See – is des net schee – versuchtes Südhessisch, damit es sich reimtEtwa nach zweidrittel der Wanderung steht der AussichtsturmImmer wieder passieren wir Plattformen mit Bänken, auf denen sich die Natur genießen lässt. An manchen sind auch Erklärungstafeln installiertMein Blick vom Aussichtsturm geht hinüber zum Wald, hinter dem der Parkplatz liegtBeinahe am Ende des Weges entdecke ich noch diese zwei Libellen bei der PaarungDie Rastbank bietet sogar immer einen Schattenplatz. Liebevoll ist der Baumstamm in die Plattform integriert
Meine Meinung zum Soomaa Nationalpark
Der Park ist fantastisch angelegt. Die Parkplätze, die Toiletten und die Wege sind super gepflegt. Mülltonnen stehen überall und werden genutzt. Die Erklärungen sind schlüssig, auch wenn man weder estnisch noch englisch versteht. Die Mitarbeiter helfen gerne und im Naturparkzentrum gibt es neben kompetenten Auskünften auch jede Menge Prospekte und Karten in vielen Sprachen. Ich danke den Verantwortlichen und Mitarbeitern ganz herzlich für die Mühe und Arbeit, die sie in den Park und seine Einrichtungen stecken.
Wir haben die Wanderungen im Soomaa Nationalpark sehr genossen. Am Beginn aller Wanderwege und an anderen Plätzen sind Parkplätze eingerichtet. Immer mit Toilette, sehr oft mit Picknickbänken. Einige haben Wasserstellen und Lagerfeuerplätze und alle sind offen für Übernachtungen. Viele Esten verbringen in den Nationalparks ihre Ferien oder längere Auszeiten, mit Zelt oder Wohnwagen oder Wohnmobil. Unsere Forstverwaltungen könnten von der touristischen Organisation noch einige Dinge lernen. Gerade die Bio-Trenntoiletten, die an jedem Parkplatz aufgestellt und immer sauber sind, mit Toilettenpapier versehen, verhindern, dass rund um die Parkplätze Taschentuchfetzen und „Schei..haufen“ herumliegen und unschön die Natur verschandeln, bzw. einfach zum Himmel stinken.
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Wir sind an der Küste nach Estland eingereist. Im englischen Prospekt „Romantische Küste“ ist auf unserem Weg in den Soomaa Nationalpark eine Ziffer eingezeichnet. Hinter der Ziffer verbirgt sich „Garden Collection of Chilli Pepers“. Wir wollen herausfinden, was sich dahinter verbirgt. Da in der Nähe auch ein Fruchtweingut liegt, verbringen wir den Tag kulinarisch.
Fahrt zu Metste Talu
Nach unserem Besuch im Fruchtweingut Allikukivi, leitet uns das Navi auf der A 6 nach Osten und nach wenigen Kilometern nach links, Richtung Kärsu auf eine Schotterstraße. Wir halten an, denn nach unseren lettischen Schotterpistenerlebnissen sind wir erst mal sehr skeptisch. Aber wir wollen zu Metste Talu und der Weg führt über die Schotterstraße. Langsam fährt Bernhard los, aber es ruckelt und scheppert nichts. Die Straße ist eine Straße und keine Piste. Er beschleunigt sogar bis 70 km/h und es rumpelt nichts! Natürlich staubt es, aber unsere Inneneinrichtung hört sich nicht so an, als wollte sie zusammenfallen. Nach einigen leichten Kurven sehen wir bereits das Schild.
Das Schild weist immer auf eine Besonderheit der „Romantischen Küste“ hin
Wir fahren über einen Wiesenweg neben das Haus. Eine junge Frau sitzt hinter dem Haus im Garten an einem Tisch auf dem ein Plastikkorb steht. Eine ältere Frau sitzt neben ihr und hält ein Baby im Arm. Alle schauen auf und ein Mann kommt auf unser Fahrzeug zu.
Kontakt
Metste Talu, Dorf Kärsu, Saarde vald, 86208 Kreis Pärnu, Estland Telefon: +372 512 4698, info@metstetalu.ee, https://www.metstetalu.ee/ Führungen gerne nach Voranmeldung per E-Mail oder Telefon.
Chili – die Idee
Auf unsere Frage, ob wir englisch miteinander reden können, antwortet Tõnu Pärn, das wir deutsch reden können. Er weist in die Runde und stellt die Damen vor. Die Mutter, Vaike Pärn mit dem Enkelkind Jan auf dem Arm und seine Schwester Katrin Pärn-Reiser, die Mutter von Jan und Tom, der später nach dem Mittagschlaf noch hinzukommt. Sie wollten gerade die gelben Chilischoten, die im Korb auf dem Tisch stehen, für die Weiterverarbeitung vorbereiten.
Die heutige Ernte an gelben Chili Schoten
Wie kommt man in Estland auf die Idee, Chili zu züchten? Katrin, die ebenso gut deutsch spricht, antwortet: „Alles begann mit einer Wette unseres Vaters.“ Da wir fragend schauen, erzählen sie die Geschichte. Toomas Pärn wettete mit einem Freund, dass er ohne Probleme eine scharfe Chilischote essen kann. Er gewann die Wette und einige Wochen später schenkte ihm dieser Freund Chilisamen. Vaike pflanzte die Samen ein, denn sie hat, nach Aussage ihrer Kinder, einen grünen Daumen. Mit der Zeit schenkten andere Freunde dem Vater ebenfalls Chilisamen, die sie von Reisen in ferne Länder mitbrachten. Das war der Beginn und im Laufe der Zeit füllte sich das erste Gewächshaus und ein weiteres wurde errichtet.
Wir sind am einem Gewächshaus angekommen, das parallel zur Hausfront im Garten steht. Es ist noch neu und in den parkähnlichen Garten eingefügt. Ein Farbenmeer empfängt uns.
Das neueste Gewächshaus birgt auch die schärfsten Schoten
Jede Pflanze steht in einem eigenen Topf
Chili und Schärfe
Die Schärfe von Chili (Schreibweise in Estnisch Chilli) wird in Scoville Einheiten gemessen. Der Pharmakologe Wilbur L. Scoville hat diese Scala zur Abschätzung von Schärfe entwickelt. Grundlage der Messung ist das Capsaicin. Das ist das in der getrockneten Frucht enthaltene Alkaloid, das die Schmerzrezeptoren der Schleimhäute reizt und so die Schärfeempfindung auslöst. Die Scala beruht auf dem Verhältnis zwischen Capsaicin und einer Flüssigkeit, meist Wasser, um keine Schärfe mehr festzustellen. Beispiel: 1 ml reines Capsaicins benötigt 16 Mio ml (=16.000 Liter) Wasser (Quelle Wikipedia).
Katrin weist uns darauf hin, dass Zucker viel besser die Schärfe neutralisiert als Milchprodukte oder Wasser. Außerdem sei der Schmerz bei einer zu hohen Portionierung immer nach 15 Minuten vorbei. Immer!
Gleich zu Anfang im Gewächshaus steht die schärfste Sorte, die Metste Talu anbaut. Die Carolina Reaper erreicht eine Schärfe von über 2 Mio Scoville! Aber nicht nur der Genuss der Frucht ist äußerst risikoreich. Die Ernte findet unter höchsten Sicherheitsmaßnahmen statt, denn die Berührung mit der Frucht und der Pflanze reizt die Haut ungemein. Tõnu benutzt einen Ganzkörperanzug, Handschuhe, Gesichtsmaske und eine Schutzbrille.
Das ist die schärfste Chili der Welt – „Carolina reaper“
Die Namen sind in estnischer Schreibweise auf den Pflanzenschildern
Geerntet werden die Chilischoten in den letzten zwei Augustwochen und bei einer zweiten Ernte im Oktober. Die Familie baut nicht nur Züchtungen an, die sie für ihre Produkte verwendet. Auch wilde Sorten, also natürlich wachsende, wie die Cherabita, die in Mexiko in der Natur vorkommt.
Chilis wachsen in unterschiedlichen Farben, Formen und Schärfen
Estland hat lange, kalte, dunkle Winter. Frühjahr, Sommer und Herbst sind jeweils kürzer als wir das in Deutschland gewohnt sind. Daher muss das Gewächshaus im Frühling, manchmal sogar im Sommer nachts und im Herbst beheizt werden, immer, wenn die Temperatur unter 12° fällt. Zusätzliches Licht wird im Frühjahr benötigt, wenn die estnischen Tage noch zu kurz für die lichthungrigen Pflanzen sind.
In der Vegetationsperiode muss das Gewächshaus zeitweise geheizt werden
Im Frühjahr müssen die Pflanzen künstlich beleuchtet werden
Mich fasziniert es, wie unterschiedlich die Chilipflanzen in Farbe und Form sind. Außerdem gibt es den Schärfeunterschied nicht nur bei den verschiedenen Pflanzen, sondern sogar pro Strauch. Die Früchte, die an ein und demselben Strauch gepflückt werden, können unterschiedlich scharf sein. Sogar Äste und Blätter der Pflanze geben bei Berührung Schärfe ab. Der Umgang mit den Gewächsen muss somit sehr umsichtig sein.
Diese Chili sehen wie Kirschen oder eben schwarze Perlen aus
Wie gelbe Wassertröpfchen hängen diese Früchte am Strauch
Die kleinste Chili, mit Namen Cherabita, auf der Hand von Katrin
Gewächshäuser
In diesem Gewächshaus stehen die einzelnen Pflanztöpfen auf unterschiedlichen Etageren und Regalen. Jede Pflanze ist in einem eigenen Töpfchen, da sie individuell Wasser verbrauchen. Jede Pflanze wird sogar einzeln gegossen, nicht, wie man es aus Gärtnereien kennt, mit einem Beriesler oder der Pflanzendusche, die gleichzeitig mehrere Pflanzen gießt.
Die Töpfe mit den Pflanzen stehen auf verschiedenen Höhen, so sind sie einfacher zu Gießen
Die Mutter, als die Kleinste der Familie, benötigt zur Pflanzenpflege die Leiter
Die Mutter, Vaike Pärn, ist die Hauptakteurin bei der Pflanzenpflege. Alles was sie in die Erde setzt, gedeiht sehr gut, erklärt Tõnu. Im hinteren Teil des Gewächshauses stehen normale Paprikaschoten, die für die Produktion des Chilipulvers ebenso benötigt werden. Außerdem produziert Metste Talu Zwiebeln, Kräuter und Kürbisse für den Verkauf und stellt auch Aromen her. Metste ist übrigens der Namen des Platzes, an dem die Familie wohnt und Talu heißt Bauernhof auf estnisch.
Im hinteren Teil des Gewächshauses stehen Paprikapflanzen
Mir gefällt das Holzhaus der Familie sehr gut. Tõnu erklärt, dass es 1926/1927 viel kleiner erbaut wurde. Später wurde es ein wenig erweitert und vor 10 Jahren wurde es nochmal verlängert, damit Katrin eine Wohnung im Haus beziehen konnte. Auch hier am Haus zeigt sich der „goldene Daumen“, wie Katrin sagt, der Mutter.
Vor dem ältesten Teil des Familienhauses ist ein buntes Blumenbeet
Wir gehen durch eine Baumreihe in Richtung der anderen Gewächshäuser.
Im hinteren Teil des Gartens stehen zwei Gewächshäuser
Im Zwischenraum des gepflegten Gartens stehen Heidelbeerpflanzen. Jede Pflanze ist eine andere Sorte und manche auch aus anderen Ländern, erklärt Tõnu.
Jeder Heidelbeerstrauch ist eine andere SorteVerschiedene Reifestadien sind bei dieser Zuchtheidelbeere am Strauch vertreten
Im ältesten Gewächshaus, das früher für das normale Hausgemüse und Salat erbaut wurde, wachsen heute hauptsächlich Tomaten. Gestern Morgen, vor der Ernte, war noch alles rot, das hätte ein farbenfroheres Bild gegeben, entschuldigt sich Katrin. Mir gefällt die Farbzusammenstellung auch so. Die schöne Holzfarbe der Ständer, das Grün davor und darin, der rostige Ofen, der blaue Himmel – ein stimmiges Bild
Im alten Gewächshaus werden Tomaten gezogen, die für die Chilisoße benötigt werden
In einem neueren halbrunden Gewächshaus wachsen in der Mitte Kinderchili. Vom Aussehen Chilischoten, aber ohne Schärfe. Allerdings mit mehr Aroma als normale Paprikaschoten. Links und rechts davon wachsen die Habaneros, die bereits um die 300.000 Scoville Grade haben.
In diesem neuen Gewächshaus stehen die Chilipflanzen in dichten Reihen
An einem Schuppen ist der komplette Giebel mit einer Weinrebe der lettischen Sorte Zilga bewachsen. Diese Rebe hält Temperaturen bis minus 35° aus. Eine russische Weinrebe ohne Namen wächst an anderer Stelle im Garten.
Zwei verschieden Weinreben wachsen im Garten, dieser am Giebel des SchuppensDer Wein gedeiht an der Südseite des Hauses gut, die Trauben werden bereits reif
Produkte von Metste Talu
Wir haben unseren Gartenrundgang beendet. Direkt neben dem Sitzplatz der Familie ist ein alter Brunnen und ich frage Tõnu, ob der noch genutzt wird. Dieser gehe nur 8 m in die Tiefe und wurde früher genutzt. Um den Wasserbedarf der durstigen Chilipflanzen zu decken, wurde vor drei Jahren ein neuer Brunnen gebohrt, der über 40 m in die Tiefe geht. Der wurde je zu ein Drittel von der Familie, der Gemeinde und der EU gezahlt. Wir setzten uns an den Tisch mit den gelben Chilischoten, die Tõnu zur Seite stellt. Sein sehr gutes Deutsch hat er auf der Universität gelernt. Außerdem schaut er bereits seit 30 Jahren deutsche Sendungen im Fernsehen. Katrin war unterdessen im Haus und kommt mit einem Tablett mit den Erzeugnissen zurück.
Katrin bringt uns die Produkte, die auch online verkauft werden
Die estnischen Namen sind für uns wieder langwierig zu lesen, aber doch verständlich. Tšillipulber Klassikaline, Tšillipulber Habanero, Tšillipulber Trinidad Moruga Skorpion und die Soße oder Paste Kreemjas Tšillikaste. Diese wird für 3 € pro Glas verkauft und eignet sich hervorragend zu Fleisch und Käsegerichten. Ein kleiner Bestandteil dieser Soße ist Rotwein.
Die unterschiedlichen Farben resultieren aus den unterschiedlichen Farben der verwendeten ChilischotenHier sind nicht nur die Farben unterschiedlich, sondern auch die Schärfen
Die Preise von Chilipulver sind in Estland viel günstiger als in Deutschland, betont Katrin. Für ein Glas Tšillipulber Klassikaline verlangen sie 5 €. Das Glas Tšillipulber Habanero kostet 10 € und das Tšillipulber Trinidad Moruga Skorpion kostet 15 €. I
In den letzten Jahren haben sie ihre Produkte auf vielen Märkten in Estland verkauft, aber das ist sehr zeitaufwändig und kostenintensiv. Alle Produkte werden nun online ab Hof verkauft, ebenso Brot und Chilipflanzen bei einem Besuch auf dem Hof. Andere Hofläden im Umkreis haben die Produkte von Metste Talu auch im Angebot. Katrin weist uns auf das Zeichen für eine landwirtschaftliche Produktion in Estland hin. Über die estnische Flagge ist ein stilisierter Tropfen mit Blättern darin gedruckt.
Wo dieses Logo drauf ist, handelt es sich um ein Produkt aus Estland
Wir kosten auf einem Löffelchen die Paste, die mild ist und doch im „Abgang“ Schärfe zeigt. Ja, die kann ich mir gut auch zur Würze von Soßen und Salaten vorstellen. So kaufen wir einige der Gläser für uns und einige als Mitbringsel. Katrin geht noch mal ins Haus und kommt, mit dem älteren Sohn auf dem Arm, der seinen Mittagschlaf beendet hat, zurück. Sie packt die Chilis, die sie während unseres Rundgangs in eine Schale gepflückt hat, in eine Papiertüte. Diese gibt sie uns als Geschenk mit und auch ein selbstgebackenes Brot.
Katrin schenkt uns ein selbstgebackenes Brot, das auch ab Hof verkauft wird und eine Papiertüte mit ChilischotenDer Inhalt der Papiertüte auf unserem Tisch – das werden wohl weitere scharfe Reisewochen
Wir sind baff und überrascht von dieser Geste und bedanken uns sehr. Das Geschwisterpaar hat sich gefreut, mal Deutsch sprechen zu können. Sie haben uns einen interessanten Besuch ermöglicht und waren sehr liebe Gastgeber. Wer sich für besondere Landwirtschaft interessiert ist auf dem Hof herzlich willkommen. Allerdings solltest Du Dich vorher anmelden. Vielen Dank, Katrin und Tõnu, für die interessante Führung und die informativen Erläuterungen.
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An unserem ersten Tag in Estland ergattern wir eine englische Broschüre der „romantischen Küste Estlands“. Beim Studium während der Fahrt, leite ich Bernhard in Uulu von der A 4 auf die A 6, bis zum Dörfchen Allikikivi. Dort ist ein Fruchtweinmacher zuhause, den wir spontan besuchen.
Anfahrt zum Weingut
Über die A 6 von Westen am Städtchen Kilingi-Nõmme vorbei. Etwas nach der Abzweigung der A 92 geht es nach links ins Weingut.
Adresse
Kooli tee 2, Allikukivi, Saarde vald, Pärnumaa, 86201, Eesti, Tel. +372 525 2800, https://www.allikukivi.ee/ GPS Daten N 58.15138° E 25.01983° 58°09’05.0“ N 25°01’11.4” E
Öffnungszeiten Mittwoch bis Sonntag von 12 bis 20 Uhr
Das Herrenhaus ist sehr weitläufig mit einer runden Auffahrt
Weingut Allikukivi
Wir fahren in die Einfahrt und den linken Kreisbogen der Auffahrt hoch zu einem Herrenhaus aus Backstein. Ott Hein wartet bereits auf uns, denn wir haben und per Telefon angekündigt. Er ist der älteste Sohn des Hauses und verantwortlich für die englischsprachigen Führungen. Mir fällt die Karte vor der Eingangstreppe ins Auge.
Heute sind Cocktails im Angebot 😊
Ott möchte uns erst einen Teil des acht Hektar großen Grundstücks mit eigenem Park zeigen. Der Deutsche Industrielle Albert Zoefeld hatte auf dem Nachbargrundstück eine Kleiderfabrik erbaut – und für sich das Herrenhaus. Nachdem die Fabrik geschlossen war und das Haus leer stand, nutzte die Gemeinde es als Schule. Die Eltern von Ott, Reili und Roman Hein haben das Grundstück mit Haus vor acht Jahren ersteigert, seit fünf Jahren leben sie hier, statt in der Hauptstadt Tallin.
Der Parkausgang des Herrenhauses
Auf der unteren Terrasse des Herrenhauses zum Park finden immer wieder Konzerte und andere Veranstaltungen statt, gerade am letzten Wochenende ein Jazzkonzert. Ein australischer Freund, der zu Besuch und von Beruf Barmann ist, kreierte Cocktails aus den Fruchtweinen, was bei den Gästen ungeheuer gut ankam.
Die Besitzerin des Weingutes Raili Hein im Park Ihres Anwesens
Vor 10 Jahren überlegte Raili Hein, dass sie den Fruchtwein, den die Familie gerne trinkt, auch selbst herstellen könnte. So besuchte sie einen Kurs und begann mit der Herstellung von Fruchtweinen. Sie reichte ihre Weine gleich zu Verkostungen ein und gewann damit immer 2. Preise bei den Hobbywinzern. Von Hauptberuf ist sie in der IT-Branche tätig und kann ihre Arbeit von Allikukivi aus im Homeoffice machen. 1 – 2 Mal im Monat muss sie allerdings nach Tallin, zum Arbeitsplatz. Ott führt uns während seiner Erzählung durch den Park und zeigt uns eine Besonderheit in einem Baum.
Der Parkgorilla ist eigentlich eine Baumwucherung
Mit beiden Armen umfasst der Holzgorilla den Baumstamm – ich nenne ihn Grünrücken
Wir biegen links ab und gelangen zum Beerengrundstück, das momentan auf einem Hektar bewirtschaftet wird, aber auf 2 Ha erweitert werden kann. Nach dem Kauf des Hauses begannen sie mit dem Pflanzen von Beerensträuchern verschiedener Sorten.
Die Ernte der schwarzen Johannisbeeren steht kurz bevorDie Sträucher hängen voller BeerenZwar keine Beere wird aber auch für Wein angebaut. Der Rhabarber macht sich farblich bereits für den Herbst schönDie Aroniabeeren sind noch nicht ganz reif
Alle Arbeit im Fruchtweingut war bis zum letzten Jahr Handarbeit. Beim Pflücken hat sich das nicht geändert, im Keller schon. Eine neue Fruchtsorte sollte zukünftig hinzukommen. Im letzten Jahr hat die Familie 35 Kirschbäume angepflanzt, die in diesem Jahr aber alle eingegangen sind. Im Herbst wird ein neuer Versuch mit einer robusteren Sorte unternommen. Bis letztes Jahr wurde in einem Raum des Erdgeschosses der Wein gepresst und gekeltert. Erst vor drei Monaten ist der Weinkeller im Keller des Hauses fertig geworden. Die Probierstube muss noch möbliert und dekoriert werden, bevor die ersten Gäste empfangen werden können.
Die zukünftige Weinprobierstube ist erst vor kurzen fertig renoviert worden
An der mittlerweile elektrischen Weinpresse ist Roman Heim die Ernte von gestern am Pressen.
Roman Hein säubert die Presse von den Rückständen der Stachelbeeren
Wir probieren den Saft, der mir zumindest viel zu sauer ist. In mehreren Räumen stehen die Edelstahlfässer, in denen der Fruchtwein reift.
Die Fenster im Weinkeller gehen in die Probierstube – so können die Gäste später beim „Reifen“ zuschauenJe nach Saft- und Weinmenge werden verschieden große Tanks für die Reife und Lagerung benötigt
Im letzten Jahr wurden 4.000 Liter Fruchtwein hergestellt, in diesem Jahr hofft die Familie auf 10.000 Liter.
Der Gärkeller geht zur Vorderseite des Hauses und ist mit einem Flipchart für das Notieren der Messdaten ausgestattet. Um die drei Wochen gären die Früchte, bevor sie In die Fässer zum Reifen umziehen können.
Die Fruchtweine sind während des Gärens in ständiger Kontrolle
Wir gehen um die andere Seite des Hauses herum, wo für Gäste eine Toilette ist.
Im Garten, unter einem Baum ist eine Trockentoilette und ein Waschbecken
In einigen Jahren soll das zweite Stockwerk für Gästezimmer mitgenutzt werden. Aber bis dahin ist noch ein langer Weg. Wir sind mittlerweile wieder auf der Eingangsterrasse, auf der der Probiertisch für uns gedeckt ist. Vier Weine und einen Likör werden wir versuchen, zur Geschmacksneutralisierung steht Käse bereit.
Auf der Eingangsterrasse ist für unsere Weinprobe gedeckt
Unser erster Wein, ein Rhabarberwein, ist mit dem Saft von Birken verfeinert, was eine gewisse Extrasüße gibt. Ich empfinde den Rhabarbergeschmack dadurch allerdings als zu wenig, denn ich mag ihn lieber kräftiger.
Die Flaschen haben ein schönes Etikett…
… dass sich zu 1/3 um die Flasche zieht
Es folgen die Weine Apfel-Quitte, eine neue Kreation, die mir sehr gut schmeckt, den die Quitte sticht leicht hervor. Ein halbtrockenen Johannisbeerwein verkosten wir danach, der sehr fruchtig schmeckt. Der Himbeerwein schmeckt sehr weich und als wenn eine Himbeere im Mund zergeht. Ott bringt uns zwei Liköre, einen Johannisbeer, der dieses Jahr einen 2. Preis gewonnen hat und ausverkauft ist und einen Erdbeerlikör. Auch er schmeckt sehr fruchtig und ich kann ihn mir gut über einem Eis vorstellen.
Nach der Weinprobe zeigt uns Ott noch den Theatersaal, den Herr Zoefeld im Haus integrieren lies. Die Bühne im hinteren Teil des Raumes wäre heute noch nutzbar.
Im Herrenhaus Theatersaal, während der Schulnutzung Sporthalle, heute KinderspielzimmerDas war unverkennbar die Sporthalle – mit dem unvermeidlichen Basketballkorb der Esten
Gegenüber liegt der Verkaufsraum, in dem die Weine und Liköre und einige Ware von regionalen Erzeugern angeboten werden.
Der Verkaufsraum ist geschmackvoll eingerichtet
Hier steht auch der Zweite Preis Gewinner in einem Regal. Die Liköre haben aller Frauennamen, Hermiine, Adeele und Margaret.
Der Johannisbeerlikör Hermine hat in diesem Jahr bei einer Messe den 2. Preis gewonnen
Verschiedener Fruchtsaft wird natürlich ebenso hergestellt und in lustig bedruckten Boxen verkauft.
Die Saftbox hat einen witzigen Aufdruck
Die Preisliste ist – wie auch bei Gunta Niedra im Weingut Mazburkas und bei Mārtiņš Sants von Vīna Darītava in Lettland – recht einfach gestrickt. Es gibt nur zwei Preise. Allerdings ist es anders als in der Pfalz bei der Weinprobe. Erstens kostet die Weinprobe 12 € und zweitens kostet sie das auch, wenn Wein gekauft wird.
Die Preisliste des Fruchtweinguts ist recht einfach
Wir durften ausnahmsweise an einem Montag im Weingut vorbeischauen und danken dafür recht herzlich. Die Weine werden uns an eine interessante Familie erinnern und im nächsten Jahr werden wir die neuen Kreationen von diesem Jahr probieren, wenn wir wieder kommen.
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Wir sind seit unserer Abreise einem sportlichen Hobby nicht nachgekommen, dem Golf spielen. In der Nähe von Riga passte das Wetter und der Preis fürs Greenfee. Wir verbrachten zwei wunderschöne Tage im Golf Club Viesturi. Das Restaurant „the forest café“ sorgte für mehr als eine Überraschung.
Suche nach einem Golfplatz
Bernhard hatte bereits seit unserem Polenaufenthalt immer wieder nach Golfplätzen auf unserer Route Ausschau gehalten. In Litauen ist er einmal fündig geworden, in der Nähe von Kaunas. Aber selbst die Mitarbeiterin des Campinglatzes bekam keine Telefonverbindung und fand heraus, dass er seit zwei Jahren geschlossen ist. Hier in Riga hofften wir auf mehr Glück.
Drei Golfplätze gibt es in der Region Riga. Zwei davon wirken auf mich eher elitär. Der dritte, ein 9-Loch-Golfplatz, hat einen fairen Preis. Die Fahrt zum Golf Club Viesturi ist recht abenteuerlich. Er liegt in Jaunmārupe, südwestlich von Riga, mitten im Wald. Ein kurviger asphaltierter Weg führt dorthin. Ein großzügiger Parkplatz, daneben ein aus Holz gebautes Clubhaus. 1998 wurde der Golfclub eröffnet.
Die GPS Koordinaten des Golfplatzes: N 56.89841° E 23.87811° 56°53’54.3“ N 23°52’41.2“ E
Öffnungszeiten Büro und Kontaktdaten: Täglich von 9.00 bis 19.00 Uhr geöffnet Telefonnummer: +371 23 44 43 90 zu erreichen. http://golfsviesturi.lv/
Preise: Montag bis Freitag: 9 Loch 20 €, 18 Loch 35 €, ganzer Tag 40 € Samstag und Sonntag: 9 Loch 25 €, 18 Loch 40 €, ganzer Tag 50 € Jetons für den Ballautomat: 2 € für 20 Bälle Ausleihen Trolley für das Bag: keine Kosten
Es ist möglich, erstmal 9-Loch zu spielen und später den Aufpreis für 18 Loch zu zahlen, wenn wir weiterspielen möchten.
Über die Holzveranda geht es ins Clubhaus des Golf Club Viesturi
Da wir lange nicht gespielt haben, wollen wir uns auf der Driving Range einschlagen. Der Ballautomat an der Driving Range wird mit Jetons bedient, die wir für 2 € bekommen. Wir sollten lieber mit dem Auto dorthin fahren, es wäre weit. Das Schild „Golfschule“ – so habe ich es aus dem lettischen interpretiert – haben wir bei der Anfahrt gesehen. 50 m zurück und rechts abbiegen, und es geht noch kurviger auf einer schmalen Schotterstraße etwa 400 m durch den Wald.
Wir sind über unser kurzes Wohnmobil mal wieder froh. Die Kurven zur Driving Rangs sind ziemlich eng
Wie immer in Lettland auf einem Parkplatz ist eine Toilette und das Gebäude an der Driving Range ist einladend gestaltet. Der Ballautomat steht davor.
Nach dem starken Regen der letzten Tage ist der Parkplatz eher eine Seelandschaft. Nach der Driving Range ist ein überdachter Picknickplatz, der sicherlich schon so manche nette Zusammenkunft gesehen hatDie Driving Range ist sehr zweckmäßig und schön angelegt
Wir schlagen uns ein und fahren zurück zum Parkplatz des Clubhauses. Direkt daneben ist das Putting Green, wo wir testen, wie langsam oder schnell das Green ist.
An den Parkplatz anschließend ist direkt das PuttinggreenDas Pitching Green wird von einem Rasenmäherroboter bearbeitetWie ein kleiner Sportwagen saust der Rasenmäherroboter über das Grün der Pitchinganlage
Direkt neben dem Putting Green ist der Abschlag des ersten Lochs. Wir freuen uns, dass die Fairways so gut beschrieben sind. Immer wenn wir einen Platz zum ersten Mal spielen, ist es schwierig einzuschätzen, wie man ein Fairway spielen muss. Eine genaue Meterangabe zu Gräben, Bunkern, zu Doglegs oder Bunkern ist wirklich informativ.
Bernhard steht am ersten Abschlag. Die Fairwaytafeln sind vorbildlich gestaltet und informativ für Golfer, die zum ersten Mal diesen Platz spielen
Wir spielen die sehr gepflegten Fairways und freuen uns über die kleinen Details am „Fairwayrand“. Auch die Hinweise zum nächsten Tee finde ich ungeheuer nett gemacht.
Viele Holzbauwerke nur zum Anschauen sind auf dem Platz verteilt
Mit fällt auf, dass es bei jedem dritten Fairway eine Blitzschutzhütte gibt. Das ist mir bei den Golfplätzen in Deutschland, die ich bisher gespielt habe, so nicht aufgefallen. Wer in Deutschland von einem Gewitter überrascht wirst, hat meist sehr lange Wege. Wir erfreuen uns am nächsten Holzkunstwerk.
Holzkunst am Golfplatz – diesmal ein Storchennest – leider von Bällen ziemlich malträtiert
Die 25 ha große Anlage ist sehr gepflegt und es macht großen Spaß, die interessant gestalteten Greens zu spielen.
Die Grüns sind sehr gepflegt und recht schnell. Kleine „Unebenheiten“ im Grün machen das putten spannend
Es gibt auch einige Herausforderungen in Form von schmalen Fairways, Wassergräben und Roughs. Beim Loch 6 ist eine der Herausforderungen, das der Wald so nah steht, und das Fairway so schmal ist. Und der Damenabschlag ist auf einer „Insel“. Wir spielen beide erst mal in den Wald, schaffen es aber dann doch noch, das Dogleg auf dem Fairway zu spielen.
Mein Abschlag von einer Insel an Loch 6. Mein Ball ist – als Ball einer guten Ehefrau – Bernhards Ball in den Wald auf der rechten Fairwayseite gefolgt
Loch sechs geht ein wenig um die Kurve, durch den Wald – den wir natürlich mitbenutzen
Am Ende des Loches sechs, vor Abschlag sieben, gibt es einen Übergang zur Driving Range und eine „Rastmöglichkeit“ für Golfer. Vermutlich werden hier immer wieder Cateringangebote bei Turnieren gemacht?
Vor Abschlag sieben ist ein netter Sitzplatz mit Theke eingerichtet – leider heute nicht besetzt
Die letzten zwei Löcher sind auch interessant zu spielen und die letzte Fahne steht kurz vor der Terrasse des Restaurants „The Forest Café“. Seit einer Hochzeit am Tag vor unserer Anreise, hat das Loch neun eine interessante Installation.
Eine witzige Idee. Für die Zuschauer ist die Fahne von Loch 9 in einen Bilderrahmen gepackt
Das Clubhaus bietet einen Shop, gepflegte Duschen, sogar eine Sauna pro Umkleideraum und Toiletten. Die Lobby ist ansprechend gestaltet, man kann sich heimisch fühlen.
Die Lobby des Golfplatzes – sehr ansprechend eingerichtetDer Umkleideraum der Damen – stilvoll eingerichtet
Die Duschkabinen der Damen befinden sich direkt neben der Sauna
Die Damensauna, schön nach einer kühlen oder kalten Golfrunde
The Forest Café
Kristīne Lazdiņa und Andis Levītis, ein junges Paar mit einer sechsjährigen Tochter, haben erst vor einem halben Jahr das Restaurant im Clubhaus gepachtet. Laut eigener Aussage, wieder zum Leben erweckt. Sie haben zuvor elf Jahre in einem Restaurant in Rigas Altstadt gearbeitet. Mit einem neuen Namen, einem neuen Konzept, neuem Stil, neuem Menü, einem neuen Koch und Servicemitarbeitern möchten sie den Platz für weitere, neue Gäste interessant machen.
Ein Teil der Terrasse des „The Forest Cafe´s“ beim Golf Club Viesturi
Im kalten Winter Lettlands steht der Golfbetrieb bis Ende März still. Das Restaurant kann unterschiedlich bestuhlt werden und verfügt über verschiedene Räume. So startete das „The Forest Café“ mit Familienfeiern, Konferenzen und anderen Veranstaltungen. Anfang April wollte das Paar mit der Restauranteröffnung durchstarten. Allerdings fiel der Termin mit dem Beginn der Corona Vorsichtsmaßnahmen in Lettland zusammen. Da es in Lettland wesentlich weniger Infektionen gibt, verschob sich die Eröffnung nur bis in den Mai.
Öffnungszeiten und Kontaktdaten Das „The forest café” hat Montag bis Freitag von 11.00 bis 21.00 Uhr, Samstag von 11.00 bis 22.00 Uhr und Sonntag von 11.00 bis 20.00 Uhr geöffnet und ist unter der Telefonnummer +371 22 33 30 669 zu erreichen, http://www.golfsviesturi.lv/index.php/restorans
Ein Brotgruß aus der Küche – und weil gestern eine Hochzeit gefeiert wurde, auch noch ein schönes Blumenbouquet
Der Koch von Kristīne und Andis variiert neue lettische Küche mit internationalen Spezialitäten. Das italienische Gebäck, zu dem Pesto gereicht wird, schmeckt sehr lecker. Als Hauptspeise bestellt Bernhard Muscheln, ich Lachs.
Bernhard genießt Muscheln zum Mittagessen – sehr lecker angerichtetMein Gericht mit Lachs und Muscheln
Wir entscheiden, bis morgen zu bleiben und das Golfspielen auszukosten. Wir dürfen auf dem Parkplatz mit dem Wohnmobil stehenbleiben über Nacht. Es ist sehr ruhig und der Parkplatz an der Driving Range wäre noch ruhiger.
Bernhard spielt am Nachmittag eine zweite Runde Golf, ich nutze das WiFi um meinen Blog mit Beiträgen und Stellplätzen zu füllen.
Im Innenraum stehen die Blumen der Hochzeit noch zum Abholen bereitVor dem linken Terrassenteil stehen Liegestühle – ein Platz zum Wohlfühlen
Wir können den Golfplatz wärmstens empfehlen. Das Preis Leistungsverhältnis ist okay, die Lage wunderschön, die Fairways sehr gepflegt und das Restaurant lässt keine Wünsche offen.
Ich habe mir den Salat mit Burrata bestellt – sehr lecker angerichtet und zubereitet
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Riga, die Hauptstadt Lettlands wollten wir unbedingt besuchen. Riga hat eine lange, auch deutsche Geschichte. Die Hanse und die Gildemeister prägten frühere Zeiten, Richard Wagner komponierte hier anfänglich und Heinz Erhard wuchs hier auf. Wir sind gespannt auf eine alte und junge Stadt und ihre Gebäude.
Anreise nach Riga
Wir fahren nach dem Besuch beim Weingut Mazburkas über die A 10, P 101 und A 9 nach Riga. In Babites Novads machen wir noch einen Kaffeestop bei der Großbäckerei Laci. Hier wird das traditionelle Brot der Letten hergestellt und auch jede Menge süßes Gebäck.
Wir kaufen ein Roggenbrot und trinken Kaffee in der Bäckerei Laci
Dann passieren wir dass „Ortsschild“ von Riga und werden vom Navi gut zum Campingplatz am Yachthafen geleitet. Den regnerischen Nachmittag verbringe ich mit Schreiben und Bilder auswählen. Es regnet immer stärker, die ganze Nacht.
Na, wer nun nicht weiß, wo er ist….!
Am Morgen hat die Sonne fast alle Wolken weggeputzt und wir machen uns auf in die Stadt. Vom Campingplatz am Yachthafen fahren wir zur Tourist-Information am Schwarzhäupterhaus mit dem Fahrrad.
Aufzeichnung der Fahrradtour auf Komoot
Die Fahrradtour habe ich auf Komoot aufgezeichnet, so kannst Du sie einfach nachfahren.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.komoot.de zu laden.
Oder Du folgst mir und dieser Fahrradtour auf meinem Komoot-Account.
Das linke “Wellen”-Gebäude ist die Nationalbibliothek
Altstadt von Riga
Dieser Blogbeitrag wird mit seinen Bildern sprechen, denn ich bin über Riga zu wenig informiert, als dass ich Dir adäquat von dieser wunderbaren Stadt berichten könnte. Wie immer in Lettland sind viele gepflegte Parks und Grünflächen, diesmal in der Stadt eher weniger Radwege und viel Pflaster auf den Straßen. So versuche ich, Dir meinen Eindruck von einem Teil Rigas per Bildern zu zeigen. Ich fange in der Altstadt an, wo wir ab der Peterskirche um 10 Uhr eine kostenlose Stadtführung (auf Englisch) mitgemacht haben.
Die Schwarzhäupterhäuser wurden erst in den 2000er Jahren wieder errichtetDetails eines Stufengiebels am Schwarzhäupterhaus
Blick hinauf zur Turmspitze der Peterskirche
Der Kirchturm der Peterskirche ist interessant gebaut
Die Bremer Stadtmusikanten – schaurig schön
Bremen ist die Partnerstadt Lettlands – das war aber nur ein Grund für die Skulptur
Die Bordüren an diesem Haus haben es mir angetan
Im Haus ist das Rockcafé Rigas
Über der Tür einer ehemalige Kirche, die die Sowjetzeit überlebt hat und heute als Jugendzentrum der Kirchengemeinde genutzt wird, sind interessante Steinmetzarbeiten
Nur noch der Giebel steht – noch sind längst nicht alle Häuser in Rigas Altstadt renoviert oder instandgesetzt
Das Gürteltier läuft am Rigaer Dom die Treppe hinauf
Der Domturm in Riga hat einen goldenen Hahn obenauf
Diese Löwen schützen das Lettische ParlamentDas Schwedentor ist das einzige erhaltene Stadttor
Das Haus hat eine Hausnummer und die Tür hat weitere…
Die Katzen auf den Türmchen sind vom Erbauer zum Spott der Gildemitglieder auf die Türmchen gesetzt worden
Am Haus, in dem Richard Wagener lebte, ist dieses Detail zu finden
Ein interessant gestalteter Stufengiebel
Die Markthallen in Riga liegen hinter der Bahnlinie. Wir wollen nichts kaufen, aber schauen.
Ein großes Angebot an Fischen und Meerestieren wird in der Markthalle gebotenDie Gebäude der heutigen Markthallen wurden für die Zeppelinfertigung erbaut
Wir haben eine Adresse für ein Restaurant mit lettischen Speisen. Das stellt sich allerdings als Selbstbedienungskantine heraus. So radeln wir durch den Park Basteikans zum Freiheitsdenkmal und entdecken gleich rechts davor ein tolles Restaurant.
Das Freiheitsdenkmal steht im Kronvaldas Park
Das Restaurant Kolonade, direkt neben dem Freiheitsdenkmal, bietet Ruhe und sehr gutes Essen
Die Adresse lautet: Kolonade, Brīvības laukums 1, Riga, LV – 1050, Latvija, Tel. +371 266 088 82, www.kolonade.lv
Das Restaurant ist geschmackvoll eingerichtet und dekoriert
In Lettland gesponnene und gewebte Schafwolldecken dienen nicht nur der Dekoration
Bernhard stellt fest, dass ich immer das zum Gericht passende Oberteil anhabe
Auf „unserer Insel“, wo auch der Campingplatz liegt, ist in der Nähe der Brücke die Žanis-Lipke-Gedenkstätte. Žanis Lipke und seine Familien mochten Menschen. Egal wer sie waren, egal was sie machten, allein das sie Mensch waren respektierten sie. Die Familie versteckte im Zweiten Weltkrieg in einer Grube unter ihrer Scheune über 50 Juden vor dem Zugriff der Nazis. Die Gedenkstätte wurde 2009 eröffnet. Die Bauweise ist sehr interessant, denn der Gast bewegt sich fast Ausschließlich im Dunkeln, wo wie die versteckten Juden über Monate lebten.
Das Gebäude der Žanis-Lipke-Gedenkstätte ist aus Holz und hat nur an der Stirnseite GlasfensterDer Eingang in das Museum
Kalnciems-Viertel
In Pārdaugave, dem der Altstadt gegenüberliegenden Stadtteil auf der anderen Seite Seite der Daugava, ist das Kalnciems-Viertel. Hier stehen viele Holzhäuser, die die Holzarchitektur des 19. Jahrhunderts repräsentieren. Einige sind bereits restauriert, andere liegen noch im Dornröschenschlaf. Es gibt immer mehr Förderer, die die historische Atmosphäre des Viertels bewahren möchten. Wir entdecken eine Hof mit mehren Gebäuden, die einen Sportladen mit Werkstätten und Freizeitangebot beherbergen.
Im Hof des Sportgeschäfts Dabnīca sind Fahrradwerkzeuge für Kunden frei zugänglich. Bernhard nutzt die Gunst der Stunde, um sein Fahrrad aufzupumpen
Auf einer Wiese nebenbei ist ein Kletterturm
Lettische Schnitzkunst mal anders – Kunst beim Kletterturm
Eigentlich sind wir wegen der restaurierten Holzhäuser ins Kalnciems-Viertel gefahren. Musik und Essen verlocken uns zum AbendessenWein und Café – eine gute Zusammenstellung – aber auch die Bauart des Hauses gefällt mirBlick über den Zaun – noch ein schönes Haus
Jugendstil in Riga
Etwa ein Drittel des Stadtzentrums von Riga besteht aus Jugendstilhäusern. Wir konzentrieren uns auf die „Hauptstraßen“, die Umgebung der Alberta iela und der Elizabetes iela. Bernhard lässt sich irgendwann zu dem Ausruf verleiten: „Das ist ja schöner wie in Wien am Ring!“ Und das heißt ja was für einen Österreicher! Sehr viele Gebäude sind im August 2020 eingerüstet und werden restauriert. Wir haben das Glück, das einige ArbeiterInnen gerade vor einem beinahe fertigen Haus stehen und uns beim Fotografieren und staunen beobachten. Ein Arbeiter, der wohl Stuckarbeiten restauriert, winkt uns heran und führt uns in ein Treppenhaus. ER versteht weder Deutsch noch Englisch, aber alle Gesten zeigen, wie stolz er auf seine Arbeit ist. Wir loben ihn und die Arbeit seiner KollegInnen mit anderen Gesten, was ihn sichtlich freut.
Bordürenschmuck am Haus
Ein interessant gestalteter Giebel
… und dann der blaue Himmel dazu …
Bei einem in Renovierung begriffenen Haus führt uns ein Arbeiter ins Treppenhaus und zeigt uns stolz seine Arbeit und die seiner KollegInnen. Hier die Decke des Treppenhauses
Im ersten Stock des Treppenhauses vereinigen sich die Zugänge der zwei Eingangstüren zu einem großen RaumRenoviert in voller Pracht und unrenoviert im Dornröschenschlaf – die Restaurierung kostet Säulen, Türmchen, Stuck, Figuren und Schmiedeeisen – wunderbar kombiniert
Reich verzierte Eckbalkone
Das Haus wirkt nicht so prunkvoll und protzig und hat trotzdem wunderschöne DetailsDie Straße Alberta iela – geballter JugendstilEin wunderschönes blau, dass die weißen Verzierungen noch hervorhebtDer Bildausschnitt kommt mir beinahe maurisch vorAbsetzungen in Gold, Türme … einfach wunderschön
Allein das Eckzimmer im Giebel – welche Arbeit und Zierde für diesen Raum, der natürlich im Gesamtzusammenhang das Hauskunstwerk abrundet
In Lettland fahren in den größeren Städten Oberleitungsbusse. Die Oberleitung versorgt die Busse mit Strom. So fahren sie in der Stadt emissionsfrei
Wir fahren zurück zum Parkplatz und passieren noch einige interessante Dinge.
Die goldenen Kuppeln der Orthodoxen Geburtskathedrale. In der Sowjetzeit wurde die Kirche als Planetarium und Restaurant genutzt
Wir haben das Glück, in dieser Corona Zeit, in den Baltischen Staaten unterwegs zu sein. Hier gibt es nur wenige Fälle von Covid-19. Wir halten Abstand, versuchen, Menschenmengen aus dem Weg zu gehen, waschen Hände – nur Masken tragen wir keine, denn bei weinigen Menschen ist das nicht notwendig. Trotzdem die Pandemie in Lettland zwar Vorsichtsmaßnahmen erfordert, aber keinen Lockdown und obwohl es nur wenige schwerwiegende Krankheitsverläufe gibt, steht in Riga bereits ein Covis-19-Denkmal für die im medizinischen Bereich Tätigen.
In Riga steht bereits ein Covid-19 Denkmal – zu Ehren der Ärzte und des Pflegepersonals bei der Pandemie
Diese Tafel steht beim Covid-19-Denkmal
Riga ist eine unglaublich lebhafte Stadt, in der man Wochen mit Staunen verbringen kann. Wir haben, außer der Žanis-Lipke-Gedenkstätte, keine Museen besucht – obwohl die sicherlich auch sehenswert wären. Aber, wir kommen wieder!
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Beim Fruchtweinbauern Mārtiņš Sants haben wir eine Broschüre des lettischen Weinverband erhalten. Darin stellen sich einige Weinbaubetriebe in Lettland vor. Das es in Lettland nicht nur Obstweine gibt, sondern auch angenehm schmeckende Traubenweine, können wir bei einer Weinprobe im Winzerbetrieb Mazburkas feststellen.
Anfahrt zum Winzerbetrieb Mazburkas
Es regnet in Strömen und das soll bis morgen so bleiben. Da wir aber weiter wollen, nehmen wir uns die Region Vidzeme, die hochinteressante Städtchen hat, für das nächste Jahr vor. Wir suchen in der Broschüre, die wir vom Fruchtweinbauern Mārtiņš Sants erhalten haben, die Telefonnummer des Weinbaubetrieb Mazburkas heraus. Bevor wir in Roja bei strömendem Regen abfahren, ruft Bernhard dort an und fragt, ob wir für eine Weinprobe kommen dürfen. Ja, das ist machbar. Gunta schickt uns eine Anfahrtsbeschreibung per WhatsApp zu, denn Mazburkas sei schwer zu finden.
Wir fahren über die P 131 die Küste entlang nach Süden bis Turkums. In der Stadt fahren wir weiter in südliche Richtung auf die P 98. Kaum aus dem Städtchen heraus steht links ein hoher Sendemast. Beinahe gegenüber geht ein Weg rechts hinein, bei einem Schild mit der Aufschrift „Engures Novadas“. Dahinter rechts ein Gebäude mit der Werbung „Lady Pizza“. Diesem Weg folgen wir für 500 m. Ein Holzschild mit einem Bottich mit Weinreben leiten uns nach links in den Hof.
GPS und Kontaktdaten N 56.95815° E 23.17699° 56°56’53.3“ N 23°10’37.2“
Engures novads, Smārdes pagasts Telefon: +371 29 149 725, E-Mail: ciferite@inbox.lv, eine Website gibt es noch nicht
Ein kleines Holzhaus steht rechts, eine Scheune links, mit offenem Scheunentor, durch das wir eintreten.
Am Eingang der neuen Probierscheune werden wir mit dem Namensschild begrüßt
Gunta Niedra begrüßt uns in der neuerbauten Scheune. Später erzählt sie, dass die Weinproben bis Anfang 2019 unter aufgespannten Sonnenschirmen im Freien stattgefunden hätten. Freunde, die sie besuchten, hätten sie auf die Idee mit der Scheune gebracht. Viele Bekannte haben mit geplant und mitgeholfen und in wenigen Wochen war die Probierscheune erstellt, Eine Glasfront nach Südwesten, ansonsten rohe Bretter. Gunta hat sie zweckmäßig und liebevoll eingerichtet und dekoriert. Ich fühle mich herzlich willkommen beim Eintreten. Auf einer Leinwand laufen Bilder des Weinbaubetriebs zu allen Jahreszeiten. Bei einem einmaligen Besuch – noch dazu an einem so regnerischen Tag – bekommt der Gast ansonsten nur eine Momentaufnahme des Geschehens.
Die neu errichtete Scheune ist liebevoll eingerichtet und dekoriert
Wein und Schafe
Gunta hat die Weinprobe vorbereitet. Die Flaschen, deren Wein wir kosten werden, stehen hinter kleinen Karaffen, davor die Weingläser. Sie produziert auch Traubensaft, der in pinkfarbenen Fruchtsaftkartons verkauft wird. Ein Tellerchen mit Käse, Johannis- und Heidelbeeren steht ebenfalls bereit.
Liebevoll hat Gunta die Weinprobe nach unserem Anruf vorbereitet
Gunta hat das Grundstück von ihrer Großmutter vor 15 Jahren überschrieben bekommen. Bereits seit über 200 Jahren wohnt die Familie darauf. Die Ursprungsfamilie hat für das naheliegende Herrenhaus „Bergas“ gearbeitet. Die Musiklehrerin und ihr ebenfalls als Lehrer tätiger Mann überlegten, was sie mit dem Grund anfangen sollten. Gunta liebt Schafe, so war die Entscheidung schnell getroffen. Die Großmutter unterstützte den Plan, denn früher wurden immer schon Schafe gehalten. An einem Sommertag, als die ersten Schafe über die sanft gewellte Landschaft liefen, erinnerte der Anblick Gunta an Landschaften, in denen Weinanbau betrieben wird. So reifte der Plan, es auch damit zu versuchen.
Wein und Schafe – das sind die Erwerbsgrundlagen für Mazburkas – und beides geht eine interessante Symbiose ein
Sie unternahm Weinreisen, auch nach Deutschland und erzählte von ihrem Plan. Ein Deutscher Winzer gab ihr Dornfelder, Spätburgunder und Müller-Thurgau aufgepfropft mit. Davon ist heute noch der Dornfelder übrig. Von anfänglich 60 !! Sorten, sind mittlerweile noch 30 zum Experimentieren übrig. Darunter nur uns völlig unbekannte Sorten, wie Superga, Gina, Silva, Litonia und Vorduve. Die Reben kommen heute aus Lettland und Litauen. Teilweise züchtet Gunta sie selbst heran.
Gunta züchtet die Weinreben mittlerweile selbst. In kleinen Töpfchen, geschützt vom Haus
Das lettische Klima hat ungeheuer kalte Winter, in denen es bis minus 25° werden kann. Das müssen die Weinstöcke auch vertragen können.
Das Foto habe ich von der Leinwand abfotografiert – die Weinberge im Schnee
Die Vegetationszeit ist kürzer als z.B. in der Pfalz. So blüht der Wein später und die Weinlese findet erst gegen Ende September statt. Ihre 4 ha bewirtschaftet sie zusammen mit ihrem Mann. Die zwei erwachsenen Kinder unterstützen Gunta in arbeitsfreien Zeiten nicht nur praktisch, sondern auch mit vielen Ideen, z.B. im Marketing. Momentan werden Ideen für eine Website gesammelt.
Weinprobe
Wir probieren den ersten Wein, der ungeheuer fruchtig riecht, aber leicht schmeckt. Eine angenehme Säure, ein frischer Wein.
Supagas Baltvins sauss steht auf dem ersten Etikett unserer Weinprobe
Von diesem Wein habe ich mir die Rebe nicht gemerkt, nur, dass es eine lettische Rebe ist. Der zweite Wein riecht weniger fruchtig, schmeckt aber fruchtiger als der erste.
Varduves Baltvins sauss steht auf dem zweiten Etikett unserer Weinprobe
Dieser Wein ist aus der Traube Litonia, einer späten, süßen, schweren Sorte erzeugt. Die Traube wachse sehr kompakt, die Eimer seien bei der Lese viel schwerer, als bei anderen Sorten, erklärt Gunta.
An der Farbgebung des Rosé ist Gunta noch am Experimentieren. Sie probiert aus, wie lange der Saft auf der Maische liegen muss. Sie ist mit der Farbe noch nicht ganz zufrieden, bemerkt sie. Die Weine werden ökologisch erzeugt, ohne jegliche Chemie im Anbau und in der Weiterverarbeitung.
Gunas rozā vīns sauss steht auf dem Etikett der Roséflasche
Der Rotwein ist ein Cuvé aus drei verschiedenen Sorten. Der schmeckt mir total lecker. Die Farbe ist tiefweinrot, geht fast in Richtung Cassisfarbe. Ein leichter, fruchtiger Rotwein, der trotzdem ein gewisses Etwas hat.
Sarkansvins Sauss lautet das Etikett
An meinen Beschreibungen merkst Du sicherlich, dass ich gerne Wein trinke, aber keine Weinverkosterin bin, die alle möglichen Geschmacksrichtungen eines Weines beschreiben kann. Mich interessiert noch, was Gunta mit den Schafen macht. Ich frage, ob sie die Wolle an Spinnereien verkauft. Die Rassen Cherolet und Oxfortdown, die sie auf dem Gut haben, dienen der Fleisch- und weniger der Wollerzeugung. Sie schlachten selbst und verkaufen das Schaffleisch vor Ort, ebenso wie die selbst hergestellte Wurst. Leider können wir diese heute nicht probieren, denn nach der letzten Weinmesse, wurde noch nicht wieder geschlachtet. Die Rückenwolle wird an einen Dämmstoffhändler verkauft, denn ökologisches Dämmen funktioniert heute auch mit Schafwolle. Die minderwertige, sehr kurzhaarige Wolle von Bauch und Beinen wird mit den gehäckselten Rebenabschnitten im Herbst untergepflügt. Die Wolle im Boden lockert diesen auf und lässt mehr Feuchtigkeit eindringen und Luft an die Wurzeln. Mittlerweile habe ich den Traubensaft probiert, der mir sehr gut schmeckt.
Jeder Traubensaftkarton hat einen Erklärungen-Aufdruck mit einem tollen Hintergrundfoto
Der Traubensaft ist naturtrüb
Während Gunta mir Antworten auf meine Fragen zu den Schafen gibt, hat Bernhard mit Einverständnis von Gunta eine neue Art der Weinprobe entdeckt.
Bernhard prüft, ob die Weinprobe im Liegen bequem ist – als eventuelle Empfehlung für unsere Pfälzer Winzer
Das Bett hat sie im alten Haus der Großmutter gefunden und zur Dekoration in der neuen Probierstube genutzt. Auch der Spiegel, der an der Wand beim Bett hängt, ist eine Fundsache. Eher die Materialien davon, aber das Ergebnis ist sehr schön.
Ich finde den Spiegel ungeheuer dekorativ – erst recht wenn sich Gunta Niedra darin spiegelt
Die Verkaufsecke ist noch recht klein, denn Flaschenwein wurde in den letzten Jahren noch nicht so viel produziert. Er reichte nur für den Eigenverbrauch und gute Freunde.
Die Verkaufsecke ist derzeit noch recht klein gehalten
Gunta hat sich weitergebildet und mittlerweile nimmt sie auch mit ihren Weinen an Weinprämierungen teil.
Die ältesten Prämierungen des hergestellten Weins sind von 2017 Die Urkunden und Diplome hängen über der Verkaufsecke
Für je 13 € pro Flasche verkauft Gunta ihren Wein. Wir nehmen von den probierten Sorten jeweils zwei Flaschen mit, vom Rotwein sogar drei. Ich bin mal gespannt, ob die Flaschen es bis in die Pfalz schaffen?
Beim Abschied führt uns Gunta ein wenig herum. Dabei erzählt sie, dass die Enkeltochter des Gutsherren von „Bergas“ die Großmutter mal besuchte. Und als sie sah, dass Gunta Wein anbaut hat sie erstaunt ausgerufen: „Das wollte der Großvater immer machen. Hier an diesen Hügeln Wein anbauen.“ So fühlte sich Gunta nochmals bestärkt, denn sie hat irgendwie eine alte Idee aufgegriffen.
Im neuen Haus, dass mittlerweile auch renoviert wird, wohnt die GroßmutterNoch wird die Toilette wie in alten Zeiten genutzt, wenn auch das Häuschen neu istDas Waschbecken ist ein echter Hingucker
Wir verabschieden uns herzlich von Gunta. Wir hatten einem hochinteressanten Vormittag, nicht nur wegen des Weins. Ganz sicherlich werden wir im nächsten Jahr wiederkommen. Dann dürfen wir sogar mit dem Wohnmobil über Nacht am Weingut stehen bleiben. Heute fahren wir weiter nach Riga zum Yachthafen zum Übernachten.
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Das Kap Kolka liegt in Lettlands Westen, am Übergang von Ostsee in Rigaer Bucht. Fast der gesamte Wasseraustausch zwischen Rigaer Bucht und Ostsee findet über die Meerenge dort statt. Die Strömung ist so stark, das Schwimmen untersagt ist. Unverständlich sind die Parkgebühren am Informationszentrum.
Parken am Kap Kolka
Wir fahren über die Straße P 124 bis zum letzten Kreisel vor dem Kap Kolka. Der ist einfach zu erkennen.
Die Fische erinnern mich an unseren Nachbarort, Kleinfischlingen
Ich habe mich über die Fische auf dem Kreisel sehr gefreut, denn in unserer Heimatnachbargemeinde Kleinfischlingen stehen im ganzen Ort bunte Holzfische als Dorfdekoration herum. Auf diesem Kreisel sollen sie jedoch nur darauf hindeuten, dass der Ort Kolka seit Alters her ein Fischerdorf war und ist.
Wir entschließen uns geradeaus zu fahren, zum Infozentrum am Kap Kolka. Ein junger Mann, der auf einem Stuhl unter einem Sonnenschirm sitzt, hält uns an. Er überreicht Bernhard einen selbstgestrickten kleinen Zettel mit einem Stempel und der Uhrzeit, die wir aktuell haben. Wir sollen unser Auto parken und bevor wir fahren, im Infozentrum pro angefangener Parkstunde 3 € zahlen. Wir überlegen: wenn wir nun die Wanderung machen, ggf. den Leuchtturm anschauen und uns eventuell verweilen wollen, dann ist das schlicht sehr teuer. Vom Kreisel ging es doch noch zu einem anderen Parkplatz? Wir wollen erst dort schauen, welcher Preis dort verlangt wird fürs Parken. Wir drehen eine (kostenlose) Runde über den Platz und geben dem jungen Mann den Zettel zurück.
Die Parkgebühren für den Parkplatz am Infozentrum
Wir fahren 150 m zum Kreisel mit den Fischen zurück und 170 m zum anderen Parkplatz und der kostet nichts! Die Parkscheibe muss eingelegt werden und damit darf man 24 Stunden stehen. Selbst eine Übernachtung mit dem Wohnmobil wäre kein Problem!
Dieser Parkplatz ist kostenfrei – Blick von Aussichtsturm
Wir ziehen unsere Laufschuhe an und verlassen den Parkplatz in entgegengesetzter Richtung zum Aussichtsturm. Dort beginnt der Pine-Trail mit einer Erklärungstafel.
Am Parkplatz ist immer eine Toilette in Lettland. Hier am Beginn des Pine-Trails
Aufzeichnung der Wanderung auf Komoot
Die Wanderung habe ich auf Komoot aufgezeichnet, so kannst Du sie einfach nachwandern.
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Wanderung auf dem Nadelbaumweg „Pine-Trail“
Der Weg ist etwa 1,2 km lang und führt in Kurven durch den Nadelwald. Wir wandern immer wieder bergauf und bergab, so wie die Dünen gestaltet sind.
Auch am Kap Kolka hängt der Wald voller reifer Heidelbeeren. Hier finden wir auch unsere ersten Pfifferlinge im Wald (statt auf dem Markt)
Wir wandern auch über die älteste Düne, die von den Nadelbäumen, überwiegend Kiefern, gehalten und befestigt wird. Der Sand hat manche Stämme der hunderte Jahre alten Kiefern bereits über zwei Meter mit Sand bedeckt. Auf dem mageren Boden können nur besondere Arten gedeihen. Unter anderem wächst hier die in Europa sehr seltene Sandnelke (Dianthus arenarius). Zwischen dem Wald und dem Meer liegen Vordünen. Die Dünen direkt am Meer sind den starken Ostseewinden ausgesetzt und verändern sich ständig.
Nach einigem Bergauf, Bergab mündet der Waldweg in einer Plattform mit Aussicht auf die Ostsee
Wer möchte, könnte nun direkt an den Strand gehen, der Pine Trail geht im Wald noch etwas weiter.
Gerne hätte ich die Zeder über ihre Geschichte interviewt. Leider verstehe ich kein „Zederisch“
Der „Elchbart“ am Zedernast verrät, dass es hier hin und wieder ziemlich feucht ist
Es ist erst Anfang August und die Heide blüht am Kap Kolka
Beinahe am Ende des Pine Trails im Wald wird auf einer großen Tafel die geologische Bedeutung des Küstenwalds erklärt
Hier am Kap Kolka befinden wir uns mittlerweile im Slītere Nationalpark. Die Küstenlinie dieses Nationalparks ist eine der jüngsten geologischen Formationen in Lettland. Der Untergrund der Ostsee und des Küstenstreifens an dieser Stelle (Litorina), hat eine sehr magere, sandige Erde. Die Neuanpflanzung von Kiefernwälder zum Schutz und als Barriere zwischen Ostsee, deren Winden und bewirtschaftetem Land, begann erst kurz vor dem ersten Weltkrieg. 1930 noch wurden 11,5 ha Sand als Dünen jährlich verweht, von den 142 ha, die das heutige Schutzgebiet umfasst. Durch die kontinuierliche Aufforstung, gibt es heute keine Wanderdünen im Naturpark mehr. Die Küstenwälder schützen seit Alters her die Landschaft im Hinterland. Das Abholzen der Küstenbäume war 1643 bereits vom Herzog von Kurland verboten worden. Aber Siedlungsbau und Waldbrände hatte große Lücken im Küstenwald hinterlassen. Durch die kontinuierliche Aufforstung ist das Hinterland mittlerweile von den Unbilden der Ostsee und deren Winde wieder gut geschützt und Landverluste durch Verwehung gibt es keine mehr.
Kap Kolka
Schon kurz nach der Tafel erreichen wir den Strand und folgen ihm nach Norden, zum Kap.
An der zweiten Plattform führt der Pine-Trail an den StrandDie Treibgutbaumwurzel ist ein recht bequemer Strandsitz
Kurz vor dem Kap stehen im Wald interessante Gästebehausungen. Die würde ich gerne mal ausprobieren. Na, vielleicht im nächsten Jahr, trotz Wohnmobil mal „fremdschlafen“.
Rechts sind „Gästetonnen“, deren der Ostsee zugewandte runde Seite aus Glas besteht Rechts sind „Gästetonnen“, deren der Ostsee zugewandte runde Seite aus Glas besteht Ob bei Sonne, bei stürmischer See oder bei Nacht – die Aussicht im Bett ist sicherlich phänomenal
Ja, und schon sind wir am Kap. Hier endet für uns erst mal die Ostsee, denn wir fahren an den Wassern der Rigaer Bucht weiter. Erst auf den Estnisschen Inseln werden wir wieder an der Ostsee sein.
Kap Kolka ist heutzutage eine mit Beton unterfütterte Felsenansammlung. Die Ostsee -links- vereinigt sich hier mit dem Wasser der Rigaer BuchtReisepunsch.de hat das Kap Kolka in Form von meiner Person „erklommen“Am Strand der Rigaer Bucht am Kap Kolka liegen wieder schwarze Haufen der stinkenden Algen
Der Strand von der Ostsee – weiß, mit Muscheln und Steinen, aber sauber und dem der Rigaer Bucht – schwarze stinkende Algen und jede Menge Treibgut, ist frappierend. Ich vermute, dass die Strömungen für den Unterschied verantwortlich sind.
Diese Tafel ist beeindruckend. Wie doch die Ostsee und der Wind die Lage des Kap Kolka verändern
Auf der Tafel, die die Veränderung des Kaps erklärt, ist auch der Warnhinweis für Schwimmer. Ich kann mir denken, dass ein kleiner Mensch gegen diese Strömungen machtlos ist, wenn selbst das Kap sich nicht an einer Stelle behaupten kann
Wir passieren auf dem Weg zum Infozentrum einen Pfosten. Kann es sein, dass die Letten bereits 1836 wussten, in welchen Staatsgrenzen sie ihr Land in die Selbstbestimmung führen wollten?
Die Umrisse Lettlands mit der Zahl 1836 – der Stein an der Kette – mir ist die Bedeutung nur andeutungsweise bewusst
Die Rückseite des Gedenkpfostens
Etwas später kommt eine Interessante Bronzetafel, die meine geografischen Kenntnisse prüft.
Kap Kolka ist der Geografische Mittelpunkt Europas – wenn Europa bis zum Ural gerechnet wird
Bis wohin geht Europa? Bis zum Ural? Diese Frage hat mich schon bei der Elbrus Besteigung umgetrieben. Der Elbrus gehört ja zu den Seven Summits. Ist also einer der sieben höchsten Gipfeln auf den sieben Kontinenten. Somit ist der Mont Blanc als höchster Berg Europas „raus“, was wiederum die Schweizer ärgert. Und somit ist Kap Kolka in Lettland der geografische Mittelpunkt Europas. Beim Weiterwandern trennt ein Tor den Weg vom Strand – ich kann leider nicht herausfinden, ob es neu oder alt ist.
Das Tor sieht sehr archaisch aus
Den Weg hinauf passieren wir den Parkplatz des Infozentrums, der so teure Parkgebühren hat. Neben einer Picknickbank stehen einige Infotafeln über die Gegend.
Die Infotafeln über die Umgebung sind Wettergeschützt
Nun bin ich gespannt auf das Infozentrum. Neben einer öffentlichen Toilette gibt es Prospekte, Souvenirs und Kleinigkeiten zu essen und trinken. Was den hohen Parkplatzpreis rechtfertigt, erschließt sich mir nicht. So wandern wir auf eigene Faust durch den Wald zum Aussichtsturm. Hier finden wir unsere ersten Pfifferlinge im Wald. Bisher haben wir sie immer nur auf dem Markt gefunden. Für einen Frühstückstoast mit Ei und Pfifferlingen reicht die Menge. Der Aussichtsturm ist ziemlich hoch und bietet Aussicht über den endlosen Küstenwald und die Ostsee.
Der Aussichtsturm ist aus Holz, die Stufen aus Metallgitter
Zurück am Parkplatz und Wohnmobil entdecke ich den Müllcontainer, den ich mit unseren gesammelten Recyclingsbehältern gleich fülle.
Am Parkplatz beim Kap Kolka steht dieser Container für die Mülltrennung. Das finde ich eine gute Variante. Der neue Container kann als Ganzes abgestellt werden und der „gefüllte“ geht als Ganzes zur Entsorgung
Eine interessante Stelle und eine wunderschöne kurze Wanderung, die auch Kindern Spaß machen wird.
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Der Slītere Nationalpark ist der kleinste der vier lettischen Nationalparks. Er liegt im Nordwestlichen Teil der Region Kurteme. Viele Naturwanderwege an verschiedenen Stellen des Parks zeigen den Besuchern die Besonderheit dieser Landschaft, die sehr unterschiedlich ist. Wir haben uns den Pēterezeru dabas taka ausgewählt.
Anfahrt zur Wanderung am Peter-See
Wir fahren vom Campingplatz in Miķeļtornis über die P 124 nach Norden bis zum Abzweig der P 126 und folgen dieser nach Südwesten in Richtung Dundaga. Bereits nach etwa 5 km weist ein braunes Touristikschild zum Pēterezeru dabas taka. Wir parken unser Wohnmobil. Auch hier wäre es kein Problem mit dem Wohnmobil über Nacht stehen zu bleiben.
Am Parkplatz ist eine große Tafel aufgestellt, die über alle Wanderwege im Slītere Nationalpark informiert. Uns interessiert die des heutigen „Pēterezers Nature Trails“. Ein QR-Code auf der Tafel leitet zu einer Webseite, die weitere Informationen gibt.
Die Informationstafel erklärt nicht nur den Wanderweg, sondern auch Hintergründe
Aufzeichnung der Wanderung auf Komoot
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Einmalige Dünenlandschaft in Europa
Ein schöner Waldweg führt in den Wald, Schilder hängen an den Bäumen.
Diese Holzschilder markieren den Beginn des Wanderwegs
Am Anfang führt der Wanderweg parallel zur Straße. Der Weg ist recht eben, denn er verläuft auf der ehemaligen Trasse der „Gauge“-Bahn. Die Schmalspurbahn mit einer Spurbreite von 60 cm wurde während des ersten Weltkrieges im Bezirk Kurzeme gebaut. Die Deutsche Armee nutzte sie für Holztransporte. Ab den 1920er Jahren wurde die Trasse auch für den Personen- und Güterverkehr genutzt und stolz „Kurzeme-Express“ genannt. Die Fahrtzeit für die 70 km Strecke von Mazirbe bis Ventspils betrug sechs Stunden. Ein anderer Strang verband Mazirbe mit Dundaga. 1962 wurde der Eisenbahnverkehr eingestellt.
Die Landschaft durch die wir wandern, hat sich vor etwa 6000 Jahren gebildet und ist einzigartig in Europa. Der „Petersee“ und der „Ententeich“ sind Überbleibsel der sich zurückziehenden Ostsee. Die Abfolge von Dünen und Tälern, Viga genannt, ist die einzige im Slītere Naturpark. In der Viga von Pēterezers leben Pflanzen und Tiere, die auf der roten Liste der bedrohten Arten stehen. Hier ist z.B. der Teichfrosch Rana esculenta zu finden, vermutlich eine Kreuzung von Seefrosch und Wasserfrosch. Verschiedene Orchideenarten sind hier heimisch. Das diese Arten hier vorkommen, zeugt von einer hohen Umweltqualität.
Die Blüte erinnern mich an eine Distel, aber das Blatt am Stängel nicht
Auch diese Blüte erfreut mich, obwohl ich den Namen nicht kenne
Nicht nur dem Schmetterling schmeckt der Nektar, auch zwei Käfer auf der anderen Blüte stärken sich
Während unserer Wanderung ändert sich die Waldlandschaft ständig, in Unterbewuchs und Landschaftsform. Die Wanderung ist zwar kurz, nur 3,5 km, aber hochinteressant.
Die Dünen sind als sanfte Wellen im Wald wahrnehmbar
Kurz danach werden die „Berge“ höher, die Dünen steiler. Wurzeltreppen erleichtern das Vorwärtskommen, aber manchmal ist der Weg recht steil und, nach dem Regen der letzten Tage, auch glitschig. In den „Tälern“ kann sich Wasser sammeln und bildet andere Biotope als die bisher gesehenen.
Die Farne erinnern an Urwald. Sie und der Bohlenweg deuten auf hohe Feuchtigkeit hinIch würde sagen, dass die feuchte Stelle von Schachtelhalm erobert worden ist oder irre ich?
Nach kurzer Weiterwanderung immer steiler bergauf, erreichen wir die höchsten Dünen.
Die Dünen werden durch die Holztreppen geschützt, die viele Wanderer sonst zerstören würden
Nach der Düne ist der Wald wieder anders geartet, denn er nähert sich nun allmählich dem See.
Der Pfad ist schmal, weich und wunderschön zu gehenHier sieht der Waldboden wieder ganz anders aus
Dann passieren wir wieder eine sumpfige Stelle.
Feuchte Stellen werden von Holzstegen überspannt
Immer weiter geht es bergab und wir kommen an den Piļu Diķis, den Ententeich.
Der dunkle See wird Ententeich genannt – auch wenn wir keine Enten sehen
Nun geht es auf einem Bohlenweg weiter durch die Sumpflandschaft, die sich zwischen den beiden Seen gebildet hat. Genau diese Stelle ist so ganz und gar besonders für Amphibien und Pflanzen. Leider kenne ich mich zu wenig damit aus. Aber erfreuen kann ich mich an dem unterschiedlichen Bewuchs.
Der Bohlenweg führt uns lange am Seeufer entlang. So können die Sumpfpflanzen aus der Nähe betrachtet werdenDiese Beeren wachsen im Sumpf beim Petersee – auch die kenne ich nicht
Der erste Anblick des Petersees ist wunderschön, allein wegen des Bäumchens davor.
Der Blick öffnet sich zum Peter-See Der Petersee liegt heute sehr still da – Libellen sausen herum, fast zu schnell fürs Auge und erst recht zu schnell zum Fotografieren
Die Libellen schwirren nur so herum, über den See, durch das Schilf, hin und her in einer ziemlich hohen Geschwindigkeit. Ich bewundere die Naturfotografen, die diesen Insekten mit einer Filmkamera zu folgen vermögen. Aber auch wir haben Glück.
Eine Libelle hat sich doch mal hingesetzt für das FotoshootingEine rötliche Libelle möchte nun auch fotografiert werden
Wir verweilen uns noch am See bevor wir weiterwandern.
Nach dem See wird über eine Treppe wieder eine Düne erklommen
Immer wieder nehmen wir irgendwo eine Handvoll Heidelbeeren, die mit ihrer blauen Farbe nur so locken. Für professionelle Beerenpflücker ist dieser Wald tabu, ich hoffe, dass eine Handvoll erlaubt ist.
Wir wandern durch den wunderschönen Beerenwald
Der Weg geht nun über sanftere Wellen weiter. Und nun gesellen sich auch Preiselbeeren zum Beerengesträuch dazu. Die herumliegenden hellen Birkenäste, das Weißmoos und das leuchtende rot der Beeren bildet eine wunderschöne Farbkombination.
Die Preiselbeeren sind an manchen Stellen schon reif
Wir werden von den kleinen Pfaden wieder auf einen breiteren Weg geleitet, der uns bald zurück zum Parkplatz führt. Diese Wanderung hat großen Spaß gemacht, denn die Landschaft ist voller Überraschungen, wenn man die Augen offenhält.
Der Wanderweg am Petersee ist wunderschön angelegt
Wir fahren weiter zum Kap Kolka, dem nördlichsten Punkt in Kurzeme und dem Zusammenfluss von Ostsee und Rigaer Bucht.
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An der Mündung des Flusses Venta liegt die Stadt Ventspils. In den Jahren nach der Unabhängigkeit hat diese großzügige Parkanlagen geschaffen. Kunst und Kultur wird ebenso gefördert, wie die Ansiedlung innovativer Unternehmen. Freizeit- und Sportanlagen und Spielmöglichkeiten für Kinder wechseln sich in großer Anzahl ab.
Ventspils
Der Name Ventspils hört sich für deutsche Ohren – hauptsächlich, wenn deutsche Zungen ihn aussprechen – komisch an. Aber er bedeutet wohl nur: „Mündung der Venta“. Ich persönlich war von dieser Stadt ungeheuer begeistert. Sie ist sehr großzügig und weitläufig angelegt. Breite Straßen, sehr oft mit ebenen Fahrradwegen und breiten Gehwegen. Sehr viele innerstädtische Parks, alle gepflegt, mit bunten Blumenarrangements, Springbrunnen, Kunstwerken und Blumenskulpturen. Künstliche Wasserläufe, ein großer Stadtpark südlich der Stadt und überall Anlagen für Kinder zum Spielen. Hier mal ein Spielplatz, da unvermittelt paar Trampoline, dort eine Skulptur, die zum Klettern animiert und sogar eine ganzer Park nur für Kinder, Kinderstädtchen genannt. Egal wo wir hinschauten, kein Müll, keine „verwahrloste“ öffentliche Ecke – alles immer ein angenehmer Anblick.
Auch in dieser Stadt sind noch einige alte Häuser zu restaurieren, aber der überwiegende Teil ist bereits instand gesetzt. Ventspils hat eine andere Vergangenheit, als die vom sowjetischen Militär besetzte Stadt Liepāja. Hier in Ventspils konnten die Letten anscheinend mehr ihr Leben gestalten. Die Stadtoberen haben es sich in den letzten Jahren zur Aufgabe gemacht, die Stadt attraktiv für junge Leute zu machen. Sie wirbt dafür, sich mit innovativen Unternehmen in der Stadt niederzulassen und bietet dafür Lebensqualität. Um Dir diese Stadt in allen Details zu beschreiben, alle Besonderheiten zu erklären, müsste ich selbst mehrere Wochen dort geblieben sein – oder sogar dorthin umziehen. Lohnen würde es sich auf jeden Fall.
Kühe in Ventspils
Auf dem Campingplatz hinter der Rezeption steht die erste Kuh der „Kuhparade“ die wir von nahem in Ventspils sehen. 2002 und 2012 wurden Kunst- und Förderprojekte zum Thema „Kuh“ durchgeführt. Als Ergebnis finden sich 27 verschiedene Kühe im Stadtbild.
Wer sagt denn, dass es nur Stretch-Limousinen geben kann?
Nachdem wir unser Wohnmobil auf dem Campingplatz abgestellt haben, wollen wir kurz die Stadt erkunden. Wir fahren den Hinterausgang des Campingplatzes hinaus und sind gleich im ersten Park. Die Besonderheit hier sind die Anker, die im ganzen Park verteilt sind.
Im Strandpark ist eine Anker“ausstellung“ untergebracht, das ist einer der Kleineren
Außerdem gibt es ab dem Küstenfreilichtmuseum direkt neben dem Campingplatz, eine Schmalspurbahn, die entweder durch den Stadtpark oder bis zum Freizeitpark beim Skihügel – ja richtig gelesen, beim Skihügel fährt. Der ist künstlich aufgeschüttet und bietet im Winter eine 100 m Abfahrt an, mit Schlepplift, Skilehrern usw. Wir aber radeln weiter und kommen an einem Seerosenteich vorbei, mit verschiedenfarbigen Seerosen.
Trotz Wind und Regen schauen einige Blüten der Seerosen
Zum Strand geht es, wie wir das mittlerweile von Lettland kennen, über eine hölzernen Bohlensteg. Heute ist er mit viele Sand bedeckt, der durch den starken Wind verweht wird.
Heute kann ich mal meine Regenjacke ausführen und versuchen, am Strand zu radeln. Fahrradständer am Strand sind in Lettland obligatorisch
Selbst die Strandschaukel ist vom Sand belagert und bald eingeweht.
Welch ein schöner Platz bei weniger Wind und Regen
Erst im letzten Jahr wurde auf einer Plattform auf den Dünen ein Umriss von Lettland als neuestes Kunstwerk aufgestellt.
Die Umrisse von Lettland vor der stürmischen Ostsee
Wir radeln hinter den Dünen weiter Richtung Hafen, an dem wir von einer Kuh begrüßt werden. Die hats praktisch beim Reisen, ist sie doch selbst ein Koffer.
Die Reise- oder Kofferkuh steht am Hafen von Ventspils
Die künstlerische Weiterverwertung von ausrangierten Bojen finden wir noch an weiteren Orten. Hier in Ventspils sind die Bojen am Hafen aufgestellt.
Bojenversammlung am Hafen
Es wird immer ungemütlicher und wir fahren zurück zum Campingplatz. Ich muss trotz Regen aber doch noch stehenbleiben, um die heutige (31.07.2020) Temperatur zu dokumentieren.
In der Pfalz sind es weit über 30° – wir haben das richtige Reiseziel gewählt – obwohl, über 20° dürfte es schon sein!
Den Rest des Tages und den nächsten Tag arbeite ich an Blogartikel und bleibe auf dem Campingplatz. Die Sonne scheint und Bernhard macht Besorgungen.
Einkaufen und Kultur
Bernhard ist fest entschlossen einen Teil des Tages am Strand zu verbringen. Vielleicht findet er ja doch Bernstein? Ich bin erstaunt, dass er bereits nach zwei Stunden zurück kommt.
Der Sonnenschein trügt, denn es geht noch ein kühler Wind. Mal wieder ist der Strand in Lettland wenig besucht
Er macht mit dem Fahrrad eine Einkaufstour in die Stadt und entdeckt weitere Hingucker für die Bürger in einem Park.
Fast könnte man einen Ottifanten sehen… ein wieder anderer Park mit Kunstwerken und schönen Blumenarrangements
In diesem Park ist auch dieser Brunnen, der den Namen Sonnenboote trägt. Im Wassernebel fällt die Bootsform der einzelnen Elemente nicht so gut auf
Außer dem Einkauf auf dem Markt in der Nähe des Rathausplatzes hat Bernhard für uns Konzertkarten für den morgigen Samstagabend gekauft. Die Konzerthalle in Ventspils ist nach nur zwei Jahren Bauzeit im Sommer 2019 eröffnet worden. Sie hat das weltweit größte senkrechte Konzertklavier, mit einer Höhe von 4,7 m. Die wurde von dem Deutsch-Letten David Klavins erdacht und gebaut. Die manuelle Konzertorgel mit 3500 Orgelpfeifen ist von der deutschen Orgelbaufirma „Johann Klais Orgelbau GmbH & Co. KG“ erbaut worden. Ein besonderes Haus mit besonderen Musikinstrumenten, ich bin sehr gespannt.
Bernhard hat uns zwei Karten für ein Klavierkonzert gekauft
Lebensqualität am Strand
Der Samstag ist ein wunderschöner Sommertag. Es ist sogar warm, denn der Wind ist endlich weg. So gehen wir bereits vor dem Frühstück an die Ostsee zum Schwimmen. Vorbei an der Ankerparade im Park, über die Gleise der Schmalspurbahn, am Seerosenteich vorbei und über den langen Bohlenweg zum Strand. Am Beginn des Bohlenwegs fährt gerade ein städtischer Mitarbeiter weg. Auf einem Bobcat mit Besenrolle davor und im hinteren Korb Schaufeln und kleine Besen. Er hat den Bohlenweg vom Sand freigeschippt und mit der Maschine gekehrt. Er ist nun auf dem Weg zum nächsten Weg. Das macht so eine „aufgeräumte“ Stadt aus.
So leer war der Strand um 9 Uhr morgens – aber den ganzen Tag über bleibt die Menge der Menschen überschaubarEin erfrischendes Bad am Morgen – der Wind hat etwas nachgelassen und es ist gefühlt wärmer als 20°
Unser Bad haben wir am Hundefreien Strand genommen. Es gibt noch einen Textilfreien Strand, vermutlich auch einen Frauenstrand – immer sauber und gepflegt. Alle ca. 200 m führen Bohlenwege über die Dünen zum Strand. Dort sind immer einfache Umkleidekabinen und Fahrradständer. Hinter der ersten Düne sind meist Sportfelder angelegt, Volleyball oder Badmington, so dass die Spielfelder etwas außerhalb des Windes liegen. Das Strandkonzept ist sehr Besucherfreundlich erstellt.
Lebensqualität in der Stadt
Nach dem Frühstück machen wir eine gemütliche Fahrradtour in die Stadt. Ich möchte noch ein wenig entdecken und auf den Samstagsmarkt wollen wir auch. Gleich in der Nähe des Campingplatzes entdecken wir einen Park.
Ein Park nur für Kinder – ungeheuer abwechslungsreich
Der Park „Bērnu pilsētiņa“ „Kinderstädtchen“ begeistert uns sehr. Wir sind mittlerweile Großeltern und wieder an Kinderdingen interessiert. Hauptsächlich an Kinderunterhaltungsdingen, die Kinder herausfordern, sie ihre Grenzen suchen lassen und ihre Motorik stärken. Im Park gibt es die unterschiedlichsten Klettergerüste und Netze, Balanciergerätschaften, Trampoline, Rutschen und so weiter. Natürlich sind in dem Park auch einige Dinge, die Geld kosten, wie z.B. die Elektroautos, mit denen die Kinder in einem „Motodrom“ herumfahren können. Oder diese Reittiere, die absolut tiergerecht sind.
Mit einer hüpfenden (reitenden) Bewegung werden die Reittiere bewegtIm Park „Bērnu pilsētiņa“ steht das Blumenarrangement mit den drei Entchen
Bei der Weiterfahrt kommen wir von der anderen Seite an der Temperaturanzeige vorbei. Das Bild unterscheidet sich nicht nur in Uhrzeit und der Temperatur, sondern auch in der Farbgestaltung, da die Sonne scheint.
Die Temperatur ist zwar nur 5° wärmer als vorgestern, aber der Wind ist weg und die Sonne scheint, so erscheint es viel wärmer
Wir radeln weiter, bis die ersten Stände beginnen und schließen unsere Räder an einem Halteverbotsschild an.
Das überdimensionierte Tintenfass steht sinnigerweise vor der Hauptbibliothek
An der Bibliothek geht das samstägliche Markttreiben los. Erstmals in Lettland überlegen wir, ob wir unsere Masken aufsetzen sollen. Anfänglich drängen wir uns in einer Menschenmenge durch die erste Standgasse, bevor der Markt sich öffnet. Auf dem Markt gibt es alles, was Mensch für sein Leben und sein Zuhause benötigen könnte. Wir sind hauptsächlich an Nahrung interessiert. An einem Buchstand mit Landkarten und Reiseführern finde ich aber endlich das, was ich seit der Einreise ins Baltikum in Litauen suche. Eine Landkarte – in Buchform – für alle Baltischen Staaten mit dem Maßstab 1:200.000. Die kaufen wir sofort. Heidelbeeren und Pfifferlinge hat Bernhard gestern bereits gekauft, die Stände schauen wir nur an.
Der Finger ist als Vergleich für die Größe der Heidelbeeren gedachtTiefdunkles Blau und leuchtendes Orangegelb beherrschen eine ganze MarktstraßeDa es solche Unmengen von Pfifferlingen zu geben scheint, sind die Preise sensationell
Schon auf dem Platz, wo unsere Fahrräder parken, war eine Bühne aufgebaut, hier auf dem Marktplatz ist die nächste. Eine Bank intoniert schöne jazzige Musik, die Sängerin singt einen internationalen Text, der nur aus zweibuchstabigen Lauten besteht.
Es ist Stadtfest zum 730. Geburtstag von Ventspils. Auch auf dem Markplatz tritt eine Band auf
Am Rande des Marktplatzes sind die Cateringstände aufgebaut. Sie unterscheiden sich im Angebot von den in Deutschland. Eine finde ich besonders ansprechend, kann sie aber, so kurz nach dem Frühstück, noch nicht versuchen.
Diese Kartoffelspezialität wird überall angeboten
Ich entdecke ein kleines Detail am Marktbrunnen, der einfach Trinkwasser spendet und keinen Hinweis trägt, dass man es nicht trinken könnte.
Der Hebel am Tierkopf wird bewegt, wenn jemand Wasser am dem Marktbrunnen trinken möchte
Auch an der Kirche am Rathausplatz entdecke ich eine interessante Tafel.
Diese Gedenktafel hängt an der Kirche am Rathausplatz
Wir machen nun eine weitere Runde um die Stadt. Die Radwege sind toll angelegt und markiert, und wenn der Radweg aufhört ist der Fußweg so breit, das alle Platz haben. Andererseits ist wenig Fahrzeugverkehr, so dass das Fahren auf der Straße auch kein Sicherheitsrisiko darstellt. Weit hinter dem Hafen, in der Nähe der Brücke über den Fluss Venta, entdecken wir wieder eine Kuh.
Überall gepflegte Parkanlagen mit wunderschönen, bunten Blumenrabatten – hier sogar mit einer Blumenkuh
In Reņķa dārzs – in Renkis Garten
Wir radeln auf dem Radweg weiter, an einem Flüsschen entlang, dass sich Vidumupite nennt.
Diese Fontäne steigt in einem kleinen See auf
Schon nach kurzer Zeit kommen wir in Reņķa dārzs oder Renkis Garten an. Hier findet ein weiterer Teil des Stadtfestes statt. Eine andere Band tritt auf. Begrüßt werden wir im Park wieder von Kühen – diesmal ganz anderen.
Überall Kühe – die aus Felsbrocken finde ich besonders interessant
Die Kuh hat ein sanftes Gesicht
Das ist wohl der Leitstier und Herdenboss
Beim ersten Hinschauen habe ich den Felsbrocken für ein echtes Bison gehalten
Der ganze Park steht wieder voll mit interessanter Skulpturen und Kunstwerke. Ich bin ganz angetan von dieser Vielfalt an Kunst.
Die Stadtschlüssel und die Geschichte oder Verfassung der Stadt, im Goldenen Buch
Der Wanderschuh hat manche Anstrengung geschafft, so wie ihm die Zunge heraushängt. Für Kinder eine weitere KlettermöglichkeitEin großer Wanderhut wird gerade mal nicht von Kindern beklettertEine Schafherde aus Steinbrocken steht an einer anderen Stelle des Parks
Wir radeln zurück, denn die Pfifferlinge, die Bernhard gestern gekauft hat, essen wir heute zum verspäteten Mittagessen, bevor wir ins Konzert gehen. Beim Kochen und Essen haben wir lettische Musik zur Unterhaltung, denn auf der Bühne des Museums hinter dem Campingplatz spielen lettische Musiker traditionellere Musik.
Konzertsaal Latvija – Koncertzāle Latvija
Wir radeln zum Konzerthaus, denn wir wollen danach noch etwas durch die Stadt schauen und den Abend beim Stadtfest genießen. Allein das Gebäude ist ein architektonisches Schmuckstück. Neben dem Gebäude sitzt Publikum auf Stühlen und auf der ansteigenden Wiese – aber wir wollen zum Konzert in den Konzertsaal.
Das Konzerthaus in Ventspils – im Glas spiegeln sich die Gäste des Open-Air-Konzerts
Auch hier gibt es Coronavorschriften. Es bleibt jede 2. Reihe frei, und immer zwei bis drei Plätze zwischen den Zuhörern. Außerdem müssen wir uns mit Name und Telefonnummer in eine Liste eintragen und mit Reihe und Platznummer – so dauert es länger, bis das zugelassene Publikum im Saal sitzt. Wir haben unsere Plätze in der ersten Reihe ganz rechts. Zum Fotografieren ist der Platz ausgezeichnet. Ich versuche, das Klavier zu verstehen.
Das Bild ist leider unscharf. Das sind die Klavierhämmerchen des vertikalen Klaviers
Der Klangkörper des Klaviers hängt unter der Empore – die Bassseiten sind deutlich zu erkennen
Die Leinwand, auf der wir später das Klavierkonzert anschauen können, verdeckt leider die Orgelpfeifen
Auf einem Foto erkenne ich später, dass oberhalb der Bühne noch ein Empore für zum Beispiel einen Chor ist, aber leider verdeckt die Leinwand diesen Bühnenteil ebenso, wie die Orgel. Die Deckenverkleidung ist ebenfalls geschmackvoll, später spiegelt sich sogar ein Teil des auf die Leinwand projizierten darin.
Ich vermute, dass die hölzerne Decken- und Wandverkleidung positiven Einfluss auf die Akustik hat
Die Türen schließen sich und ich mache noch ein Bild vom Eingang Richtung Bühne.
Das Publikum sitzt Coronabedingt weit auseinander. Hinten links die Gesamtheit des vertikalen Klaviers
Die Künstlerin klettert über eine steile Treppe zur Empore mit der Klaviertastatur. Drei Kameras übertragen das Bild von der Pianistin am Klavier auf eine Leinwand.
Das Klavierspiel von Hania Rani wird auf die Leinwand übertragen. Wann kann ein Zuschauer einer Pianistin so auf die Finger schauen?
Nach einigen Stücken erzählt die Künstlerin von sich und beginnt mit dem Satz: „Ich weiß gar nicht wohin ich schauen muss, denn ich kann das Publikum von hier aus nicht sehen. Ich war noch nie so hoch über einem Zuschauerraum, ich weiß gar nicht, ob jemand da ist.“ Sie spricht englisch und nach der Übersetzung ins Lettisch braust Beifall auf, der ihr mitteilt, das Publikum da ist. Und immerhin sitzt sie 10 m über dem Publikum, schätze ich.
So können wir das Konzert verfolgen. Links auf der Empore sitzt die Pianistin Hania Rani, rechts auf der Leinwand können wir das Spiel genau verfolgen
Wir sind von der Künstlerin, dem Instrument und dem Konzerthaus sehr begeistert, als wir hinaus ins Freie treten. Swingklänge empfangen uns und wir schauen uns um, wo die Musik herkommt. Wir stellen fest, dass sich die rechte Außenwand des Konzerthauses für Open-Air-Konzerte öffnen lässt. (Zu diesem Zeitpunkt habe ich das erste Foto dieser Konzerthausreihe gemacht). So gehen wir gar nicht viel weiter, als bis zur Wiese und hören nun anderer Musik zu.
Ein Orchester unterhält die Gäste auf der Open-Air-Bühne mit Swing. Hinter der Bestuhlung steigt eine Rasenfläche steil hinauf auf dem weiteres Publikum sitzt. Ich stehe zum Fotografieren auf dem höchsten Punkt
Leider ist das Konzert kurz danach zu Ende und wir flanieren über den wunderschönen Platz vor der Konzerthalle. Uns begegnet der Name „Windau“ hier zum Zweiten mal. Du erinnerst Dich? Genau! Der Herzog mit der Herzogschaft Windau, dessen Denkmal in Kuldiga in rostigem Eisen und in Alu gegossen wurde. Er gründete Kolonien in Gambia und Tobago und dorthin kam man im 17. Jahrhundert nur per Schiff. Die Fregatte “Wallfisch” aus Windau lief 1644 aus, der Springbrunnen „Valzivs“ (der Lettische Namen für Wallfisch) wurde in Ventspils 2016 aufgebaut.
Der Springbrunnen Valzivs in der AbendsonneDer in Rautenform gepflanzte Buchs wird von der Abendsonne angestrahlt und leuchtet mit den gelben Blumen um die Wette
Ich verspeise nun an einem Stand so eine Kartoffelspirale, sie schmeckt wie ein Zwitter zwischen Pommes und Kartoffelchips und ist an diesem Stand leider etwas zu wenig gewürzt.
Sundowner in Ventspils
Wir haben genug Kultur genossen und sehnen uns nach Ruhe. Die haben wir allerdings am Campingplatz nicht, denn auf der Museumsbühne ist ebenfalls Musik. So machen wir uns auf zum Strand mit zwei Stühlen und unserer kleinen Kühltasche mit Wein. Der Strand ist wieder fast menschenleer – das ist aber nicht nur dem Stadtfest geschuldet. Ich denke, jedem in Lettland lebenden Einwohner stehen ca. 27 cm persönlicher Strand zu, wenn alle gleichzeitig zum Strand gingen. Die lettische Küste ist mit der Rigaer Bucht 530 km lang und Lettland hat 1,92 Millionen Einwohnern, da kann der Strand gar nicht voll werden!
Ein Glas Muskateller vom (Achtung Werbung) Weingut Sohn in Frankweiler in der Pfalz und ein Sonnenuntergang über dem Meer – so einfach kann Glück sein
Der Himmel führt das Kulturprogramm weiter, jetzt ist gestaltende Kunst dran. Der Himmelsmaler packt sein volles abendliches Farbspektrum aus.
Der Himmel veranstaltet ein Wolkenspektakel und die Sonne strahlt es anDiese „Raketenwolken“ finde ich total interessant – sie geben einen Vorgeschmack auf das FeuerwerkDie Stenaline läuft vor Sonnenuntergang aus. Sie fährt von Ventspils nach Nynäshamn in Schweden oder nach Rostock oder Travemünde Die Sonne schaut noch kurz hinter der Wolke hervor, bevor sie ins Meer versinkt
Wir verabschieden uns für heute von der Ostsee und gehen über die Düne zurück. Auf dem höchsten Punkt entdecken wir den Mond, der über dem Wald aufsteigt.
Die Sonne ist untergegangen, der Vollmond geht auf, im Osten über einem Wald
Noch ist Musik auf der Bühne nebenan, aber ohne Menschentrubel um uns herum genießen wir diese im Wohnmobil noch bis zum Ende. Das wird durch laute Knallerei markiert, denn zum Abschluss gibt es irgendwo in der Stadt ein Feuerwerk.
Wir können das Feuerwerk besser hören als sehen
Für mich ist Ventspils eine ungeheuer lebenswerte und liebenswerte Stadt. Ich habe mich als Gast sehr wertgeschätzt gefühlt und ich denke, dass es den 38.000 Bürgern ebenso geht. Einen mehrere Tage dauernden Besuch kann ich nur empfehlen. Allein, um alle Kühe und Blumenskulpturen zu entdecken.
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Die Steilküste der Ostsee bei Jūrkalne soll ein besonderer Ort in Lettland sein. Bei unserem Aufenthalt lernen wir sie gut kennen und können das bestätigen. In den zwei Tagen auf dem Campingplatz Zaki bietet das Wetter so ziemlich alle Jahreszeiten und eine große Abendshow.
Fahrt an die Steilküste
Wir flüchten am Morgen nach einer fast schlaflosen Nacht aus Kuldiga. Die nächste Nacht wollen wir an einem ruhigen Ort verbringen. Da ich auch Wäsche waschen muss, wählen wir den Campingplatz „Kemping Zaki“ als Ziel.
Wir fahren über die P 119, eine Asphaltstraße. Wir haben von unserem Weinbauern in Aizpute erfahren, dass die Gegend um Alsunga eine besondere Geschichte hat. Daher wollen wir dort einen Stopp machen. 1372 wurde die Burg Alswangen oder Alschwangen vom Deutschen Orden angelegt. 1623 trat der Gutsherr Graf Johann Ulrich von Schwering wegen seiner Hochzeit mit einer Polin zum Katholizismus über, in einer ansonsten reformierten Gegend. Seine Untertanen mussten nach damalig geltendem Recht ebenfalls konvertieren. Die katholischen Gläubigen sonderten sich von den umliegenden reformierten Gemeinden ab und bildeten die Suiti genannte Volksgruppe. Heute gehören nur noch knapp 3.000 Einwohner dieser Minderheit an. Die alten Frauen bewahren die Sitten, Bräuche und Trachten, die sie auch heute noch tragen. In einem Zentrum sollen die Trachten ausgestellt sein. Dort wird in einem Café das traditionelle Essen der Bewohner, darunter auch „richtiges“ Brot, verkauft. Wir hoffen, dort frühstücken zu können. Leider sind wir zu früh, das Café öffnet erst um 11 Uhr und wir fahren unverrichteter Dinge in Richtung Ortsausgang.
Wir fahren kurz danach an der Frau vorbei, die fröhlich winkt. Sie trägt eine Suiti-Tracht
Nach diesem schönen Erlebnis biegen wir an der Kreuzung in Jūrkalne auf die P 111 nach Norden ab und folgen dem Schild „Kemping Zaki“ kurz danach nach links in den Wald. Nach einigen Sanddurchfahrten erreichen wir unser Ziel. Wir dürfen den Platz selbst wählen, nur, vorne an der Aussicht, sollten wir uns nicht hinstellen. Da der Sturm bläst suchen wir einen windgeschützten Platz, den wir direkt neben dem Spielplatz, sogar von Natur aus eben, finden.
Unser Platz auf „Kemping Zaki“ ist windgeschützt mit Blick aufs Meer
Ich kann sogar Wäsche waschen, obwohl die Waschmaschine in den Privaträumen der Campingplatzbetreuerin steht. Üblicherweise wäscht sie dort die Wäsche, die in den Vermietungshütten anfällt. Sie bietet mir auch den Trockner an. Da ab und zu Regentropfen fallen, nehme ich das Angebot für einige Wäschestücke an.
Ich habe große Wäsche, die im Wind schnell trocknet
Kaum ist die Wäsche trocken, legt sich der Wind. Die Ostsee liegt so zahm da, als wüsste sie gar nicht, wie Wellen machen geht.
Der Blick nach Norden vom Aussichtsbänkchen des CampingplatzesDer Blick nach Süden vom Aussichtsbänkchen des Campingplatzes, die Skelette von Bäumen sind deutlich zu erkennenDie Ostsee ist heute ausgesprochen ruhig, wir genießen ein langes Bad mit sanften Wellen
Wir spazieren mit unseren Badesachen an der Küste entlang nach Norden. Ab und zu nehmen wir ein erfrischendes Bad. Immer wieder treffen wir auf Kunstwerke.
Ein unbekannte Künstlerin oder Künstler hat diese Strandkunst geschaffen
Zurück am Wohnmobil kochen wir. Nach dem Essen widme ich mich meinem Blog, sitze draußen unter der Markise am Laptop. Ein Familie kommt mit Fahrrädern am Campingplatz an. Die Erwachsenen haben Packtaschen am Fahrrad. Ein Anhänger hängt an einem Fahrrad, aus dem ein Mädchen aussteigt. Die größere Tochter, die ich auf etwa acht schätze, fährt mit eigenem Fahrrad und hat ebenfalls Packtaschen am Gepäckträger eingehängt. Ganz kurze Zeit später sind alle in Badekleidung und gehen hinunter zur Ostsee.
Am Spätnachmittag gehen wir auch wieder hinunter zum Baden, die Ostsee ist heute ein Traum. Am Wohnmobil angekommen sehen wir über dem Wald im Osten dunkle aufgetürmte Wolken. Na, dann ist ja der Sommertag wieder vorbei, denke ich. Kurz danach höre ich Donner in der Ferne. Okay, Gewitter. Und mein Hirn schaltet sofort an meine Schwedentour mit meiner Tochter um, bei der wir eine Gewitternacht Mutterseelenallein im Zelt am See Lelång verbracht haben. Ich spaziere auf dem Weg zur Toilette zu der Familie, die mittlerweile mit Zeltaufbau fertig ist und gerade das Abendbrot verstaut. Ich biete ihnen an, falls es zu heftig wird mit dem Gewitter, es bei uns im Wohnmobil auszusitzen. Gerne, antworten sie, und das Bernhard sie eben bereits auch eingeladen hat. Er kommt gerade vom Aussichtsbänkchen zurück und sagt, dass ich mir die Gewitterstimmung unbedingt anschauen müsste.
Das Gewitter kommt über die Steilküste schnell näher, der Sonnenuntergang fällt ins Wasser
Mit den ersten Regentropfen klopft es an der Wohnmobiltür und die Erfurter Familie betritt, nach eigener Aussage, zum ersten Mal, ein Wohnmobil. Ich finde Filzstifte und Papier für die Mädchen, denen so nicht langweilig wird. Wir servieren den Eltern aus der Pfalz Wein vom Weingut Sohn und selbstgemachten Holundersirup als Schorle für die Mädchen. Wir erfahren, dass sie schon viele Jahre mit dem Rad reisen und bereits früher in Lettland waren. Die große, achtjährige Tochter fährt seit zwei Jahren selbst. Die jüngere Tochter, mit ihren beinahe vier Jahren fährt im Anhänger mit. Die Tagesstrecken liegen höchstens bei 40 Kilometern. Sie lieben die Nächte gemeinsam im Zelt und freuen sich, dass sie autark unterwegs sein können, mit eigener Muskelkraft. Das Gewitter mit Regenprasseln spielt die Hintergrundmusik zu unseren Gesprächen. Erst sehr spät verabschieden wir uns von einem sehr unterhaltsamen, schönen Abend.
Noch im Regen nimmt Bernhard doch noch den Sonnenuntergang auf
Kleine Radtour nach Jūrkalne
Die ganze Nacht gab es immer wieder Regenschauer und am Morgen hat wieder der Wind eingesetzt. Wir fahren am späten Vormittag mit dem Rad in den Ort Jūrkalne. Die Erfurter Familie ist bereits früher aufgebrochen.
Aufzeichnung der Fahrradtour auf Komoot
Die Fahrradtour habe ich auf Komoot aufgezeichnet, so kannst Du sie einfach nachfahren.
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von www.komoot.de zu laden.
Oder Du folgst mir und dieser Fahrradtour auf meinem Komoot-Account.
Wir fahren über die Zufahrtsstraße zur Hauptstraße und folgen ihr wenige hundert Meter. Dann geht links der Straße ein schöner Waldweg bis zum Ort. Wir wollen ihn erkunden und machen so einige Schlenker und Kringel. Auch wollen wir einige Lebensmittel kaufen, aber erst vor der Rückfahrt. Wir biegen an einer Kreuzung nach rechts ab und werden freundlich begrüßt.
Diese Figur heißt und in Jūrkalne willkommen
Bei einem Zebrastreifen ist ein Schild mit einem Pfeil nach rechts zu einem Restaurant. Da wir heute nicht kochen wollen, prüfen wir, ob es geöffnet hat und zu welcher Zeit gekocht wird. Von 12 bis 22 Uhr gibt es Essen, so werden wir nach unserer Erkundungstour und dem Einkauf hier einkehren.
Im Restaurant Pilsberġu krogs haben wir ein wohlschmeckendes Essen in einem schönen Ambiente genossen
Wir radeln Richtung Steilküste und entdecken ein Freizeitgelände und an dessen Ende einen Parkplatz.
Auf einem großen Freizeitgelände steht dieses interessante GebäudeDieser rustikale Aussichtsturm mit einem lauschigen Sitzplatz im „Erdgeschoss“ steht ebenfalls auf dem FreizeitgeländeNach dem Parkplatz geht es über einen Waldweg bis zum Rand der Steilküste. Über die hölzerne Treppe geht es hinunter zum Strand
Vom Parkplatz hinauf zum Ort fahren wir am Friedhof entlang und erreichen den Laden. Von Bettwäsche über Windeln, täglichem Nahrungsbedarf über Dekorationsgegenstände führt der Laden alles.
Wir kaufen im einzigen Laden von Jūrkalne ein
Hinter dem Haus ist ein weiteres Freizeitgelände für Erwachsene und Kinder
Hinter dem Einkaufsladen sind auf einer Wiese die Fitnessgeräte für Erwachsene aufgestellt
In allen lettischen Gemeinden, die wir näher kennen gelernt haben, gibt es immer gepflegte Freizeiteinrichtungen. Die Parkanlagen sind mit vielen Blumen bepflanzt und ebenfalls sehr sauber und gepflegt. Nach einem guten Essen im Restaurant radeln wir zurück zum Campingplatz.
Steilküstenschwund
Am Nachmittag spazieren wir ein wenig am Strand entlang nach Süden. Die Füße werden vom Wind ziemlich sandgestrahlt und die Wellen donnern an den Strand. Überall am Strand liegen Gerippe von den Bäumen, die bereits die Steilküste hinabgefallen sind.
Heute bläst der Wind wieder kräftig und die Ostsee ist rau
Im Gegensatz zu Portugal ist an der Ostsee nicht Muschelsammeln, sondern Steinesammeln ein Volkssport. Ich beschränke mich aufs Betrachten und Fotografieren, denn wir haben im Wohnmobil ein zulässiges Gesamtgewicht, dass wir nicht überschreiten wollen…
Einer der schönen Steine mit vielen Einschlüssen, den ich am Strand lasse (ein Foto wiegt weniger!)
Wenig später finde ich ein Stillleben, dass ich sowieso nur als Foto mitnehmen kann.
Diese Künstlerin war die Natur
An einer Stelle, als der Wind wieder zunimmt, betrachte ich den Sand, der von der Steilküste abgetragen wird. Er wird beim runterrieseln einfach nach oben weg geweht.
Ein Regenschauer, der über die Ostsee auf uns zukommt, treibt uns zurück zum Wohnmobil und wir verbringen den stürmischen, immer kälter werden Abend darin. Wir haben die Ostsee hier so zahm erlebt und doch auch gesehen, wie die Steilküste von den Winden stark zerzaust wird. Wer nach Lettland kommt, sollte einen Besuch an der Steilküste bei Jūrkalne nicht versäumen.
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Wer meinen Blog kennt weiß, dass wir Wein schätzen. Um so erstaunter waren wir, als wir in Lettland einige Weinbauern in einer Broschüre entdeckten. Die meisten stellen Fruchtweine her, so wie Mārtiņš Sants. Seinen Weinkeller hat er in Aizpute in einem Gutshaus aus dem 19. Jahrhundert.
Der Weg zum Fruchtweinwinzer
Vater Sants begann sich Ende der 1990iger Jahre für die Herstellung von Wein zu interessieren. Da ihm das Klima in Lettland für den Weinanbau zu kalt erschien, versuchte er die Weinherstellung mit den verschiedensten Früchten. Interesse am Hobby des Vaters zeigte sein Sohn Mārtiņš von Anfang an. Dann legte sich der erst 13-Jährige Mārtiņš Sants fest. Er erklärte seinem Vater, dass er Fruchtweinhersteller werden würde. Die Antwort des Vaters lautete: „Glaube ja nicht, dass du dann immer berauscht sein kannst!“
Neben der Schule, erarbeitete sich der junge Mann mehr und mehr Fachwissen. Er experimentierte mit seinem Vater mit Früchten, mit der Gärung, mit der Lagerung, mit verschiedenen Fassarten und verfeinerte seine Fruchtweine immer mehr.
Start der Firma in 2010
Im Jahr 2010 gründete Mārtiņš Sants die Firma Vīna Darītava, so wie es heute noch auf jeder Flasche auf seinem Emblem zu sehen ist. Er mietete sich in Aizpute einen Keller in einem Gutshaus aus dem 19. Jahrhundert. Bereits am Eingang stelle ich fest, das hier Liebe zum Detail vorherrscht.
Der Eingang zur Fruchtweinkellerei Vīna Darītava Dieser Kerzenhalter (ohne Kerzen) hängt rechts des Eingangs
Stahltanks, Holzfässer, Abfüllanlagen und weitere Dinge zur Weinherstellung schaffte er nach und nach an. Beim Eintritt in den Keller schaue ich in die verschiedenen Räume, bevor ich die Probierstube erreiche.
Der Zugang zur Probierstube führt durch den Gang mit den Holzfässern
In den Edelstahltanks reifen die verschiedenen Fruchtweine
In den Glasbehältern gärt und blubbert es
Mārtiņš ist bereits im Gespräch mit meinem Mann Bernhard, der sich nicht erst das Gutshaus von außen angeschaut hat.
Mārtiņš Sants sitzt entspannt für ein Foto in seiner Probierstube
Ich möchte die Herren in ihrem Fachsimpeln erst mal nicht stören und schaue mich in der Probierstube um.
Die alte Schultafel hat einen neuen Zweck und dient als PreislisteMārtiņš Sants ist nicht nur bei der Weinherstellung ein kreativer Mann. Aus einer alten Tür hat er die Theke gebaut
Der Ofen ist mehr Dekoration denn Wärmequelle
Fruchtweine
Als ersten Wein trinke ich einen Rhabarber-Wein. Er schmeckt mir ausgezeichnet. Er ist fruchtig, mit einer gewisse Süße. Ich bin sehr erstaunt, denn er hat weniger Säure, als Rhabarber vermuten lässt.
Ein Rhabarberwein mit einem köstlichen Rhabarbergeschmack, mit wenig Säure
Mārtiņš erzählt, dass seine Fruchtweine jedes Jahr anders schmecken. Das liegt an den angelieferten Früchten, den Reifegraden und der Menge, die er verarbeiten kann. Er behandelt die zu verarbeitenden Früchte wie Rohdiamanten. Auch diese erhalten durch die Veredlung, durch den Schliff, erst ihre wahre Schönheit. Und bei den Fruchtweinen ist die Schönheit der Geschmack, den er ihnen entlockt. Nun probiere ich einen Wein mit Cranberry. Auch ein interessanter Geschmack. Bei Traubenweinen weiß ich in etwa, welcher Geschmack mich erwartet. Bei den Fruchtweinen muss ich mich einfach auf den Geschmack einlassen, der mir über die Zunge rinnt. Cranberry ist mild und in gewisser Weise herb. Nicht sehr süß und ich kann die Frucht nicht so gut schmecken. Das kann aber auch daran liegen, dass ich Cranberry, außer im Müsli, als Fruchtgeschmack selbst nicht kenne.
In dieser Flasche ist Cranberry Fruchtwein
Die von Mārtiņš Sants verarbeiteten Früchte erhält er zum größten Teil aus der Umgebung. Manche Früchte, wie die Aronia Früchte, erhält er aus Russland, denn dort gibt es eine bestimmte Sorte, die sich für Fruchtwein sehr gut eignet. In Deutschland ist Aronia als Apfelbeere bekannt. Oder sollte ich sagen: unbekannt? Ich wüsste nicht, wo ich so einen Strauch schon mal gesehen hätte. Dabei sind die Früchte absolut gesund. Die Apfelbeere ist ein Rosengewächs und optisch mit der Vogelbeere verwandt. Nur die Früchte sind dunkel. Die Beere enthält viele Mineralien und Spurenelemente, wirkt entzündungshemmend und schützt vor oxidativem Stress. Apfelbeere ist also eher Medizin!
Aroniawein – bei uns heißt die Frucht Apfelbeere
Bereits der Vater von Mārtiņš experimentiert gerne mit den Früchten. Der Sohn führt die Experimente fort. Wie schmecken die Früchte je nach Verarbeitung? In welchem Fass? Wie lange gelagert? Er arbeitet ohne Sulfite oder andere chemische Konservierungsstoffe. Die Verarbeitung, vom Anbau über die Ernte, die Saftgewinnung, Weinveredlung, das Abfüllen und Etikettieren ist bei Vīna Darītava Handarbeit.
Liebe zum Detail
Die Fruchtmengen sind meist in nur ausreichender Menge vorhanden, wenn nicht der Frühjahrsfrost eine Obst- oder Beerensorte erfriert. Daher und wegen seiner Philosophie, ein perfektes, gesundes Naturprodukt herzustellen, wird Mārtiņš seine Erzeugnisse nicht über große Supermärkte vermarkten. Seine Weine gibt es per Online Bestellung, in Verkaufsstellen oder vor Ort. Er beteiligt sich an Lebensmittelprämierungen und hat in den letzten Jahren einige Preise für seine Produkte erhalten. Das er die Dinge im Detail liebt, fällt mir in seinem Probierkeller auf.
Eine nette Wechselgeldschale mit einem schönen Spruch. Übersetzt ungefähr: Du kannst kein Glück kaufen. Aber Du kannst Wein kaufen. Und das ist eine ähnliche Sache.
Als ich die Wechselgeldschale fotografiere macht der nächste Korken plopp. Ich schaue auf, um zu sehen, welchen Wein wir nun probieren, als ich den Korkenzieher in seiner Hand entdecke.
Ein ganz besonderer Korkenzieher mit einer ganz besonderen Geschichte
Solch einen Korkenzieher hatte er in Frankreich neu zu einem sehr hohen Preis entdeckt, sich aber nicht leisten können. Zufällig wurde er einige Monate später in Lettland zu einem naheliegenden Kloster gerufen, da die Mönche ebenfalls mit Fruchtwein und Traubenwein Versuche machen wollten. Der alte Priester, mit dem er im Gespräch war, öffnete mit einem „französischen“ Korkenzieher eine Flasche Wein zum Abschluss. Mārtiņš erzählte seine Korkenziehergeschichte aus Frankreich und der Priester verkaufte ihm seinen altgedienten Korkenzieher für einen symbolischen Preis. Seither erfreut sich Mārtiņš bei jedem Flaschenöffnen an diesem Korkenzieher und denkt gleichzeitig an den Priester. Wir probieren nun einen Fruchtwein aus Schwarzer Johannisbeere. Er hat den typischen Geschmack von Cassis. Er kommt mir auch wieder sehr herb über die Zunge, hat aber eine fruchtige Nachsüße.
Diese Flasche enthält Fruchtwein aus Schwarzer Johannisbeere
Weinausbau im Fass
In Lettland ist Fruchtweinherstellung in vielen Haushalten Tradition. Die reifen Früchte aus dem Garten mussten im Herbst schnell verarbeitet werden. In fruchtreichen Jahren wurden oft Fruchtweine hergestellt. Das waren ehedem eher vergorene Früchte, ohne Finesse. Mārtiņš hingegen lässt die Weine nicht nur im Stahlfass gären, sondern probiert auch die Lagerung über wenige Tage bis mehrere Wochen in Holzfässern aus. Manche Holzfässer bezieht er gebraucht aus Frankreich, andere aus Italien. Manchmal von Weinbauern, manchmal von Schnapsbrennereien. Eine Charge seiner Fruchtweine musste er allerdings vernichten, denn die Holzfässer hatten einen so starken Schnaps-Eigengeschmack, dass sein Fruchtwein geschmacklich verdorben war. So baute er die Fässer auseinander, schliff die Einzelteile ab und setzte die Fässer wieder zusammen. Der Wein wird bei Vīna Darītava gefiltert und geklärt, bevor er in Flaschen gefüllt wird. Wir probieren zum Abschluss einen Apfelquittenwein.
Die Etikettenfarbe weißt schon auf Schwarzen Johannisbeeren Wein hin
Ich liebe Quitten. Wenn möglich koche ich selbst im Herbst Quittengelee ein, obwohl das viele Arbeit ist. Aber ich mag den Geschmack sehr. So tappe ich mit meiner Zunge nicht ganz im Dunkeln, als ich mein Glas ansetze. Allein der Geruch nach reifer Quitte ist berauschend. Wie ein Biss in eine Quittengeleebrot füllt sich mein Gaumen mit dem süßen Geschmack. Auch hier schwingt wieder eine ausgewogene Säure mit, der Wein ist nicht zu süß. Einfach quittig.
Fruchtwein nach Wunschgeschmack
Mārtiņš erzählt von einem Kollegen, der ihn um Rat bat für einen Kunden. Dieser wollte im darauffolgenden Sommer heiraten und aus mehreren Früchten einen Wein haben. Den konnte der Kollege nicht liefern, allein, weil er noch nie mit Früchten experimentiert hatte. Der Kunde hatte auch mitgeteilt, welchen Geschmack er sich vorstellen würde und Mārtiņš nahm die Herausforderung an. Er kreierte einen Hochzeitswein, der ihm selbst nicht schmeckte, aber den Geschmack des Bräutigam genau traf. Wer also ein Jahr im Voraus für einen besonderen Wein planen kann, darf seine Geschmacksrichtung beschreiben und erhält, wenn es gelingt, genau das, was er schmecken möchte. Wir haben unsere Geschmacksrichtungen beim Probieren gefunden, auch wenn wir nicht alle Sorten im Glas hatten. Immerhin haben die Weine um die 12% Alkoholvolumen. Wir entscheiden uns für sechs Fruchtweinflaschen, die wir in unserem Wohnmobilkeller mitnehmen.
Mit Blick auf die Probierweine auf der Theke erkundige ich mich, wie lange der geöffnete Wein trinkbar bleibt. Im Kühlschrank, bzw. kühl gelagert zwei bis vier Tage, aber meist wird er an einem Abend getrunken, erklärt uns Mārtiņš mit einem breiten Grinsen.
Die Probierweine in einem selbstgebauten Gestell auf der selbstgebauten Theke
Ein innovativer junger Mann
Ich bin von dem jungen Mann, der eine so positive und fröhliche Ausstrahlung hat, sehr begeistert. Das ist einer, der weiß was er will. Innovativ, experimentierfreudig und mit Kollegen vernetzt ist und sich weiterentwickeln möchte. Der sich keinen Konventionen unterwirft, sondern seinen eigenen Weg geht. Im Einklang mit seinen Mitmenschen, der Natur und seiner Heimat Lettland. Einer, der nicht vom großen Geld träumt, sondern von seinem Glück, das er in seiner Berufung findet. So hat ihn auch ein Karikaturist gesehen.
So verliebt in seine(n) Beruf(ung) hat der Karikaturist Mārtiņš Sants gesehen
Mārtiņš erzählt fröhlich und lebendig. Er möchte gerne in anderen Weinbaunationen Erfahrungen mit Wein sammeln, trotzdem er sich monatlich nur wenig Taschengeld gönnt, weil er seine Einkünfte lieber im Betrieb lässt. Mit viel Glück für uns, sehen wir ihn und seine Frau hoffentlich bald in der Pfalz, wenn er Erfahrungen bei unseren befreundeten Winzern im Weinbau sammelt. Ich freue mich auf den Besuch, die Fröhlichkeit und den kulturellen Austausch.
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Von Liepāja an der Ostsee wenden wir uns ins Landesinnere, leicht nach Nordosten. Wir haben von einem Weinbauern in Aizpute gehört, den wir aufsuchen möchten. Die Weiterfahrt soll uns nach Kuldiga bringen. Einer Stadt, die gleich zwei Superlativen zu bieten hat und für uns eine unruhige Nacht.
Fahrt nach Aizpute
Wir haben auf der Fahrt zum Pape Naturpark bereits schlechte Erfahrungen mit den lettischen Schotterstraßen gemacht. Daher fahren wir von Liepāja mit einem leichten Umweg, aber über Asphaltstraßen, auf der A 9 und der P 112, nach Aizpute. Das Gutshaus, in dem Mārtiņš Sants sein Weingut Vīna Darītava betreibt, finden wir auf Anhieb. Bernhard sucht gleich den Weinkeller auf, ich schaue mich erst in der ersten Etage des Gutshauses um, die auch die Tourist-Info beherbergt.
Der Vorraum in der Touristinfo in Aizpute ist mit alten Haushaltsgeräten und Werkzeugen gestaltet, hier die Ausrüstung für die „große Wäsche“Hier weiß ich den Gerätschaftszweck am besten beim Butterfass
Als ich im Keller ankomme, sind die Herren bereits im Fachgespräch und ich schaue mich nur um. Die Geschichte unseres Besuchs und über Mārtiņš Sants und sein Weingut Vīna Darītava, habe ich in einem Extra-Beitrag auf meinen Blog gestellt.
Der Zugang zur Probierstube führt durch den Gang mit den Holzfässern
Wir kochen uns im Wohnmobil noch ein schnelles Essen und verdauen die Weinprobe bei einem Mittagschläfchen. Mit immer blauer werdendem Himmel fahren wir über die P 112 weiter nach Kuldiga.
Kuldiga
In der Krasta iela 8 ist ein Parkplatz in Kuldiga in einer lettischen Tourismusbroschüre als Stellplatz für Wohnmobile eingezeichnet. Wir finden den Platz, auf dem bereits ein weiteres Wohnmobil steht. Er liegt direkt über dem Fluss Venta, ruhig, am Rande einer Wohnsiedlung. So ein schöner Platz. Da bleiben wir über Nacht, beschließen wir.
Mit den Rädern fahren wir zur Touristinfo, die nur noch kurz, bis 17 Uhr geöffnet hat. Wir finden einen Stadtplan und einen Umgebungsplan auf Deutsch und erhalten die Auskunft, dass heute, es ist immer noch Montag, alle zu besichtigenden Gebäude geschlossen sind. Schade! Zum Glück ist die Tourist-Info im Alten Rathaus, da haben wir wenigstens dieses anschauen können. Draußen, neben der zweiten Rathaustreppe sitzt ein Herr an einem Kaffeetisch. Ich setzte mich dazu, denn ich möchte von dem Herrn ein wenig mehr über seine Heimatstadt Kuldiga erfahren.
Ich knüpfe eine sehr einseitige Unterhaltung mit dem aus Kuldiga stammenden Schauspieler Evalds Valters vor dem alten Rathaus von Kuldiga an
Da ich keine Auskunft in diesem Interview erhalte, machen wir uns mit den Rädern auf eine Stadterkundungstour. In der Fußgängerzone, die in der Straße Liepājas iela angelegt ist, finden wir eine interessante, immer auf andere Art wiederkehrende Dekoration.
In Kuldiga findet man im Stadtzentrum mehrere dieser Dekorationsbrillen, hier das Modell mit FischenDas nächste Modell hat Vögel als Motiv
Ich entdecke ein altes Holzhaus mit einem interessanten Terrassenanbau. Die Stützen der Terrasse sind wohl auf einem abgerissenen Gebäudeteil aufgestellt worden. Bei genauerem hinschauen stelle ich fest, dass ein Gasthaus dort ansässig ist.
Die Wirtshausterrasse wurde an das alte Holzhaus angebaut – ich finde das spannend gebaut
Der Blick in eine Seitenstraße zeigt uns wieder das ewig wellige Pflaster, dass wir bereits aus Litauen kennen und die Art des Häuserbaus in Lettland in den vergangenen Jahrzehnten.
Die Bauweise der Häuser in der Seitenstraße ist immer ähnlich, die Baustoffe sind entweder Backstein oder Holz
Rechts im Park des (heute geschlossenen) Museums sind einige Schnitzkunstarbeiten zu sehen. Mir hat es die Mutter mit ihrem Kind besonders angetan.
Ein Kunstwerk im Garten des Museums in Kuldiga – Mutterfreuden, taufe ich die Skulptur
Kurz vor dem Blumenmarkt treffen wir auf ein interessantes Kunstwerk mit einer bemerkenswerten Geschichte. Oder besser gesagt, der abgebildete Herr hat eine besondere Geschichte.
Herzog Jakob von Kurland brachte den Bürgern seiner Herzogschaft, die damals noch Windau hieß und heute Kuldiga heißt, Arbeit und Wohlstand. Er siedelte Fabriken und Werkstätten, unter anderem für Schiffsbau, an und brachte den Handel und die Kultur in Schwung. Außerdem gründete er Kolonien in Gambia und Tobago. Sein Denkmal in der Liepājas iela am Blumenmarkt zeigt Vergangenheit und Zukunft. Das Kunstwerk wird „Raumobjekt Teleport“ genannt und stammt vom Bildhauer Gļebs Panteļējevs und dem Architekt Andris Veidremanis. Vielleicht will es andeuten, dass der Herzog früher Wohlstand durch seine Zukunftsvisionen in die Stadt gebracht hat?
Herzog Jakob von Kurland schreitet durch eine rostige Gusseisenwand – das verdeutlicht die Vergangenheit des 17. Jahrhunderts
Herzog Jakob von Kurland schreitet durch die Aluminiumplatte der Neuzeit in die Zukunft
Wir radeln rechts um die Kurve und wieder rechts zu einem Park. Hier halten wir uns wieder eher rechts und kommen oberhalb des Flusses Venta zurück auf eine Straße. Wir setzen uns auf eine Gasthausterrasse und genießen den Ausblick über den Fluss und die zwei Superlativen, die Kuldiga zu bieten hat. Als erste Superlative ist der Fluss Venta hier bei einer kleinen Felsstufe so breit, dass er tatsächlich den breitesten Wasserfall Europas bildet. Noch heute springen die Lachse bei ihrer Laichwanderung über die Felsstufe hinauf, um zu ihren Laichgebieten am Oberlauf zu kommen. Herzog Jakob war ja ein sehr innovativer Herrscher. Er erfand Fischfangeinrichtungen, um einige der Lachse beim Flug fangen zu können. Damals nannten die Bewohner das Windau Rummel, heute trägt das Spektakel den Namen Ventas Rumba.
Am Fluss Venta ist der breiteste Wasserfall Europas, mit einer Länge von 249 m. Er fällt allerdings nur etwa 2,5 bis 4,5 hinab
Gleich dahinter hat die Stadt eine von Bürgern schon früher genutzte Badestelle zu einem Strandbad umgebaut, das von den Kuldiger Bürgern und ihren Gästen gern genutzt wird.
Hinter dem Wasserfall ist ein Strandbad eingerichtet, das an dem sonnigen Tag gern genutzt wird
Etwa 100 m flussabwärts wurde 1874 eine Ziegelgewölbebrücke erbaut. Das ist die zweite Superlative in Kuldiga. Die Brücke stammt aus der Zeit, als Lettland vom russischen Zaren regiert wurde. Daher ist die Brücke nach den Bestimmungen für Verkehrswege des zaristischen Russland erbaut worden. Sie ist 500 Fuß lang und 36 Fuß breit. Die Bestimmung war so ausgelegt, dass zwei Kutschen gut aneinander vorbeikommen konnten. Für die Neuzeit ist diese Bestimmung immer noch nützlich. Denn zwei moderne Benzinkutschen können einander heute ebenso auf der Brücke bequem passieren. Diese Brücke ist außerdem die einzige, heute noch genutzte, Ziegelgewölbebrücke Europas. Die Alten konnten noch stabil bauen, schießt es mir bei der Recherche durch den Kopf. Ich denke dabei an unsere Stahlbetonbrücken in Deutschland, die nach bereits 40 Jahren so marode sind, dass sie manchmal nicht mal mehr saniert werden können.
Eine der längsten Ziegelgewölbebrücken Europas führt in Kuldiga über den Fluss Venta
Lange sitzen wir noch oberhalb des Flusses, bevor wir über die Brücke zurück zu unserem Wohnmobil fahren. Morgen werden wir uns noch einige, der dann offenen, interessanten Gebäude in Kuldiga, anschauen. Heute fahren wir nur noch an einer Artgallery vorbei, die einen interessanten Gast auf dem Schornstein hat. Ob der auch der Stadt Glück bringen soll, so, wie der Schornsteinfeger in Klaipėda?
Ein nackter Mann steht auf dem Kamin einer Artgallery
Eine unruhige Nacht
Wir ziehen uns recht bald ins Wohnmobil zurück, denn die Stechmücken fallen oberhalb des Flusses in Scharen über uns her. Wir lassen also Türen und Fenster offen, machen unsere Mückengitter zu und haben somit die laue Abendluft im Wohnmobil, aber nicht die Plagegeister. Wir haben heute einen Spieleabend vor. Ich habe gestern mehrmals gewonnen und bin Bernhard in unserer „ewigen Ostsee-Spielestatistik“ ziemlich auf den Pelz gerückt. Nach nur wenigen Runden fahren zwei PKW auf den Parkplatz. Junge Männer steigen aus, lehnen sich an ihre Autos, rauchen eine Zigarette nach der anderen und reden miteinander. Etwas später kommen weitere Autos, die sich weiter hinten auf den Parkplatz stellen. Wieder das gleiche Schema, aber diesmal mit lauter Musik. Die ersten zwei Autos fahren, die Herren müssen das mit aufheulenden Motoren machen. Kaum hört man das Dröhnen nicht mehr, kommen zwei andere Fahrzeuge. Diesmal steigen Damen aus, mit einer anderen lauten Musik und vermutlich auch anderen Zigaretten. Wir überlegen, ob die Letten zuhause nicht rauchen dürfen, weil sie dazu auf einen Parkplatz fahren? So geht es abwechselnd weiter. Immer zwei Fahrzeuge, immer zwei gleichgeschlechtliche Menschen, Musik, rauchen und nach etwa einer halben Stunde Wechsel. Als es gegen 23 Uhr geht, wir machen uns mittlerweile bettfertig, ändert sich das Muster. Erstens ist es nun noch lauter und zweitens fahren die Fahrzeuge längst nicht mehr weg. Und dann kommen noch zwei Autos, diesmal mit je vier Personen unterschiedlichen Geschlechts. Jetzt könntest Du auf die Idee kommen, dass ich die ganze Zeit am Fenster des Wohnmobils gestanden hätte, weil ich das so genau weiß. Nein, im Gegenteil, ich habe bei unserem Spiel sogar so oft gewonnen, dass ich nun führe. Die Stimmen konnten wir hören und unterscheiden und die vorbeifahrenden Autos sehen. Aber jetzt wird eine richtige Party draußen gefeiert. Mit Alkohol, Joints werden gedreht und die schrillen Stimmen von Männlein und Weiblein deuten für mich darauf hin, dass es bisher nicht bei Alkohol und Joints geblieben ist. An Nachtruhe für uns ist nicht zu denken! Bernhard zieht sich wieder an und geht nach draußen. Er erklärt, dass wir gerne schlafen würden und es schön sein würde, wenn es nun leiser werden könnte. Ich höre im Inneren des Wohnmobils nur die Stimmlagen. Die von Bernhard ist freundlich, die von den jungen Menschen ebenso. Ein kurzes Palaver auf Lettisch, dann knallen viele Autotüren und die Fahrzeuge entfernen sich. Der Spuk ist vorbei! Ruhe und Friede herrscht!
Als wir kurz vorm Einschlafen sind, hören wir drei Fahrzeuge mit aufheulenden Motoren auf den Parkplatz kommen. Laute dröhnende Musik mit viel Bass und die Musik übertönende Stimmen, die aus den Fahrzeugen quellen. Bernhard schaut aus der Tür, aber das sind junge Männer, die in ihrer ganzen Ausstrahlung suggerieren, dass sie auf Krawall gebürstet sind. So geht er erst gar nicht vor die Tür und unsere Nachtruhe ist bis etwa drei Uhr in der Früh keine mehr.
Als wir am Morgen schlaftrunken aufwachen, gerädert von der Nacht, wollen wir nur noch weg. Unsere Aufmerksamkeit für die historischen Begebenheiten in Kuldiga, in den zu besichtigenden Gebäuden, wäre bei Null. Wir wollen an den Strand, ans Meer, auf einen Campingplatz, auf dem nachts Ruhe und Friede herrscht. In Jūrkalne werden wir fündig.
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